Schnittstelle Attikabereich

Anschlüsse
12.11.2014

 
Unvermeidbar, oft unterschätzt und doch lösbar. Die profane Attikaabdeckung ist ein Bauteil, der nicht sehr intensiv im Bewusstsein der Bauschaffenden verankert ist. Hier treffen sich jedoch Gewerke vom Abdichter über den Fassader (Errichter des Wärmedämmverbundsystems), vom Schlosser bis hin zum Spengler. Werden diese schlecht koordiniert, sind Mängel unvermeidbar.

Text: DI Wilfried Rubenz

Reklamationen aus der Praxis zeigten Korrosionen an Attikaabdeckungen, obwohl keine Durchdringungen, direkten Befestigungen etc. vorhanden waren. Bei genauer Untersuchung und Öffnung der betroffenen Bereiche wurden Konvektionsprobleme und/oder Bauteilaustrocknung als Ursache ermittelt. 
Unter Konvektion versteht man Luftströme, die über zusammenhängende Hohlräume aufgrund von Temperaturunterschieden entstehen. Treffen diese auf kalte Bauteiloberflächen (Unterkonstruktion/Attikaabdeckung), fällt die mitgeführte Feuchtigkeit in Form von Kondenswasser aus. Insbesondere im Neubaubereich und bei Wohnungsbezug kurz vor der Heizperiode wird durch die erhöhte Temperatur innen und den damit erhöhten Dampfdruck Feuchtigkeit in den Bauteilen noch mehr in Richtung Fugen respektive kalte Bauteile gedrückt.

Problem Feuchtigkeit

Mangelhaft verlegte Wärmedämmverbundsystem weisen oft zusammenhängende Fugen (fehlende Randwulst-Punkt-Methode) von mehreren Millimetern (fallweise auch Zentimetern) auf, wo über die Heizperiode gesehen große Mengen Feuchtigkeit transportiert und in Form von Kondenswasser an kalten Bauteiloberflächen ausfallen. Die Folge sind beschädigte Unterkonstruktionen und fallweise Korrosionen im Bereich von Attikaabdeckungen. Selbst bei Verwendung von Drei-Schicht-Platten ist bei solchen Wassermengen mittelfristig mit Bauschäden zu rechnen (Abb. 1, Seite 46). 
Die beschriebenen Feuchtigkeitsmengen konnten früher über den sich ergebenden Spalt zwischen Attika-Unterkonstruktion und Wärmedämmverbundsystem entweichen. Zumeist waren lediglich Vereisungen an der Putzoberfläche in den ersten beiden Heizperioden die Folge. Der nach heutigem Stand der Technik geforderte winddichte Anschluss mithilfe von Kompribändern in den beschriebenen Fugen verhindert jedoch die Feuchtigkeitsabfuhr nach außen. Da eine Ableitung Richtung Außenluft nicht möglich ist, sucht sich die Feuchtigkeit ihren Weg, was einerseits zu massiven Durchfeuchtungen im Bereich der Unterkonstruktion bis hin zu Totalschäden bei feuchtigkeitsempfindlichen Werkstoffen (z. B. OSB-Platten) führen kann (Abb. 2). Andererseits sind auch über Fugen (zum Beispiel Längsstoß von Holzwerkstoffplatten) Korrosionen im Bereich von Attikaabdeckungen zu finden (Abb. 3).

