Heizung-Energieeffizienz

Die Wahl der passenden Technologie

Top-Artikel Haustechnik
25.09.2023

Der Heizungsmarkt ist in Bewegung – Wohnbaukrise, Energiewende, Inflation und Co sorgen dabei für Unsicherheiten, die Konsument*innen wie auch Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen.
Martin Hagleitner, CEO Austria Email AG

Klimakrise, Energiekrise oder auch geopolitische Krisen – die Herausforderungen, vor denen Wirtschaft und Bevölkerung in Österreich stehen, sind vielfältig. So sieht sich der heimische Heizungsmarkt derzeit beispielsweise mit einer Vielzahl an potenziellen Stolpersteinen konfrontiert. Egal ob Wohnbaukrise, bestehende und kommende gesetzliche Vorgaben oder Inflation – für Unternehmen wird es zunehmend schwieriger, verlässlich zu planen. Ein Rezept ist hier, den Ausnahmezustand zur Regel zu machen, wie Martin Hagleitner, seines Zeichens CEO der Austria Email AG, im Gespräch mit Gebäude Installation erläutert. Er sieht unter anderem Energieeffizienz als Gebot der Stunde, da sich schon mit kleinen Maßnahmen große Wirkung erzielen lasse.

Es gibt aktuell viele Entwicklungen, die den Heizungsmarkt beeinflussen und einiges an Bewegung bringen, etwa die Krise im Wohnbau. Wo sehen Sie hier die größten Herausforderungen?
Martin Hagleitner: Mittel- und langfristig überwiegen die Chancen und Möglichkeiten. Heizung und Warmwasser sowie die Energieversorgung in den eigenen vier Wänden sind vom sprichwörtlichen „Kellerdasein“ im öffentlichen Bewusstsein angekommen und ins politische Rampenlicht gerückt. In Deutschland hat das Thema „Energiewende“ zuletzt eine handfeste Regierungskrise ausgelöst. EU-weit gelten für die Zukunft ambitionierte Klimaziele. Wesentliche Einflussfaktoren für den Wandel am Heizungsmarkt, hin zu nachhaltigen und umweltfreundlichen Lösungen, sind die Klimakrise und die Energiekrise, die Dekarbonisierung des Gebäudebereichs mit dem Anspruch „Raus aus Öl und Gas“ sowie die Einführung von schrittweise steigenden C0₂-Steuern, gesetzliche Regelungen und die aktuell verfügbaren großzügigen Förderungen. Aber es gibt auch Herausforderungen wie die Kaufkraft der Konsument*innen und den Kreditzugang für Finanzierungen, ebenso wie die Entwicklungen in der Baubranche, sowohl im Neubau als auch in der Sanierung.

Aktuelle gesetzliche Vorgaben – ebenso wie geplante – treiben die Krise im Wohnbau weiter an. Wo liegen hier Ihrer Ansicht nach die größten Problemfaktoren?
Ich gehe davon aus, dass die derzeitige Schwäche im Neubau als auch die gesamtwirtschaftliche Abkühlung nur vorübergehend währen. Aus meiner Sicht handelt es sich um eine kurze Pause vor der Rückkehr des Wachstums, bei der u. a. die Bereiche Umwelt- und Energietechnik eine wichtige Rolle spielen werden. Die Inflation beginnt bereits zu sinken, womit weitere Zinserhöhungen vermeidbar und sogar Zinssenkungen wieder möglich werden. Um Investitionen zu stärken, braucht es eine Lockerung der zuletzt drastisch verschärften Regeln zum Kreditzugang sowie der Eigenkapitalerfordernisse. Was unsere Branche betrifft, ist es höchste Zeit, dass endlos hinausgezögerte Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG, Anm. d. Red.) für einen praxistauglichen, stufenweisen Ausstieg aus fossilen Energien zu verabschieden und flankierende Reformen zum praxistauglichen und stufenweisen Ausstieg zu schaffen. Reine Ankündigungspolitik bringt uns nicht weiter. Denn fehlende Planungssicherheit und Orientierung bremsen Investitionen seitens der Unternehmen wie auch der Verbraucher.

