VHF

Schallschutz in Bestform

VHF
20.01.2022

Durch eine breit angelegte Versuchsreihe und die Zusammenfassung der Ergebnisse in einem kompakten Merkblatt werden die Standards für modernen Schallschutz von Gebäuden aktualisiert und schlagen im Kampf gegen Lärm ein neues Kapitel auf. Die vorgehängte hinterlüftete Fassade erweist sich dabei als effizientes Schalldämmsystem.
Die vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) eignet sich auch hervorragend als bautechnische Schallschutzmaßnahme.
Die vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) eignet sich auch hervorragend als bautechnische Schallschutzmaßnahme.

Mittelmäßig zu sein ist keine Option. Das richtige Mittelmaß zu finden jedoch schon. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die komplette Stille nicht förderlich ist, genauso wenig wie eine zu hohe Geräusch- und Lärmbelastung, die Menschen sogar krankmachen können. Basierend auf aktuellen Tests und Auswertungen widmet man sich verstärkt auch im Fassadenbau dem Thema Schallschutz, ein wichtiger Teilaspekt bei der Errichtung neuer Gebäude sowie bei der Sanierung von bestehenden Objekten, insbesondere wenn diese an exponierten Verkehrs-Hotspots gelegen sind.
Die vorgehängte hinterlüftete Fassade, kurz VHF, ist seit vielen Jahren ein probates, architektonisches Tool, das sich dieser Herausforderung erfolgreich stellt. Im Mittelpunkt der Entwicklungen steht dabei, Architekt*innen, Planern*innen, aber auch Bauherr*innen und Investor*innen ein effizientes Werkzeug an die Hand zu geben, das nicht nur in akustischer, sondern ebenso in ästhetischer und nachhaltiger Hinsicht seine Aufgaben bestmöglich erfüllt.
Die VHF bietet aufgrund der vielfältigen Material- und Formauswahl eine fast unbegrenzte Designfreiheit und punktet – nahezu wartungsfrei – mit einer langen Lebensdauer, die durch die Austauschbarkeit einzelner Elemente gegeben ist.

Im Zentrum des Projekts stand die Entwicklung eines geeigneten Vorhersagemodells zur genaueren Prognose des Schallschutzes von ein- und mehrschaligen Außenwandkonstruktionen.

ÖFHF

Dem Geheimnis auf der Spur

Auch in Sachen Schallschutz hat die VHF die Nase vorne, wie nun das auf drei Jahre angelegte und vom Land Niederösterreich geförderte Branchenprojekt Schall.Hoch.Bau zeigt. Im Zentrum des Projekts stand die Entwicklung eines geeigneten Vorhersagemodells zur genaueren Prognose des Schallschutzes von ein- und mehrschaligen Außenwandkonstruktionen. In Ermangelung von allgemein zugänglichen Daten für die Bemessung des Schallschutzes von Außenwandkonstruktionen mit Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) und vorgehängten hinterlüfteten Fassaden waren bisher nur grobe Abschätzungen möglich. Durch die Erkenntnisse aus Schall.HOCH.bau, die nun auch in allgemein anwendbare Planungswerkzeuge und in bestehende Bauphysik-Softwareprodukte einfließen sollen, kann der Schallschutz für Ziegel- wie für Betonwände flexibler und exakter bemessen werden.
In das Projekt eingebunden haben sich die Höhere Technische Bundeslehr- und Versuchsanstalt Technologisches Gewerbemuseum (TGM), spezialisiert auf Akustik und Bauphysik, wo Schallversuche für Baumaterialien durchgeführt werden, und die Technische Universität Wien (TU), die das Projekt wissenschaftlich begleitete. Beteiligt waren auch zahlreiche Projektpartner aus der Industrie und Bauphysik, unter anderem auch Mitglieder des Österreichischen Fachverbands für vorgehängte Fassaden (ÖFHF), die die Materialien für die Versuchsreihe zur Verfügung gestellt haben: Wärmedämmstoffe, Unterkonstruktionen, Fassadenbekleidungen und vieles mehr. Gearbeitet wurde nach einem Ablaufplan, getestet wurde in zwei Prüfbereichen: einer für WDVS- (im TGM) und einer für VHF-Fassaden (Bauakustiklabor von der Holzforschung Austria).
Sende- und Empfangsraum wurden jeweils durch eine Ziegel- und Betonwand voneinander abgetrennt und mit den verschiedensten Fassadenaufbauten bespielt. Der Schalldurchgang wurde dabei mit dem jenem des Rohzustandes der jeweiligen Wände verglichen. Auf diese Weise ergaben sich die verbesserten Schallwerte durch entsprechenden Aufbau der Fassade. Insgesamt wurden 90 Versuche durchgeführt, das gesamte Projekt lief über drei Jahre und wurde nun final ausgewertet.