(Un)Praktikable Lösungen

Bausachverständige schlagen vor, dass die oberen beiden Plattenreihen vollflächig geklebt werden, was zumindest die Konvektion über Fugen verhindern würde. In der Praxis ist dies aber aufgrund der Unebenheiten im Untergrund fast nicht möglich.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, indem das Wärmedämmverbundsystem über die komplette Atti­ka­krone inklusive aller Spachtelungen, Netzungen etc. geführt wird. Man erreicht dadurch zwar ein komplett geschlossenes System – aber darf gleich direkt auf diesem Untergrund eine Attikaabdeckung montiert werden ohne weitere Maßnahmen? Mangels geeigneter Befestigungsmöglichkeiten ist von derartigen Lösungen abzuraten.
Am Beispiel einer Reihenhausanlage wurden bei den ersten Bauten aufgrund der Bauabfolge Hohlräume zwischen Attika-Unterkonstruktion und Wärmedämmverbundsystem ausgebildet, die mit einem überhohen Patentsaumstreifen lediglich abgedeckt wurden. Diese vermeintlich falschen Ausbildungen funktionieren heute noch. Die später in gleicher Bauweise, allerdings auf dem Stand der Technik mit winddichtem Anschluss ausgeführten Attikakronen weisen nach wenigen Jahren die beschriebenen Schadensbilder auf.
Gemäß der ÖNorm B 8110 ist die Dampfbremse nur bis knapp über die Oberkante der dachseitig befindlichen Wärmedämmung zu führen. Würde man die Dampfbremse über die komplette Krone führen und parallel für eine Fugendichtung an der „warmen“ Seite beim Wärmedämmverbundsystem sorgen, könnte man davon ausgehen, dass die beschriebenen Feuchtigkeitsmengen nicht auf kalte Bauteil­oberflächen treffen und somit über richtiges Lüften der genutzten Räumlichkeiten der Außenluft zugeführt werden. 
Diese Schadensbilder sind bei vorgehängten, hinterlüfteten Fassaden grundsätzlich nicht vorzufinden. Viele Planer und Verlegebetriebe denken daher schon laut darüber nach, in dieser „Problemzone“ auf ein hinterlüftetes Fassadensystem zu wechseln.

OSB-Platten als Unterkonstruktion

OSB-Platten quellen unter permanentem Feuchtigkeitsanfall auf. In der Praxis sind Dicken von bis zu 35 Millimeter bei 22 Millimeter Nenndicke zu finden. Es stellt sich die Frage, ob die Befestigungsmittel noch die erforderlichen Auszugswerte aufweisen oder mit einem Abheben der Attikaabdeckung beim nächsten Sturm zu rechnen ist. 
Ein Wechsel auf feuchtigkeitsunempfindliche Werkstoffe im Bereich der Attikaabdeckungen kann lediglich die Korrosionen verhindern, nicht aber die Schäden im Bereich der Unterkonstruktion, ganz zu schweigen von möglichen Sach- und Personenschäden infolge der Windeinwirkung (Abb. 4). 

Breite Attikakronen

Hochgedämmte Konstruktionen führen meist zu sehr breiten Attikakronen. Da sich die Attika zumeist im Rand- und Eckbereich von Gebäuden befindet, ist mit einem erhöhten Windangriff zu rechnen. Oft werden hier nur Standardblechdicken gemäß der Fachregel und ÖNorm B 3521-1 ohne weitere Zusatzmaßnahmen eingesetzt (Abb. 5+6). Statische Berechnungen haben jedoch ergeben, dass bei windexponierter Lage von Projekten so große Windlasten zu erwarten sind, dass bei Verwendung von Standarddicken Windrissbildungen mögliche Folgen sind. Verhindern kann man das nur, indem entweder die Materialdicken erhöht, Zusatzmaßnahmen wie vollflächige Verklebung gesetzt werden oder eine Ausbildung in Stehfalzdeckungen mit auf den Windsog abgestimmten Achsmaßen erfolgt. Achtung bei Ausbildung mittels Stehfalzdeckung! Laut ÖNorm B 3521-1 gelten ab einer Zuschnittsgröße von 800 Millimeter die Regeln für die Ausführung als Stehfalzdeckung. Es stellt sich daher die Frage, ab welcher Kronenbreite man sich Gedanken über eine beim Stehfalzdach geforderte Kaltdachausbildung mit Unterdach machen muss? Parallel muss auch hier überprüft werden, ob weitere Maßnahmen wie z. B. größere Materialdicken in Abhängigkeit vom gewählten Werkstoff und Achsmaß erforderlich sind. Jeder Werkstoff hat spezifische Eigenschaften in Bezug auf Stabilität und Geräuschentwicklung. Ein direkter einfacher Vergleich, lediglich auf die Materialkosten bei gleicher Standarddicke bezogen, ist zumeist nicht aussagekräftig. 

