Effizienz und Qualität im Fokus

Glasbearbeitung
09.10.2014

 
Die Innovationskraft der Glasmaschinen und -anlagenbauer ist ein maßgeblicher Faktor für die Leistungsfähigkeit von Glasherstellern und -verarbeitern. Im Fokus ihrer Entwicklungsarbeit stehen heute maximale Produktionseffizienz, hohe Produktqualität und zunehmend stärker die Energieeffizienz. 

Autor: Georg Stoers

Die Anforderungen an Glasmaschinen und -anlagenbauer waren noch nie so umfassend und hoch gesteckt wie heute. Der zunehmende internationale Wettbewerb in der Glasbranche, der damit einhergehende Preisdruck, die wachsende Zahl unterschiedlicher Glasprodukte und stark divergierende Chargengrößen bei vielen Glasverarbeitern erfordern leistungsstarke Technologien. Um im Wettbewerb bestehen zu können, müssen die Produktionen der Unternehmen hoch effizient arbeiten, durchgängig bestmögliche Produktqualitäten sicherstellen und überdies maximale Flexibilität gewährleisten. Eine weitere Herausforderung sind die steigenden Gewichte bei Baugläsern. Große Glaseinheiten liegen im Trend, und auch der Anteil an Verbundsicherheitsgläsern steigt stetig. Um die großformatigen, schweren Gläser effizient produzieren zu können, ist eine Anpassung der Bearbeitungsmaschinen sowie der internen und externen Logistik erforderlich. Zudem macht die gestiegene Zahl unterschiedlicher Gläser schnelle Glasartenwechsel erforderlich. Voraussetzung dafür ist eine optimierte Lagerhaltung. 

Hohe Prozessgeschwindigkeit und Top-Qualität 

Angesichts der Überkapazitäten im Glasmarkt ist insbesondere in Europa die Senkung der Produktionskosten für die glasverarbeitenden Betriebe vielerorts überlebenswichtig. Um das Verhältnis von Aufwand und Ausstoß zu optimieren, setzen die Unternehmen verstärkt auf durchgängige Automatisierungskonzepte, denen eine ganzheitliche Betrachtung des betrieblichen Umfeldes und der Produktionsabläufe zugrunde liegt. Die Maschinenbauer schneiden ihre Anlagen individuell auf die Bedürfnisse ihrer Kunden zu. Dies gilt sowohl für Einzelmaschinen wie auch für schlüsselfertige Fertigungslinien. 

Um maximale Effizienz zu erreichen, sind in der industriellen Glasver- und -bearbeitung extrem kurze Taktzeiten erforderlich. Allerdings darf die hohe Bearbeitungsgeschwindigkeit nicht zu Lasten der Qualität und Maßgenauigkeit der Produkte gehen. Nicht nur Autokonzerne erwarten absolut exakt produzierte Gläser, auch in der Architektur ist hohe Präzision erforderlich. 

Mehr Energieeffizienz 

Ein weiterer wesentlicher Aspekt des modernen Glasmaschinenbaus ist die Steigerung der Energieeffizienz. Optimierte Verfahrensweisen, der Einsatz von hoch effizienten Motoren sowie neuester Strahlungs- und Konvektionstechnologie bei der Herstellung von Sicherheitsgläsern können den Energieverbrauch der Betriebe erheblich reduzieren. Auch die Prozesswasseraufbereitung spielt angesichts immer strengerer Abwasserregelungen eine bedeutsame Rolle. Mit modernster Aufbereitungstechnik lassen sich Umwelt und natürliche Ressourcen schonen, Kosten einsparen und zudem die Maschinenleistung verbessern. 

Innovative Isolierglasfertigung 

Ein Beispiel für moderne Hochgeschwindigkeits-Produktionstechnik ist die „speed´line“ der schweizerisch-deutschen Unternehmensgruppe Bystronic glass. In dieser Isolierglas-Fertigungslinie sind die Arbeitsschritte so optimal auf die Fertigung von Dreifach-Einheiten ausgelegt, dass schnellste Taktzeiten erreicht werden. Mit der „speed´line“ lässt sich Dreifach-Isolierglas in der gleichen Zeit herstellen, in der andere Linien Zweifach-Einheiten fertigen. Die Komplettanlage beinhaltet zwei hintereinander angeordnete „tps’applicator“-Komponenten für das Aufbringen der thermoplastischen Abstandhalter, den „speed’assembler“ zum schnellen Zusammenbauen und Gasfüllen der Isolierglas-Einheiten sowie den Versiegelungsautomaten „speed’sealer“. 