In Zukunft ­müssen wir noch ­offener für ­Veränderungen, neue Prozesse und Innovation sein und uns vor­ausschauend für die unterschiedlichsten Szenarien ­rüsten.

Martin Hagleitner, CEO Austria Email AG

Technologische Entwicklungen treiben den Markt an und helfen, für Bewohner*innen ein angenehmes und komfortables Wohnumfeld zu schaffen. Welche Technologien sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Entwicklungen im Heizungsmarkt?
Die Wahl der passenden Technologie hängt stark von den Gegebenheiten ab. Lösungen sind für unterschiedliche bauliche Gegebenheiten und Bedürfnisse der Nutzer vorhanden. Smarte, digitale Produkte, Energieeffizienz, die Möglichkeit der Anbindung an PV-Anlagen zur Nutzung von hauseigenem Solarstrom sowie deutliche Kosteneinsparungen wirken bei den Konsument*innen derzeit als überzeugendste Argumente für einen Wechsel. Die Fakten sprechen für sich: Mit einer Wärmepumpe heizt man im Winter mit sauberer Energie, profitiert im Sommer von der praktischen Kühlfunktion und spart gegenüber anderen Energieträgern bis zu 1.500 Euro Betriebskosten pro Jahr.
Speziell für den Einsatz in dichtbebauten Gebieten stark nachgefragt ist die Heizungswärmepumpe Monoblock LWPM/LWPMK, die vom Austria-Email-Team gemeinsam mit den Business-Units Wärmepumpe konzipiert wurde. Diese Wärmepumpe bewährt sich besonders bei Sanierungen und Neubauprojekten im städtischen Bereich. Sie zeichnet sich durch flüsterleisen Betrieb mit einem Schalldruckpegel von unter 30 dB(A) innerhalb von drei Metern aus. Durch das klimafreundliche Kältemittel R452B sind die Geräte voll förderungsfähig und punkten zudem auch mit einer Kühlfunktion.
Der am Standort Knittelfeld entwickelte und patentierte smarte Warmwasserspeicher Eco Grid ist ein Meilenstein hinsichtlich Digitalisierung und Einbindung der Produkte in das Energiemanagement für Energieversorger und Wohnbaugesellschaften. Diese Weiterentwicklung eines konventionellen Warmwasserboilers funktioniert wie eine grüne Batterie, die das Wasser vorzugsweise dann erhitzt, wenn es den günstigsten Strom gibt. Das macht den Ausstieg aus Öl und Gas im mehrgeschoßigen Wohnbau attraktiv. Auch eine lokale PV-Anlage kann rasch eingebunden werden.
Eine effiziente Maßnahme mit großer Wirkung ist der Einbau einer Brauchwasser-Wärmepumpe. Diese kostengünstige Umrüstung schafft Unabhängigkeit bei der Energieversorgung und senkt die Betriebskosten dauerhaft. Unsere Brauchwasser-Wärmepumpe EHT Revolution punktet auch durch eine PV-Anbindung.
Mit dem EWH Digital haben wir 2023 auch die neueste Generation von smarten Elektrospeichern präsentiert, entwickelt und produziert in Österreich: Ein intelligentes Produkt für Sanierungen und Neubauten, das zeitgemäße Technologie mit Energiesparpotenzial bei höchstem Warmwasserkomfort verbindet und mit geringerer Anfälligkeit gegen kalkhaltiges Wasser punktet.