Verbindungstechnik Weichlöten

Die Verbindungstechnik Weichlöten bringt im Bereich von Attikaabdeckungen aufgrund der vielen Innen-, Außenecken und Verschneidungen große Vorteile. Diese Knotenpunkte können einfach durch Lötnähte unter Berücksichtigung der thermisch bedingten Längenänderung kraftschlüssig dauerhaft und dicht hergestellt werden. Da es sich bei diesen Knotenpunkten um Festpunkte handelt, sind die halben Maximalabstände der Dehnungsausgleicher einzuhalten (Abb. 7 + 8). 
Häufig werden auf Attikaabdeckungen Geländerkonstruktionen aufgesetzt. Auch hier ist es durchaus sinnvoll, mit löttechnischen Einfassungen zu arbeiten und nicht, wie so oft in der Praxis gesehen, bei einer direkten Durchschraubung auf die beigelegten Dichtungen und Silikonfugen sowie deren Dauerhaftigkeit zu hoffen. Zumeist stellen solche Stützeneinfassungen Festpunkte dar, auf eine höhere Anzahl von Dehnungselementen ist aus diesem Grunde zu achten (Abb. 9 + 10). 

Längsstoßverbindungen

In Abhängigkeit der Kronenbreite gibt es eine Vielzahl von Längsstoßverbindungen. Die gängigsten sind etwa Flachschiebenähte, unterdeckende Stoßverbinder, Stehfälze und vollflächig eingeklebte Stoßbleche oder auch Kombinationen dieser Techniken (Abb. 11 + 12). 
Die Ausführung mittels Flachschiebenaht ist hier die gängigste Technik, jedoch ist zu beachten, dass es bei bestimmten Materialien fallweise zu Kapillarwassereintritten gekommen ist (Abb. 13). 
Während laut der Spenglernorm und Fachregel bei Stehfalzverbindungen Einzelelemente von bis zu drei Metern zulässig sind, ist aufgrund der eingeschränkten Dehnungsaufnahme eine maximale Elementlänge von zwei Metern empfehlenswert (Abb. 14 + 14a). Parallel dazu sollte man darauf achten, dass die verwendeten Materialien Falzqualität aufweisen. Werden die maximal möglichen Kronenbreiten überschritten, wird neben der Lösung als Stehfalzdeckung häufig auch mit vollflächig geklebten Abdeckungen mit eingeklebten Stoßblechen gearbeitet. Auf eine Erhöhung der Materialdicke ist aufgrund der großen Zuschnittsbreiten und Minderung der Welligkeit Rücksicht zu nehmen. Unabhängig von der Längsstoßverbindung ist eine Mindestneigung von drei Grad einzuhalten (Abb. 15 + 16). 
Bei Attikaabdeckungen im geneigten Bereich wie z. B. Giebelmauern ist unter Berücksichtigung des Wasserablaufs und der Neigung die Verbindung als einfacher Einhang oder mit aufgelötetem Zusatzstreifen auszuführen. Wird die Abdeckung vollflächig verklebt, wird der unterdeckende Teil mechanisch durch Nagelung/Dübelung in der Lage gesichert und der überdeckende Teil mit einer ausreichenden Überlappung vollflächig darüber verklebt (Abb. 17). 

