LIM Stefan Zamecnik

"Ein Betrieb ist eine Aufgabe"

Interview
16.04.2024

Der niederösterreichische Landesinnungsmeister Stefan Zamecnik, Tischlermeister und Unternehmer in dritter Generation, spricht über Probleme der Branche und wie er die Mitgliedsbetriebe künftig noch besser erreichen will als bisher.
Stefan Zamecnik, niederösterreichischer Landesinnungsmeister

Sie sind seit vielen Jahren in der niederösterreichischen Wirtschaftskammer aktiv. War der Aufstieg zum Landesinnungsmeister der logische nächste Schritt?

Stefan Zamecnik: Der Wechsel hätte eigentlich schon früher stattfinden sollen. Aber dann ist Corona dazwischengekommen, was natürlich auch eine verstärkte Konzentration auf meinen Betrieb erfordert hat.

In einer großen Innung wie der niederösterreichischen als Funktionär tätig zu sein ist vermutlich terminlich besonders fordernd. Wie schaffen Sie es, dass Ihre unternehmerischen Tätigkeiten nicht darunter leiden?

Die Innung vertritt in Niederösterreich fast 2.000 Unternehmen, Sie haben also Recht: Es gibt immer etwas zu tun. Aber wir sind ein klassisches Familienunternehmen. Uns gibt es seit 1922, ich führe den Betrieb in dritter Generation. Ich habe das große Glück, dass meine Frau und inzwischen auch meine beiden Söhne mitarbeiten. Wenn ich unterwegs bin, kann ich mich deshalb immer darauf verlassen, dass im Betrieb alles auf Schiene ist. Das gibt mir die nötige Freiheit, um terminliche Verpflichtungen für die Innung mit voller Aufmerksamkeit wahrzunehmen.

Sanierte doppelflüglige Haustüre
Die Sanierung alter Haustore ist eine Spezialität der Tischlerei Zamecnik.

Darf man daraus schließen, dass bei Ihnen die Nachfolge bereits geregelt ist?

Geregelt ist noch gar nichts! (lacht) Aber meine beiden Söhne haben sich dazu entschlossen, dass sie die Firma einmal beide gemeinsam übernehmen wollen. Ich habe ihnen nie vorgeschrieben, was sie beruflich machen sollen. Aber ich habe ihnen immer gesagt: Ein Betrieb bedeutet Arbeit. Und trotzdem haben sie sich für die Tischlerei entschieden. Sie waren schon als Kinder sehr unterschiedliche Charaktere: Der eine hat immer geplant, gezeichnet und organisiert. Und der andere hat ganz einfach darauf los gebaut. Dadurch ergänzen sie sich sehr gut. Der eine ist für Verkauf und Vertrieb zuständig und der andere für die Produktion. Viele Leute glauben, ein Betrieb ist ein Gottesgeschenk. Aber dem ist nicht so, es ist eine Aufgabe.

Welche Ziele haben Sie als Landesinnungsmeister?

Grundsätzlich engagiere ich mich, weil ich etwas für die große Tischlerfamilie weiterbringen will. Dafür sind wir im Vorstand gut aufgestellt. Ich habe 18 Mitarbeiter, mein Stellvertreter Raimund Vesselsky führt einen Zwei-Mann-Betrieb. Und mein zweiter Stellvertreter Thomas Helmer hat circa 40 Mitarbeiter. Wir kennen also verschiedene Betriebsgrößen und deren Probleme aus erster Hand.

Was sind deren Probleme?

Ganz oben stehen das Problem schrumpfender Lehrlingszahlen und der Fachkräftemangel. Und in Richtung Politik muss man immer wieder auf die Lohnnebenkosten hinweisen. Die müssen dringend gesenkt werden, weil die bringen die Betriebe um. Grundsätzlich muss man die Probleme und Sorgen der Unternehmen immer wieder neu erheben. Dazu versuchen wir, ständig mit ihnen im Kontakt zu sein. Zum Beispiel auf den Viertelveranstaltungen, die nach einer mehrjährigen Corona-Pause seit letztem Jahr wieder stattfinden. Wir haben in Niederösterreich rund 2.000 Betriebe. Aber viele davon erreichen wir als
Innung gar nicht.

Ehemalige Erbsenschälfabrik in Bruckneudorf
Für die ehemalige Erbsenschälfabrik in Bruckneudorf hat die Tischlerei Zamecnik rund 400 Kastenfenster saniert.

Wie wollen sie das ändern?

Wir wollen uns noch stärker als Servicestelle für unsere Mitglieder positionieren. Wir hatten vergangenes Jahr einen Strategieworkshop, bei dem wir uns intern neu aufgestellt und Aufgaben klar verteilt haben. Es gibt jetzt die drei Arbeitsgruppen Aus- und Weiterbildung, Kommunikation sowie Technik und KV. Wir haben uns außerdem messbare Ziele gesetzt. Etwa, auf Anfragen von Mitgliedsbetrieben zu technischen Problemen oder Regelungen spätestens nach 48
Stunden zu reagieren – und das gelingt uns auch. Es war schon immer mein Anspruch, schon in meiner Zeit als Lehrlingswart, dass am Ende des Tages auch etwas Vernünftiges dabei herauskommen muss, wenn ich mich wo engagiere.

Welche konkreten Projekte wollen Sie vorantreiben?

Die Innung übernimmt die Kosten für die Eignungstests für Lehrberufe der Holzausbildung an den Berufsinformationszentren in St. Pölten und Mödling. Das wird so gut angenommen, dass wir heuer wahrscheinlich noch einen zusätzlichen Termin anbieten werden. Ein anderes Projekt ist die Schulung der Prüfer, die Meisterprüfungen gemäß Stufe 6 des nationalen Qualifikationsrahmens NQR. Im Lehrberuf Tischlereitechnik gibt es ja derzeit die beiden Schwerpunkte
Planung und Produktion, wobei man sich für einen der beiden entscheiden muss. Das halte ich für falsch, weil im Betrieb gibt es diese klare Trennung ja auch
nicht. Ich will mich dafür einsetzen, dass das in der Lehre vereint wird.

Ihr Vorgänger Helmut Mitsch war zehn Jahre lang Landesinnungsmeister. Streben Sie das auch an?

Ich habe mir da kein zeitliches Ziel gesetzt. Es muss für mich einfach passen. Ich habe meine Familie, meine Hobbys, meinen Betrieb. Solange ich das alles mit der Innungstätigkeit vereinbaren kann, mache ich es gerne.

Branchen
Tischlerei