Neuer Look für Popkultur

Diese Aufgabe erfüllt das neue Headquarter von YG Entertainment in Seoul mit cooler Eleganz. YG steht für Produktion und Marketing von international bekannten Pop-Bands und Einzelkünstler*innen. Die Marke gehört zu den erfolgreichsten Playern der koreanischen Unterhaltungsindustrie, die sich längst durch spektakuläre Videos, Serien und Filme, aber vor allem einen extrem erfolgreichen Pop-Bereich international einen Namen gemacht hat. Die Strahlkraft eines solchen Unternehmens muss sich also selbstverständlich in seinem Headquarter widerspiegeln. Mit der Vergabe des Auftrags an das niederländische Architekturbüro UNStudio setzten die Entscheider*innen bei YG auf internationale Reputation und innovatives Potenzial.

UNStudio haben zahlreiche Projekte unterschiedlichster Größenordnungen in vielen Ländern realisiert. Das neue Headquarter schließt direkt an das alte Bürogebäude an und umfasst insgesamt 14 Stockwerke – davon sind fünf unterirdisch und neun oberirdisch. Das neue Headquarter ist erheblich größer als das alte. Es wirkt hell und transparent und hebt sich deutlich vom älteren, in Schwarz gehaltenen ab. Ein Leitgedanke des Architekturstudios ist der Anspruch, zwischen verschiedenen Welten zu vermitteln, Technologie und Architektur zu kombinieren sowie Wirtschaft und Nachhaltigkeit miteinander in Einklang zu bringen. Das wirkt sich direkt auf die Materialwahl aus. Die Gretchenfrage "Was macht die bessere Fassade aus – Glas oder Aluminium?" wird durch eine Kombination der Materialien kunstvoll umschifft. Aluminium- und Glasfassaden gelten als Hauptstütze der städtischen Architektur. Die erzielten Konstruktions- und Materiallösungen prägen die Optik urbaner Zentren. Abgesehen von den ästhetischen Qualitäten, die aus der Kombination von Glas und Aluminium entstehen, zeigen sich die beiden Materialien auch als eher leicht. Glas vermittelt Transparenz und Zugänglichkeit, Aluminium steht für Coolness und Klarheit. Die Flexibilität von Glas erlaubt vielfältige Einsetzbarkeit. In Kombination mit Aluminium entsteht großer Spielraum in der Gestaltung. Aus der Verbindung dieser Qualitäten lassen sich die Werte des Unternehmens optisch darstellen: einerseits Leichtigkeit und Transparenz, andererseits Coolness und Eleganz.

Diese Aspekte haben sich die Planer*innen von UNStudio zu eigen gemacht: Die visionäre Formbarkeit des Aluminiums ermöglicht eine Gebäudeform, die an einen Lautsprecher erinnert. Das Gebäude wird aufgrund seiner spezifischen Umsetzung als "Urban Speaker" bezeichnet. Die organisch geformte Hülle trägt ihren Teil zur Skyline Seouls bei. Denn nachts leuchtet das Headquarter, dank der großen Fassadenteile aus Glas, von innen heraus und zeigt Präsenz an der Grenze zweier Stadtteile. Auf der einen Seite befindet man sich in direkter Nähe zum dichten Straßennetz, auf der anderen grenzt man an Park- und Wohngebiete. Der Urban Speaker reagiert mit zwei Funktionen: Glasfassaden für Aussichten und Aluminiumelemente als Schutzhüllen. Das verwendete Glas garantiert den Zugang von natürlichem Licht in den Innenräumen, selbst wenn Türen und Fenster geschlossen sind. Daraus resultieren Helligkeit und Leichtigkeit. Außerdem kann der Blick nach außen schweifen, Innen- und Außenwelt stehen in Beziehung und Räume erscheinen größer. Positive Stimmung und erhöhte Produktivität sind die Folge. Die Aluminiumelemente hingegen geben den transparenten Teilen eine schützende Umhüllung, sodass die kreativen Prozesse in einem sicheren Terrain ablaufen können. Im neuen Headquarter befinden sich nicht nur Besprechungsräume und Büros, sondern auch Aufnahme- und Probestudios. Die gesamte Konstruktion vermittelt auch in der Innenraumgestaltung Transparenz und Übersichtlichkeit, gekoppelt mit klaren Abgrenzungen nach außen. Die Aluminium-Lochstruktur weist abstrakte, repetitive Muster auf. Sie könnten von Höhenamplituden inspiriert sein.

Im unteren Teil des Atriums wurde Drahtgitterglas verwendet, um einen halbtransparenten Effekt zu erzielen. Damit soll den Künstler*innen, die das Gebäude nutzen, ein Gefühl von Privatsphäre vermittelt werden, während gleichzeitig natürliches Licht eindringen kann. Dass der Effekt des Drahtgitters die Glaskonstruktion einigermaßen vogelsicher macht, bleibt zu hoffen. Mehr und mehr gilt es die Anforderung an Gebäudehüllen mit großen Glasflächen, Spiegelungen zu vermeiden, um Vögel davor zu schützen, gegen das Glas zu fliegen. Durchsicht und Spiegelungen stellen vermeidbare Gefahren dar – es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Glasfassaden "vogelsicher" zu gestalten, etwa durch feine Strukturen einer keramischen Beschichtung in der äußersten Scheibe. In Zeiten schwindender Biodiversität schärft sich das Bewusstsein über die Sicherheit aller Beteiligten, auch der unfreiwilligen. Spiegelnde oder transparente Glasfassaden können inzwischen ohne optische Einbußen vogelsicher gemacht werden. Am besten wird dieser Aspekt in der Planungsphase eingearbeitet – mit Herstellern aus Österreich, Schweiz und Deutschland stehen hochqualitative und avancierte Produkte zur Verfügung. So cool die Spiegelungen wirken mögen, so gefährlich können sie sein – glücklicherweise lassen sich auch im Nachhinein Maßnahmen treffen.

Entwürfe von UNStudio sind der Zukunftssicherheit verpflichtet. Das bedeutet, dass Recyclierbarkeit der Materialien und Energieeffizienz wichtige Faktoren in der Planung sind. Die Wahl der Materialien für das neue YG Office entspricht diesem Gedanken. Glas und Aluminium sind zu 100 Prozent recycelbar. Beide Materialien zersetzen sich nicht während des Recyclingprozesses, also können sie immer wieder aufs Neue eingesetzt werden. Für den Kostenfaktor ergibt sich im Zusammenspiel eine gemischte Bilanz: Glasproduktion benötigt viel Energieaufwand durch hohe Temperaturen. Zudem schwinden die Rohstoffe – Sand – zunehmend und verteuern das Endprodukt. Aluminium als Baumaterial zählt hingegen zu den kosteneffektivsten Konstruktionslösungen und ist damit eines der günstigsten Metalle. Beim Wiedereinschmelzen von Aluminium benötigt man wenig Energie; dadurch lassen sich bis zu 95 Prozent der Energie einsparen, die bei der Produktion von Primäraluminium benötigt wird. Der oft bemängelte Energieaufwand bei der Herstellung von Aluminium lässt sich somit wiedergutmachen. (dd)