Kleber und Klebetechnik

Die Klebetechnik wird schon seit vielen Jahrzehnten mehr oder weniger erfolgreich im Spenglerbereich eingesetzt. In Verbindung mit überbreiten Attikaabdeckungen ist sie eine beliebte Methode, um zusätzliche Sicherheit gegen Windsogangriffe zu erreichen. Die Funktionen des Klebers sind vielfältig: Einerseits muss das Produkt die Längenänderung der Bleche dauerhaft aufnehmen und bei beispielsweise Direktverlegung auf Betonuntergründen auch eine vollflächige Trennung zum Beton herstellen, um damit über die Trennfunktion die Lebensdauer des Werkstoffs sicherzustellen. Weiters muss das Produkt in Verbindung mit dem verwendeten Saumstreifen zusätzlich die Windsoglasten aufnehmen und in den Untergrund ableiten. 
Am Markt ist eine Vielzahl von Produkten erhältlich, nur wenige können aber diese wichtigen Funktionen auch dauerhaft erfüllen. Kleber sind grundsätzlich keine Ausgleichsmassen. Neben der Anforderung, dass der Untergrund trocken ist, muss er für die Verklebung auch entsprechend geeignet sein. So kann es etwa bei Direktverklebung auf Wärmedämmverbundsystemen erforderlich sein, dass bei lösemittelhaltigen Produkten Zusatzmaßnahmen gesetzt werden müssen (Herstellerrichtlinien beachten). In den vergangenen zehn Jahren wurden häufig Dispersionskleber in Verbindung mit Titanzink eingesetzt, wo insbesondere im Neubaubereich anfallende Feuchtigkeit zu Korrosionen geführt hat. Die Trennfunktion und somit der Schutz der Blechunterseite muss bei solchen Klebeprodukten in jedem Fall hinterfragt werden, schriftliche Freigaben der Hersteller sollten parallel dazu eingeholt werden (Abb. 18). 
Bitumenkaltkleber hingegen übernehmen diese Trennfunktion und sorgen für eine dehnungsgerechte Lösung bei vollflächig verklebten Abdeckungen. Häufig werden die Abdichtungsebenen (bituminöse zweilagige Abdichtung) über die Attikakrone gezogen. In solchen Fällen ist von einer Verklebung mit Bitumenkaltkleber aufgrund der enthaltenen Lösemittel abzuraten (Abb. 19).

Z-Putzleiste

Die Anbindung von hochgeführten Verblechungen (Gesimsabdeckung, anlaufende Stehfalzdeckungen etc.) an Wärmedämmverbundsysteme ist regensicher abzudecken. Seit 1. 9. 2012 darf in Verbindung mit Wärmedämmverbundsystemen diese Abdeckung in Form von einer Kiesleiste nur noch auf kurzen Bauteillängen, wie beispielsweise einer anstoßenden Attika, ausgeführt werden. Kittleisten auf Wärmedämmverbundfassaden sind nur auf kurzen Anschlusslängen (stirnseitiger Anschluss von Mauerabdeckungen) und bei Anschlüssen an bestehenden Fassaden unter Einhaltung der Wartungsvorschriften zulässig. Aus diesem Grunde besteht nur noch die Möglichkeit, mithilfe einer sogenannten Z-Putzleiste den regensicheren Anschluss herzustellen. Selbst Christian Lautner, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger und Spezialist auf dem Fachgebiet Wärmedämmverbundsysteme, hat beim dritten Klosterneuburger Dachtag darauf hingewiesen, dass Hersteller von Wärmedämmverbundsystemen die Z-Putzleiste durchaus als gewünschten Anschluss forcieren, dazu anraten und diese freigeben. Die befürchtete Wärmebrücke ist als vernachlässigbar zu bezeichnen und kann beispielsweise durch Verwendung von Thermo­stoppunterlagen oder Trennlagen auf der Rückseite der Z-Putzleiste deutlich minimiert werden.
Da im Bereich der Z-Putzleiste unmittelbarer Kontakt mit Klebespachtelmassen möglich ist und abhängig vom verwendeten Werkstoff Schutzanstriche angewendet werden müssen, kann durch Einsatz von schutzfolierten Materialien der Schutz sowohl in der späteren Nutzung als auch vor Beschädigung während der Bauphase ausreichend sichergestellt werden. Nach Fertigstellung des Wärmedämmverbund­systems wird die Folie im Übergangsbereich vorsichtig eingeschnitten und im Sichtbereich abgezogen (Abb. 20). 

Fazit

Die profane Attikaabdeckung ist ein Bauteil, der vielfältige Aufgaben zu erfüllen hat. Die Aufgabenstellungen sind oft komplex. Umso wichtiger ist neben handwerklichem Geschick und Kenntnis von Materialien und möglichen Werkstoffkombinationen auch die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den angrenzenden Gewerken. 
Gerade bei diesem Bauteil wäre statt einem Gegeneinander ein Miteinander auf der Baustelle wünschenswert.

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