Erst kürzlich stellte das Unternehmen im Industriearbeitskreis Forschung und Technologie des Forums Glastechnik, der Fachgruppierung der Glasmaschinenbauer im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA), eine neue Simulations-Software vor, mit der auf bestehenden Anlagen unter anderem die Taktzeiten und Kosten für jede einzelne Scheibe exakt berechnet und Optimierungsmöglichkeiten aufgezeigt werden können. 

In derselben Sitzung informierte Leopold Mader vom heimischen Glasmaschinenbauer Lisec über neueste Herstellungstechnologien, Marktpotenziale und Anwendungsvorteile von Dreifach-Isolierglas aus zwei Millimeter Dünnglas. Neben der Reduzierung des Scheibengewichts könne durch den Einsatz der dünneren Gläser auch der Primärenergiebedarf bei der Herstellung um 30 Prozent gesenkt werden, berichtete Mader und verwies darauf, dass bei den ca. 30 Millionen Quadratmetern Isolierglas, die jährlich allein in Deutschland hergestellt werden, eine Umstellung von dem bisher gängigen vier Millimeter starken Glas auf zwei Millimeter Dünnglas eine erhebliche Energieeinsparung bedeute. Weiter Pluspunkte seien der geringere Lagerflächenbedarf und eine höhere Lichttransmission der Isoliergläser. 

Neue Größenordnungen 

Eine neue Marke hinsichtlich der heute möglichen Größenordnungen von Glasbearbeitungsmaschinen wurde jüngst bei der deutschen sedak GmbH & Co. KG gesetzt. Der international agierende Glasveredeler kann mit seiner neuen, im Frühjahr 2014 in Betrieb genommenen digitalen Flachbettanlage für die keramische Glasbedruckung übergroße Scheibenformate bis zu einer Größe von 3,21 mal 15,00 Metern mit komplexen mehrfarbigen Rasterdesigns und in hochauflösender Fotoqualität bedrucken: „Mit einer Auflösung von 720 dpi drucken wir nicht nur in exzellenter Qualität. Durch das digitale Druckverfahren ist der Farbauftrag auch deutlich dünner als beim Sieb- oder Walzendruck. Dies ermöglicht transluzentes Drucken und die Gestaltung fließender Übergänge“, erklärt Bernhard Veh, Geschäftsführer der sedak. Die keramische Tinte wird mittels Plotter auf die Scheibe aufgespritzt. Nach dem Brennvorgang im Ofen sind die Farben dauerhaft mit dem Glas verbunden und kratzfest. Die bedruckten Scheiben können zu Isolierglas und Verbundsicherheitsglas weiterverarbeitet und im Kaltbiegeverfahren (Laminationsbiegen) während des Laminierungsprozesses gebogen werden. 

Trend zur Vertikalmaschine 

Ein aktueller Trend bei der Bearbeitung der Glasflächen- und -kanten, beispielsweise von Glastüren und Strukturgläsern, sind Vertikalmaschinen. Ihr Vorteil: Sie benötigen deutlich weniger Stellfläche als Maschinen in horizontaler Ausrichtung. Beispielhaft für diesen neuen Maschinentyp ist die vertikale Bohr- und Schleifmaschine „Vertmax“ des italienischen Glasmaschinenherstellers Intermac, einem Unternehmen der Biesse-Gruppe. Zu ihren Stärken zählen laut Unternehmen neben einer neuen nutzerfreundlichen Bediensoftware das Bearbeiten von Float- und Verbundglas. Des Weiteren benötige die Anlage nur minimale Rüstzeiten und bohre, fräse, schleife und poliere Glas für verschiedenste Einsatzbereiche schnell und hoch präzise in einem automatisierten Arbeitsprozess. 