Martin Hagleitner, CEO Austria Email AG

Energieeffizienz ist das Gebot der Stunde

Martin Hagleitner, CEO Austria Email AG

Inflation und der Krieg in der Ukraine sorgten in den letzten Monaten für steigende Energiepreise, zunehmend mehr Menschen müssen überlegen, ob sie sich das Heizen noch leisten können. Effizientere Heizsysteme helfen, Energie zu sparen – welche Systeme und technische Lösungen sehen Sie hier als Hoffnungsschimmer?
Energieeffizienz ist das Gebot der Stunde. Die gute Nachricht ist: Schon mit kleinen Maßnahmen am bestehenden Heizungssystem lässt sich in Zusammenarbeit mit einem Fachinstallateur große Wirkung erzielen. Was vielen Konsument*innen nicht bewusst ist: Eine aufwendige Vollsanierung oder große Umbauten sind oft nicht nötig.
Mit einem Drittel der Investitionskosten lassen sich rund zwei Drittel an Einsparungseffekten bei den Energiekosten erreichen – und zwar ohne Komfortverlust und ohne große Baustelle. Eine Teilsanierung, z. B. mit Dämmung der obersten Geschoßdecke sowie Warmwasser- und Heizungstausch, reicht für hohe Einsparungen bei den Energiekosten meist aus.
Bei Heizungs- und Warmwasseranlagen, die seit mehr als 15 Jahren in Betrieb sind, ist das größte Einsparungspotenzial gegeben: Hier rechnet sich eine Erneuerung auf jeden Fall. Beim Umstieg auf erneuerbare Energiequellen bieten auch hybride Lösungen wie z. B. die Kombination eines modernen Gas-Brennwert-Geräts mit einer Brauchwasser-Wärmepumpe gute Lösungen.
Jedenfalls ist der Zeitpunkt für einen Wechsel aktuell sehr günstig: Die Fördertöpfe sind 2023/24 so gut gefüllt wie noch nie, und zusätzlich profitieren einkommensschwache Haushalte von speziellen Förderungen, mit denen bis zu 100 Prozent der Investitionskosten rückerstattet werden.

Wie kann ein Unternehmen angesichts der Vielzahl an Krisen eine verlässliche Planung durchführen?
Wenn wir uns das Wachstum unserer Branche in den letzten Jahren vor Augen führen, dann kann ich nur sagen: Krise schaut anders aus. Ich bleibe zuversichtlich. Denn wenn wir uns bewusst machen, dass wir bislang sowohl Covid-19, Lieferkettenprobleme, Produktionsengpässe, die Energiekrise gut gemeistert haben, dann können wir uns auch erfolgreich allen aktuellen Herausforderungen stellen. Dabei wird eines deutlich: Der Ausnahmezustand ist die Regel geworden, denn immer öfter verlieren Planungen innerhalb weniger Wochen ihre Grundlage. Das erfordert eine völlig neue Flexibilität. In Zukunft müssen wir noch offener für Veränderungen, neue Prozesse und Innovation sein und uns vorausschauend für die unterschiedlichsten Szenarien rüsten.

Wie entwickelt sich Ihrer Ansicht nach der österreichische Heizungsmarkt aktuell und mittelfristig?
Schon 2022 gab es eine Trendwende, und es wurden mehr erneuerbare Heizsysteme installiert als fossile. Die Wärmepumpe zählt dabei zu den Big Playern und befindet sich weiterhin auf der Überholspur, wie aktuelle Marktdaten belegen. Die Umstellung auf nachhaltige Heizsysteme hat angesichts der Klimakrise, volatiler Energiemärkte und Fragen der Versorgungssicherheit weiter höchste Priorität. Wirksame Impulse sind vom Beschluss des EWG ebenso zu erwarten wie von der bereits erfolgten Verlängerung der Antragsfristen. Allein für die staatliche Förderungsaktion „Raus aus Öl und Gas“ und die Sanierungsoffensive 2023/24 stehen für Private und Betriebe 940 Mio. Euro zur Verfügung. Antragsfristen wurden mittlerweile verlängert, und ergänzend gibt es Förderungen auf Landes- und Gemeindeebene. Zusätzlich formieren sich aktuell eine Reihe von regionalen Initiativen, die Maßnahmen für eine klimaneutrale Zukunft forcieren und den Ausbau erneuerbarer Energien im Sinne der Klima- und Energiewende vorantreiben. Dramatische Umweltereignisse in nächster Umgebung wie Hitzewellen, Waldbrände, Überflutungen usw. befeuern das Bewusstsein der Kund*innen, mit erneuerbaren Energien in den eigenen vier Wänden einen Beitrag gegen die Klimakrise zu setzen.

