Sprüche vom Glaserhandwerk

Glas
01.03.2018

 
In der letzten Ausgabe berichteten wir von Ludwig Grandy, Pionier der Grabdenkmäler aus Glas, Glaskünstler und verkanntes Original seiner Zeit, der gerne dichtete. Da fand sich jetzt noch ein  altes Foto, das Gustl Schiebs Erinnerungen an alte Wiener Geschichten untermauert.

Das Bild stammt aus dem Jahr 1929, wo die Glaser mit Begeisterung an dem „Festzug der Gewerbe“ teilnahmen, der im Rahmen der Wiener Festwochen veranstaltet wurde. Vor diesem Geschäftsportal in der Laudongasse 26 startete die Glasergruppe mit künstlerischen Glasobjekten, getragen von Lehrlingen in der zünftigen Montur, dem Schurz. Im 
alten Bild ist es nicht zu sehen, aber wir wissen ganz sicher er war grün. Im Bild ganz rechts ist Ludwig Grandy zu erkennen, mit Künstlermasche, wie von Schieb beschrieben, und links auf dem Schild eine „Dichtung“ – es ist anzunehmen von Grandy selbst:

„Eher soll die Welt verderben, als vor Durst ein Glaser sterben“

Oft gehört ein kurzer Spruch, der sich auch auf alle anderen Handwerke anwenden lässt:

„Ein Glaser der nichts trinkt, ist wie ein Vogerl was net singt“

Glaser werden also hier mit Trinken in Zusammenhang gebracht. Da kommen Kindheitserinnerungen hoch. Es gab wirklich viele durstige Glaser. Wen wundert es? Den Krieg überstanden, schwere Arbeit, wenig Lohn. Da zog es viele nach einer harten Woche sofort ins Gasthaus. Endlich in einer warmen Stube sitzen, Gleichgesinnte treffen, Karten spielen in der Hoffnung auf Zuwachs im Lohnsackerl, auf Augenhöhe reden und Frust loswerden können. In Erinnerung ist auch noch die Verwunderung, weshalb am Freitagabend immer Frauen vor dem Geschäft standen. Das waren die Ehefrauen, die ihre Männer mit dem Lohnsackerl in der Hand nicht mehr aus den Augen ließen. Schließlich mussten die Lebensmittel bezahlt werden, die der Greißler kulanterweise in ein Büchel aufschrieb und stundete. Recht spaßig, aber doch etwas makaber ist ein Spruch, der vor Jahren auf der Düsseldorfer Glasmesse als Druck verkauft wurde:

„Alle  Menschen müssen sterben nur der alte Glaser nicht, er besteht aus Kitt und Scherben und die frisst der Teufel nicht“

Ein einfacher alter Vers gehört zum allgemeinen Sprachgebrauch, den wohl jeder kennt:

„Glück und Glas, wie leicht bricht das“

Der überwiegende Teil der Sprüche beschreibt aber fast wie Gebete den Wunsch nach kaputten Fensterscheiben, damit der Glaser Arbeit hat. Man war sich aber bewusst, dass bei Zerstörung von Fensterscheiben mitunter auch die Landwirtschaft betroffen sein kann. Die Bitte um den Schutz der Felder findet man daher oft an erster Stelle:

Heil’ger Lukas steh‘ uns bei, bei der lust’gen Glaserei,
lass gedeihen Korn und Wein und schlage uns die Fenster ein

Lieber Gott, die Feldfrucht schütz´, der Hagel sei dem Glaser nütz! 

In Holz und Kitt steht fest das Glas, geht´s bald in Scherben, macht´s uns Spaß

Handwerk hat Not,- auch der Glaser braucht Brot 
Gott beschütze Korn und Wein, der Hagel schlag nur Fenster ein, 
Mit deiner Macht die Feldfrucht schütz, Der Hagel nur dem Glaser nützt 

Auch solche Käuze muss es geben, die von zerbrochenen Scheiben leben

Es gibt zwei Kompositionen, die sich Glaser – Marsch nennen. Im Refrain heißt es:

Auf der Welt wär's finster, täts keine Glaser geb'n,
man müß't ohne Fenster, bei Tag im Finstern leb'n    

Mir Weana Glaserer singen kan Modepflanz,
nur immer fesch leger, die alten Glasscherb'ntanz

Auch in den alten Glaserzeitungen wurden gerne Sprüche veröffentlicht, zum Beispiel 1906 und 1915:

Der Hagel schütze Korn und Wein, Der Hagel schlag‘ die Fenster ein.
Daß ein Haus zum Wohnen tauge, Schmück ich’s eings mit Fenster aus
Was dem Menschen ist das Auge, Ist das Fenster für das Haus.
Aus dem Fenster sieht gemächlich, Jeder in die Welt hinein.
Was der Mensch macht ist gebrechlich; Täglich schlägt man Fenster ein
Das ist in der Ordnung eben, Der verliert, wo der gewinnt,
Denn vom Tode lebt das Leben, Und der Glaser lebt vom Wind.

Komm Glaserer, komm geschwind, Durch das Fenster bläst der Wind, Und der Wind ist bitter, Weil er bläst durchs Gitter.

Ein besonders alter Spruch wurde in der Glaserzeitung im Jahr 1915 abgedruckt. Er stammt vom 1709 verstorbenen Augustiner Abraham a Santa Clara:

„Das Licht nicht aus dem Haus zu treiben, bedient man sich der reinen Scheiben;
Jedoch des Herzens schönes Haus, will man nur immer dunkler machen 
durch Holtz und Stein der eitlen Sachen, und schließt des Himmels Licht hinaus!“

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