Arbeitssicherheit

Weniger Quarzfeinstaub auf Baustellen

Bundesinnung Bau
10.05.2022

Quarzfeinstaub ist seit dem Jahr 2020 als krebserzeugender Arbeitsstoff eingestuft. Branchenlösungen und Muster­evaluierungen sollen zu weniger Quarzfeinstaub auf ­Baustellen führen.

Staub­absaugung bei einem Estrich­aufbruch.
Staub­absaugung bei einem Estrich­aufbruch.

Aufgrund der Vorgaben der EU-Richtlinie 2017/2398 und deren verpflichtender Umsetzung in die nationalen Rechtsvorschriften wurde mit BGBl. II 382/2020 die Grenzwertever­ordnung (GKV) und die Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz (VGÜ) novelliert. Dabei wurde Quarzfeinstaub als krebserzeugend eingestuft und der Grenzwert mit 0,05 mg/m3 (MAK-Wert) festgelegt (davor 0,15 mg/m3 MAK-Wert). Die rechtlichen ­Grundlagen zum Thema Quarzfeinstaub wurden in eigenen Erläuterungen des Zentral-­Arbeitsinspektorats (ZAI) beschrieben.

Schwerpunktaktion der Arbeitsinspektion

Die Arbeitsinspektion hat aufgrund dieser Neuerungen im Jahr 2021 österreichweit einen Schwerpunkt für Quarzfeinstaub begonnen. Die Schwerpunktaktion soll den Ist-Stand erheben sowie zur ­Umsetzung von staubarmen Arbeitsweisen auf ­Baustellen und im obertägigen Bergbau und der Reduktion oder Vermeidung von Quarzfeinstaub führen. Die Aktion hat ­folgende Ergebnisse gezeigt:

  1. Die Hälfte der Unternehmen kennen das Thema Quarzfeinstaub.
  2. Etwa drei Viertel der Unternehmen sehen sich vom Thema Quarzfeinstaub betroffen.
  3. Etwas weniger als die Hälfte der Betriebe setzt entsprechende Maßnahmen gegen Staubbelastung auf Baustellen.
  4. Mehr als die Hälfte der Unternehmen ist sich nicht sicher, ob die von ihnen gesetzten Maßnahmen zur Staubbekämpfung wirksam sind.
  5. Die Mehrzahl der Betriebe gibt an, dass das Thema Staubbekämpfung von Planungs- und Baukoordinatoren in SiGe-Plänen bis jetzt kaum berücksichtigt wird, obwohl es sich eindeutig um einen kollektiven Gefahrenbereich handelt.

Die Ergebnisse zeigen auf, in welchen Bereichen noch Handlungsbedarf besteht. Die Schwerpunktaktion wird heuer fortgesetzt und Mitte des Jahres 2022 abgeschlossen.

Aktuelle Branchenlösungen

ÖSTERREICH: Die Bauverbände haben in Zusammenarbeit mit der zuständigen Abteilung der Arbeitsinspektion eine Branchenlösung für die praxis­gerechte Handhabung von Quarzfeinstaub auf Baustellen ausgearbeitet. Der Kern der Branchen­lösung ist eine Best-Practice-Liste mit Arbeitsverfahren am Bau, bei denen ­typischerweise Staub entsteht. Dabei wird im Detail beschrieben, mit welchen Arbeitsweisen das Staub- und somit auch das Aufkommen von Quarzfeinstaub reduziert bzw. minimiert werden kann. Die österreichische Branchenlösung ist in der Mappe "Sicherheit am Bau 2020" im Kapitel D 26, "Arbeiten mit Quarzfeinstaub", abgebildet.

DEUTSCHLAND: In Deutschland haben sich vor einigen Jahren Bauverbände, die Bau-Gewerkschaft, die Berufsgenossen­schaft der Bauwirtschaft, das Bundes­ministerium für Arbeit und Soziales sowie weitere Institutionen und Organisationen auf gemeinsame Aktivitäten zur Staub­minimierung beim Bauen verständigt und zu dem Aktionsprogramm "Staubminimierung beim Bauen" ­zusammengeschlossen. Ziel des mehrjährigen Programms war die Ausarbeitung von Informationen und Handlungshilfen zur Staubvermeidung auf Baustellen. Ergebnis ist eine Reihe von Branchenlösungen und Handlungs­anleitungen für verschiedene ­Baubereiche wie z. B. Abbruch- und Rückbauarbeiten, Straßen- und Tiefbau, Leitungsbau oder Tunnel­bau. Diese stehen im Internet auf der Seite www.staub-war-gestern.de zum Download zur Verfügung.