Leistungsstarke Lasertechnik 

Großes Zukunftspotenzial wird in der Branche auch der Flachglasbearbeitung mittels Lasertechnologie zugeschrieben. Hier zählt die deutsche Cerion GmbH zu den Vorreitern im Markt. Das Unternehmen hat seine Anlagentechnik kontinuierlich weiterentwickelt und bietet heute Maschinen an, die mit Festkörper- beziehungsweise CO2-Lasern, je nach Ausführung der Anlage, Innen- oder Außengravuren oder auch beides ausführen können. Die Modellreihe „c-vertica“ des Unternehmens ist in verschiedenen Größen und Ausbaustufen lieferbar. Vom kleinen System für die Bearbeitung von Türformaten bis hin zu großen Lasermaschinen für Glasformate von 6.000 mal 3.300 mal 100 Millimetern. Durch zusätzliche Module ist das Format jeweils um 3.000 Millimeter erweiterbar. Mit den Lasermaschinen von Cerion lassen sich Float- und VSG-Glas sowie Spiegel und andere beschichtete Gläser bearbeiten. Auch Oberflächengravuren auf ESG-Glas sind problemlos möglich. Außerdem eignet sich die Lasertechnik für die Entschichtung von Flachglas oder die Aufbringung transparenter rutschhemmender Strukturen (R9 und R10 zertifiziert). Durch den hohen Automatisierungsgrad können ganze Produktserien mit minimalem Personaleinsatz bearbeitet werden.  

Zuverlässige Qualitätssicherung 

Ein sehr wichtiges Thema bei der Glasherstellung und -verarbeitung ist nach wie vor die Qualitätssicherung. Hier bieten neueste Scansysteme in der Glasherstellung und -verarbeitung ein Höchstmaß an Sicherheit. Der „wahre Vorteil“ der automatischen Oberflächeninspektion bei Glasherstellungsprozessen liegt für Ulrich Bauereiß, Vertriebsleiter der Dr. Schenk GmbH, einem Unternehmen für Industriemesstechnik, in der Prozessoptimierung. Durch die Auswertung der von den Systemen gelieferten Daten könnten Fehler im Produktionsprozess erkannt und beseitigt werden. Alles andere sei für ihn „reines Aussondern“, erklärt Bauerreiß. 

Rainer Feuster, Vertriebsleiter bei der Viprotron GmbH, einem Hersteller von Geräten zur optischen Qualitätskontrolle bei der Flachglasveredelung, führt bei der Inline-Prüfung der visuellen Qualität im Bau- und Isolierglasbereich drei typische Fehlergruppen an: Dabei handelt es sich um Fehler mit klaren Konturen wie Kratzer, Einschlüsse und Blasen, solche mit schwachem Kontrast wie Rollenabdrücke, Haarkratzer und Schmutz sowie um Schichtfehler wie beispielsweise Bürstenkratzer, Ablagerungen und Oberflächenschäden. Mit seinen verschiedenen Quality Scanner Produkten bietet Viprotron für diverse Flachglas-Verarbeitungsbereiche speziell abgestimmte Inspektionssysteme an, die die spezifischen Anforderungen des jeweiligen Prozesses berücksichtigen. Die neueste Generation dieser Scanner-Technologie macht auch kleinste Mängel sichtbar. 
Welche weiteren technologischen Innovationen die Glasmaschinen- und -anlagenbauer aus aller Welt aktuell für Glashersteller und -verarbeiter zu bieten haben, wird die glasstec 2014 vom 21. bis 24. Oktober in Düsseldorf zeigen. Die bedeutendste internationale Fachmesse der Glasbranche präsentiert die gesamte Bandbreite von der handwerklichen bis zur industriellen Glasbearbeitung für die Bereich Flachglas, Hohlglas, Solarglas sowie verschiedene Spezialgläser. Eine zentrale Rolle werden auf der Messe die Themen Effizienz und Qualität spielen. Aktuelle Technologietrends im Maschinen- und Anlagenbau stehen im Mittelpunkt des VDMA Symposiums, das am 22. Oktober im Rahmen der Sonderschau „glass technology live“ auf der glasstec stattfindet. Der Schwerpunkt der Veranstaltung liegt auf der Anlagentechnik für die Verarbeitung und Veredelung von Glas. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Qualitäts- und Prozesskontrolle. 

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