Was muss die Politik tun, um dem Heizungsmarkt mehr Stabilität zu verleihen?
Klimaschutz und C0₂-Reduktion haben hohe Dringlichkeit, nur kann es nicht bei übereifrigen Zielen und Vorgaben ohne praxistaugliche und leistbare Wege dorthin bleiben. Deshalb erwarte ich mir von der Verabschiedung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes sowie flankierenden rechtlichen Reformen einen umsetzungsorientierten Rahmen, damit wir den „Sanierungsstau“ in Österreich in einem gemeinsamen Kraftakt von Politik, Unternehmen und Bürger*innen angehen können. Sonst wird uns der Weg in eine klimaneutrale Zukunft nicht gelingen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch explizit betonen, dass es nicht im Interesse der Branche ist, wenn einzelne „Interessenvertreter“ das Inkrafttreten von wichtigen Gesetzen wie dem EWG torpedieren und fossile Energien gar am liebsten unter ewigen Verfassungsschutz stellen würden. Während des Ausbaus von Netzen, Speichern und erneuerbaren Energiequellen hat beispielsweise Gas schon eine Berechtigung. Langfristig werden Grünes Gas und Wasserstoff speziell in der Industrie bei Hochtemperaturprozessen etc. eingesetzt werden, aber wohl nicht in der Versorgung des privaten Wohnbereichs.

Wien propagiert aktuell den Ausstieg aus Gas – ein Vorbild für ganz Österreich?
Der Entwurf des EWG sieht ja bundesweit den stufenweisen Ausstieg aus Gas vor. Ich persönlich halte noch ambitioniertere Vorhaben einzelner Bundesländer nicht für zielführend. Gerade im städtischen Bereich mit einem sehr hohen Anteil an Mietwohnungen in mehrgeschoßigen Gebäuden ist es entscheidend, Übergangsfristen einzuräumen und auch die legistischen Voraussetzungen zu schaffen. Dafür sind österreichweit Reformen im Wohn- und Mietrecht, flankiert von steuerlichen Anreizen, notwendig. Nur so kann die Gebäudewende gelingen.

 im Porträt, CEO Austria Email AG
Martin Hagleitner, CEO Austria Email AG

Gibt es weitere Themen, die Ihnen am Herzen liegen?
Entscheidend zur Belebung des Marktes ist es jetzt, dass den Konsument*innen die Vorteile für ihre eigene Geldbörse wie auch für die Umwelt nähergebracht werden, damit sie in ihrem Zuhause nachhaltige Schritte für die Zukunft setzen. Es gilt, die seitens der Bürger*innen benötigte Orientierung zu bieten und mittels fachmännischer Beratung über maßgeschneiderte Lösungen für alle Nutzungsbedürfnisse und baulichen Gegebenheiten sowie über effiziente Maßnahmen zu informieren. Deshalb ist unsere Branche gut beraten, die gesamte Bandbreite an Möglichkeiten – auch bei bestehenden Anlagen – zu vermitteln. Rabatt- und Preisschlachten sehe ich in der aktuellen Phase allerdings als kontraproduktiv.

Zur Person

Martin Hagleitner ist seit 2010 CEO der Aus­tria Email AG mit Hauptsitz und Werken im steirischen Knittelfeld. Er verantwortet darüber hinaus im französischen Mutterkonzern Groupe Atlantic die Konzernleitung für die DACH-Region sowie ausgewählte CEE-Märkte. Darüber hinaus ist Hagleitner auch als Aufsichtsrat, in der Industriellenvereinigung sowie als Mit-Initiator und Vorstandsmitglied des Branchen-Zukunftsforums SHL aktiv. Unter seiner Führung hat sich das österreichische Traditions­unternehmen Aus­tria Email AG zu einem ­dynamischen Player im Bereich energieeffizienter Speicher- und Heizungstechnik entwickelt.

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