Wasser ist zum Schneiden da

Wasserstrahlschneiden
14.06.2018

Von: Redaktion Metall
Praxis. Der niederösterreichische Stahlhändler Eisen Neumüller beweist, dass sich neue ­Dienstleistungsangebote lohnen — und dass Wasser und Stahl miteinander harmonieren können.
Mit einem Wasserstrahl-Schneidsystem hat Simon Schuster (re.) das Dienstleistungsangebot von Eisen Neumüller erweitern.
Mit einem Wasserstrahl-Schneidsystem hat Simon Schuster (re.) das Dienstleistungsangebot von Eisen Neumüller erweitern.
Maschine rennt: Der Wasserstrahl schneidet fast jedes Material — nun auch Rohre — genau und schnell.

Was passiert, wenn ein Stahl- und Schrotthändler seinen Kunden einen Zusatznutzen bieten möchte, dazu im Internet recherchiert und schließlich eine Entscheidung trifft? Ganz einfach: Er schafft sich ein Wasserstrahl-Schneidsystem an. Diese nicht unbedingt alltägliche Lösung trägt eine Menge Potenzial in sich, wie das Beispiel von Eisen Neumüller im niederösterreichischen Ennsdorf zeigt. 1966 von ­Herma und Johann Neumüller gegründet hat man sich seitdem zu einem der modernsten Stahlhändler und Entsorgungsbetriebe Österreichs entwickelt. Die aktuell etwa 110 Mitarbeiter schlagen auf einer Gesamtfläche von rund 100.000 Quadratmetern (davon ca. 30.000 Quadratmeter Hallenfläche) bis zu 400.000 Tonnen pro Jahr um und erwirtschafteten damit einen Umsatz von 142 Mio. Euro. Sehr günstig ist die logistische Lage im Ennsdorfer Hafen samt eigener Kai- und Gleisanlage.

Neue Geschäftsfelder gesucht

„Die unterschiedlichsten Produkte für den Stahlbau bieten wir ja schon lange an, das ist nichts Neues für uns. Sehr oft sind aber auch Kunden mit Stahl-Schneidewünschen an uns herangetreten, deren Anforderungen so spezifisch waren, dass wir die Aufträge außer Haus geben mussten“, erzählt Simon ­Schuster, Marketing- und IT-Leiter bei Eisen Neumüller. Das sei der Anstoß gewesen, über eine Verbreiterung des hausinternen Dienstleistungsangebots nachzudenken, so ­Schuster: „Wir wollten unseren Kunden einen attraktiven Zusatznutzen bieten, mussten dabei aber gleichzeitig aufpassen, dass wir mit ebendiesen Kunden nicht in direkte Konkurrenz treten. Vereinfacht könnte man sagen, wir haben uns damit auf die Suche nach einer eierlegenden Wollmilchsau begeben.“

Die Vorgaben waren klar, die dafür nötige Schneidetechnologie weniger. „Wir sind zu Beginn ziemlich unbedarft an die Suche rangegangen. Im Nachhinein betrachtet war das aber kein Fehler – eher im Gegenteil. So konnten wir uns recht unvoreingenommen über die unterschiedlichsten Technologien beziehungsweise deren Vor- und Nachteile informieren“, erinnert sich Schuster.

„Gerade Lohnschneider sind in ihren Anforderungen anfangs oft sehr unspezifisch“, weiß Jürgen Moser, Geschäftsführer der STM Stein-Moser GmbH. „Eisen ­Neumüller beispielsweise wusste nur, dass man damit auch Rechteckrohre schneiden möchte. Da das kein größeres Problem für uns war und wir ihnen noch viel mehr Vorzüge präsentieren konnten, waren sie von der Flexibilität unserer Wasserstrahl-Schneidsysteme begeistert“, resümiert Moser.

„Die Testschnitte haben gezeigt, dass man mit diesem System äußerst energie- und kostensparend nahezu alle Materialien schneiden kann – und es auch unsere primäre Schneidanforderung erfüllt“, freut sich Simon Schuster. Hinzu komme noch, dass es – im Gegensatz zu Laser oder Plasma – ein kalter Schnitt sei und es zu keinen thermischen Verformungen bzw. Materialverhärtungen komme. Die konkrete Wahl fiel schlussendlich auf ein großformatiges STM PremiumCut Wasserstrahl-Hochleistungssystem mit Vollausstattung. Dieses eignet sich ideal für Schneidaufgaben mit hohen Genauigkeitsanforderungen und hohen Geschwindigkeiten sowie für die Rohrbearbeitung. Die Anlagen arbeiten ressourcenschonend und zeichnen sich durch einen äußerst geringen Strom-, Wasser- und Luftverbrauch sowie hohe Aufrüst- und Anpassungsfähigkeiten aus.