EUROPA: Die jüngste Branchenlösung zur Vermeidung von Quarzfeinstaub wurde von den europäischen Sozialpartnern der Bauwirtschaft (dem Europäischen Bauwirtschaftsverband FIEC und der Europäischen Bau­gewerkschaft EFBWW) ausgearbeitet und im Jänner 2022 veröffentlicht. Diese Ausarbeitung trägt den Titel "Weniger Quarzstaub auf Baustellen" und stellt einen Leitfaden für gute Praktiken zur Staubvermeidung dar, die nach Berufen und Tätig­keiten ­geordnet sind. Die Besonderheit dieser ­europäischen Branchenlösung ist, dass auf 36 Seiten neben den Tätigkeits­­­be­reichen des Bauhauptgewerbes auch ­zah­l­­reiche Bauneben- und Ausbaugewerbe abgedeckt sind. Sie steht in zwölf Sprachen auf den Internetseiten der FIEC und der EFBWW sowie auf der Homepage der ­Geschäftsstelle Bau zum Download bereit

Je nach Anwendungsbereich und Bedarf kann in Österreich auf alle genannten Branchenlösungen zurückgegriffen werden, die nachweislich die geltenden Grenzwerte einhalten. Entscheidend ist, dass zielgerichtet Maßnahmen gegen die jeweilige Staub­ent­wicklung gesetzt werden und dass dies auch in der Evaluierung festgehalten wird.

Infos zum Thema "Quarzfeinstaub" im Überblick

◼ Muster-Evaluierungen Quarzfeinstaub

◼ Europäische Branchenlösung "Weniger Quarzstaub auf Baustellen" ­(Leitfaden für gute Praktiken, nach Berufen und Tätigkeiten geordnet)

◼ Österreichische Branchenlösung für Baustellen (Auszug aus Mappe "Sicherheit am Bau", Kapitel D 26, "Arbeiten mit Quarzfeinstaub")

◼ Erläuterungen der Arbeitsinspektion

Alle Infos unter: www.bau.or.at/

Musterevaluierungen

Die nachfolgend aufgelisteten Muster­evaluierungen wurden mit dem ZAI ausgearbeitet und zeigen beispielhaft auf, wie Gefahren durch Staubentwicklung auf Baustellen beurteilt und Maßnahmen zur ­Gefahrenbekämpfung für Arbeitnehmer gesetzt werden können.
Die Evaluierung von Staubbelastungen und deren Dokumentation ist ein Teil der allgemeinen Gefahrenevaluierung, die grundsätzlich für alle Arbeitsplätze und somit auch für Baustellen verpflichtend ist.
Generell gilt, dass nur bei tatsächlich auftretenden Gefahren diese zu bewerten und entsprechende Maßnahmen dagegen festzulegen sind. In der Regel wird dies dann der Fall sein, wenn Arbeitnehmer länger als eine Stunde pro Tag (Durchschnittswert einer Arbeitswoche) einer Staub­exposition ausgesetzt sind. Für folgende Bereiche stehen Musterevaluierungen zur Verfügung:

  • Abbruch mit Bagger
  • Estrich entfernen
  • Putz entfernen
  • Betonboden stemmen
  • Trockenbau schleifen
  • Pflastersteine bearbeiten
  • Leitungsbau Bodenverdichtung

Die Musterevaluierungen dienen als Beispiele zur Ansicht. Für die individuelle Anwendung wird unter www.bau.or.at/­arbeitssicherheit ein Leerformular mit dem Titel "Checkliste Belastung durch Staub" angeboten.

Ausblick

Nachdem die neuen Bestimmungen zu Quarzfeinstaub im Jahr 2020 eingeführt wurden, sind eine Reihe von Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung in diesem Bereich gesetzt worden. Mit den zwischenzeitlich geschaffenen Hilfsmitteln wie Branchen­lösungen und Handlungs­anleitungen soll nun die wirksame ­Bekämpfung von Quarzfeinstaub in der Baupraxis fortgesetzt und intensiviert werden.

Kommentar von Michael Stvarnik, Landesinnungsmeister Stmk

Michael Stvarnik, Landesinnungsmeister Bau Steiermark
Michael Stvarnik ist Landesinnungsmeister Bau Steiermark und Vorsitzender des Fachausschusses Arbeitssicherheit der BI Bau

Unterstützende Hilfsmittel

Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen sind die Grundvoraus­setzungen für qualitätsvolle Bauarbeiten. Die gesetzlichen Vorgaben im Arbeit­nehmerschutz sind umfangreich, ­weshalb praktische Anwendungshilfen für die Betriebe besonders wichtig sind. Unser Fachausschuss für Arbeitssicherheit stellt den Bedarf an solchen Hilfsmitteln für die Baupraxis fest und veranlasst deren Ausarbeitung. So haben wir zum Beispiel im Bereich Quarzfeinstaub die Branchenlösung und die Musterevaluierungen mitgestaltet. Wir hoffen, dass wir damit unseren Betrieben nützliche Hilfsmittel zur Bewältigung dieses wichtigen Themas bereitgestellt haben.

Aktuelle Gesetze

Dem Thema Quarzfeinstaub ist auch ein Sonderkapitel in der aktuellen Sammlung "Aktuelle Gesetze ArbeitnehmerInnenschutz Bau 2022" mit dem Einführungserlass des ZAI, der Österreichischen Branchenlösung und den Musterevaluierungen gewidmet.

www.webshop.wko.at

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