Ergebnisse aus 90 Messungen

Die Studie zielt darauf ab, den Außenschallschutz von Wänden zu bemessen. Die bisherige Vorgehensweise barg einige Nachteile: Viele Bauteile wie Fenster und Türen wurden durch die bisherigen ungenaueren Berechnungen eher überdimensioniert. Schallfrequenzen in Kombination mit verschiedenen Materialien wurden bis dato unterschiedlich bewertet. Nun wurde die Messtechnik verfeinert, um genauere Ergebnisse zu erzielen sowie ressourcenschonender planen und bauen zu können. Ein wichtiges Element sind nun die empirischen Daten aus diesen neuen Messungen, die nun eingesetzt werden können.
Die Ergebnisse der 90 Messungen wurden in einer frei zugänglichen Excel-Tabelle zusammengefasst und öffentlich zugänglich gemacht. Sie kann sowohl für WDVS- als auch für VHF-Fassaden eingesetzt werden. Damit können die unterschiedlichen Fassadenaufbauten mit dem entsprechenden Rw-Wert, mit dem geplant werden soll, eruiert werden. Zusätzlich gibt es das zugehörige Diagramm des Schalldämmmaßes in Frequenzabhängigkeit.
Von den neuen Erkenntnissen und Daten, die im neuen ÖFHF-Merkblatt zusammengefasst und als hilfreiche Ergänzung zur ÖNorm gedacht sind, sollen unter anderem Baumeister*innen, Bauphysiker*innen, Architekt*innen und Planer*innen profitieren, um den Schallschutz in der Planungsphase besser abschätzen und leichter Entscheidungen in Sachen Fassadensystem treffen zu können.

Verbesserung der Schalldämmung von Trägerwänden aus Beton durch VHF mit einem lichten Abstand von 215 mm in Abhängigkeit von der flächenbezogenen Masse der Bekleidung mit einem Fugenanteil von 1 %.
Verbesserung der Schalldämmung von Trägerwänden aus Ziegel durch VHF mit einem lichten Abstand von 215 mm in Abhängigkeit von der flächenbezogenen Masse der Bekleidung mit einem Fugenanteil von 1 %.

Warum VHF?

Bei den Tests schneidet die VHF insgesamt sehr gut ab. Das liegt in erster Linie an der Wärmedämmung. Die Versuche zeigen, dass die dynamische Steifigkeit bei WDVS den Schall besser überträgt. Bei der VHF in Abhängigkeit von der Dämmstoffstärke, aber auch vom Bekleidungsmaterial und vom Fugenanteil zeichnet sich eine Verbesserung zwischen 7 und 13 dB ab. Um das Ganze noch mehr zu verdeutlichen: Schon eine Reduktion des Schalldruckpegels von 10 dB entspricht einer Halbierung der wahrgenommenen Lautstärke im Innenraum.
Zu den maßgeblichen Faktoren der guten Schallschutzwerte der VHF zählen vor allem die Wärmedämmstärke und die Materialien wie Steinwolle und Mineralwolle, die per se schon gute Wert aufweisen, da sie weniger steif sind und weniger Schall an den Untergrund weitergeben. Aber auch das Außenmaterial spielt eine Rolle, wenngleich nur eine untergeordnete, da es durch die Hinterlüftung und die Unterkonstruktion nicht direkt mit der Wand verbunden ist. Hier gilt: Je schwerer und je weniger Fugen zwischen den Platten vorhanden, umso besser der Schallschutz. Diese drei Parameter entscheiden letztendlich über die bemerkenswerte Effizienz des Schallschutzes einer VHF.
(bt)

Neues Merkblatt des ÖFHF "Schallschutz für vorgehängte hinterlüftete Fassaden"

Für Gebäude-Außenwandkonstruktionen mit vorgehängten hinterlüfteten Fassaden (VHF) gab es bis dato für die Bemessung des Schallschutzes methodisch und bedingt durch zu wenig allgemein zugängliche Daten nur grobe Abschätzungsmöglichkeiten (ÖNorm B 8115-4, ÖNorm EN ISO 12354-1).
Eine ressourcenschonende schalldämmtechnische Dimensionierung mit ausreichend hoher Planungssicherheit war so bisher nicht möglich. Im Rahmen eines vom Bau.Energie.Umwelt Cluster Niederösterreich der ecoplus GmbH initiierten und von der FFG geförderten Forschungs- und Entwicklungsprojekts (Schall.Hoch.Bau) wurde ein geeignetes Vorhersagemodell entwickelt, das mit einer zeitgemäßen Datengrundlage Voraussetzungen für ein allgemein anwendbares Planungstool liefert.
Mit der Anwendung des entwickelten Prognosemodells ist nun eine wesentlich flexiblere und deutlich genauere Bemessung des Schallschutzes von Außenwänden mit vorgehängten hinterlüfteten Fassaden möglich.
Aus den Produkteigenschaften des Verankerungsgrunds, der Wärmedämmung und der Berücksichtigung der Art der Bekleidung, kann nun eine flexible situationsspezifische Planung von Außenwänden, inklusive Fenster und Türen und deren spezifische Einbauweisen in die Wandöffnung erfolgen. Als Ergebnis werden Prognosen des Schalldämm-Verbesserungsmaßes der geplanten Fassadenkonstruktion und des Schalldämm-Maßes der Gesamtkonstruktion – Verankerungsgrund und Bekleidungselement – ausgegeben.

Das neue Merkblatt wird unter www.oefhf.at zum Download zur Verfügung gestellt.