Je einfacher, desto besser

„Ein wesentlicher Aspekt war für uns auch, dass das Unternehmen in Österreich sitzt und die Wege kurz sind“, erläutert ­Schuster. „Zudem ist die Bedienung unglaublich einfach. Bei vielen anderen Herstellern hatten wir eher das Gefühl, dass man CNC-Programmierer sein muss, um die Maschinen bedienen zu können.“

„STM SmartCut“ nennt sich das Herzstück jedes STM Wasserstrahl-Schneidsystems. Die Software ist im Grunde ein Komplettprogramm zum Erstellen oder Importieren von Zeichnungen sowie zum Einstellen verfahrensspezifischer Parameter für den Wasserstrahl – bis hin zur Kostenberechnung. Sie übernimmt zudem die komplette Steuerung, vom Pumpendruck über die Abrasivdosierung bis hin zur Schnittgeschwindigkeit, wobei sie hier von einer (kontinuierlich upgedateten) Materialdatenbank unterstützt wird. „Ein Teil dieser Software, nämlich das User-Interface, ist eine Eigenentwicklung von uns“, erklärt ­Moser. Damit habe man auf Markterfordernisse reagiert, da viele Anwender eine sehr flexible Software zu schätzen wissen: So können beispielsweise alle Parameter innerhalb der grafischen Benutzeroberfläche intuitiv eingestellt werden.

Eigenes Rohrschneidemodul

Flexibilität ist übrigens auch beim Aufbau der Anlage Trumpf. Ein intelligentes „Baukastensystem“ verbindet die Vorteile von Standard-Bauteilen mit einem möglichst hohen Individualisierungsgrad. Da die einzelnen Komponenten auf modularen Einsatz ausgelegt sind, können alle Wasserstrahl-Schneidsysteme an die jeweiligen Erfordernisse angepasst werden. Das hat außerdem den Vorteil, dass diese Systeme später problemlos auf- oder umgerüstet werden können – ohne hohe Zusatzkosten. „Indem wir die Maschinen sehr spezifisch an die Anwenderbedürfnisse anpassen, bekommen unsere Kunden auch wirklich nur das, was sie brauchen und auch haben möchten. Das spart Kosten. Da es sich außerdem um Standardkomponenten handelt, sind diese in der Folge natürlich auch leichter zu warten und zu servicieren“, fasst ­Moser die Vorteile zusammen. Sehr spezifisch war übrigens auch der Rohrschneidewunsch bei ­Eisen ­Neumüller. Dafür hat man bei STM ein eigenes Rohrschneidemodul entwickelt, das nicht nur der Größe der Anlage gerecht wird, sondern auf diese bei Bedarf auch flexibel aufgesetzt werden kann. 

Eigendynamik

„Inzwischen hat die Wasserstrahl-Schneidanlage eine Art Eigendynamik entwickelt, und der Hauptnutzungszweck, für den wir sie eigentlich angeschafft haben, ist ein wenig in den Hintergrund getreten“, erzählt Schuster. Zwar werde nach wie vor hauptsächlich Stahl geschnitten, allerdings kämen bereits die unterschiedlichsten Aufträge rein, und auch ohne große Werbung dafür habe man bei Kunden schon ein wenig bremsen müssen. „Wir würden die Aufträge gar nicht alle schaffen. Wir sind jetzt schon zwei Wochen im Voraus ausgebucht“, freut sich Schuster. Und das obwohl man „nicht zu den Günstigsten“ zählt. „Aber die Qualität stimmt, und das wird von den Kunden angenommen“, sagt Simon Schuster, der jetzt wieder vor einer Entscheidung steht: „Entweder wir gehen mit der Schneidanlage in einen 24-Stunden-Betrieb, oder wir schaffen uns eine zweite Anlage an.“ Die Suche danach würde diesmal jedenfalls einfacher ausfallen.

Eisen Neumüller

Den Grundstein für ihren Stahl- und Schrotthandel legten Herma und Johann Neumüller im Jahr 1966. Nach kontinuierlichem Wachstum beschäftigt Eisen Neumüller heute 110 Mitarbeiter, die auf einer Gesamtfläche von rund 80.000 Quadratmetern bis zu 200.000 Tonnen Stahl und Schrott pro Jahr umschlagen. Neben dem traditionellen Stahl- und Schrotthandel bietet man inzwischen auch maßgeschneiderte Entsorgungskonzepte an. 

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