Nachhaltiges Bauen

Neue Frische für altes Holz

Holzbearbeitung
09.11.2023

Mit dem Forschungsprojekt TimberLoop verfolgt die Holzforschung Austria das Ziel Holz in die Kreislaufführung zu integrieren. Altholz soll in Zukunft ein zweites Leben bekommen und neben Frischholz eine zentrale Rolle beim Errichten und Renovieren von Gebäuden spielen.
Martin Weigl-Kuska bei  der Altholzanalyse

Den Lebenszyklus von Holz zu verlängern, eine fordernde Aufgabe und ein ambitioniertes Ziel, welchem sich die Holzforschung Austria mit dem Projekt TimberLoop widmet. Projektverantwortlicher Martin Weigl-Kuska erklärt im Interview wie ein Re-Use auf einem hohen Level erfolgen kann, die Gemeinsamkeiten von Alt- und Frischholz und weshalb es Rechtssicherheit beim Verwenden von Altholz benötigt.

Das Projekt TimberLoop grenzt nahtlos an das Projekt Bau-Cycle an. Können Sie uns erklären, um was es bei den beiden Projekten geht und welche Forschung von Ihnen betrieben wird?
Martin Weigl-Kuska: Beim Projekt Bau-Cycle ging es um die Schad- und Störstofferkundung. Wir haben uns dabei mit drei Modellbaustoffen befasst. Das waren Altholz, Altfenster und Altdämmstoffe und wir haben uns dabei vor allem mit Fragen der chemischen Analytik auseinandergesetzt. Das Problem bei der Schad- und Störstofferkundung ist jedoch, dass der Fokus in der Regel nicht sehr stark auf Altholz gelegt wird. Denn Holz liegt zu wenig im Fokus der Wiederverwendung.

TimberLoop soll technische Lösungswege aufzeigen, wie ein Re-Use auf einem hohen Level erfolgen kann.

Martin Weigl-Kuska, Holzforschung Austria

Bei TimberLoop befassen wir uns auf der chemisch-analytischen Ebene mit lastabtragenden Bauteilen und mit kleinvolumigen Holzbauteilen auf der einen Seite. Aber TimberLoop hat unterschiedliche thematische Ausrichtungen und soll auch technische Lösungswege aufzeigen, wie ein Re-Use auf einem hohen Level erfolgen kann. Re-Use bedeutet, dass das Bauteil so bleibt, wie es einmal gewesen ist. Das Thema Repair ist ebenfalls wichtig. Wo braucht es minimale Ausbesserungen beim Holz, um es wieder verwenden zu können? Der dritte Ansatz ist Re-manufacture. Hier wird nochmal in den Industrieprozess gegangen und eine neues Produkt aus dem Altholz geformt.  

In Ihrem Beitrag „Kreislaufwirtschaft im Holzbau“ aus dem HFA-Magazin 4/2023 schreiben Sie „jedes Stück Altholz ist einzigartig, und doch gibt es Gemeinsamkeiten“. Was ist das Einzigartige und das Gemeinsame bei Altholz?
Weigl-Kuska: Einzigartig bei Altholz ist die Ästhetik. Also die Verfärbung und Verwitterung. Holz bekommt dadurch viel Charakter und das Bauprodukt erzählt eine Geschichte. Mit einem kulturellen-bauhistorischen Hintergrund kann Holz im Re-Use auch Teil einer Story sein, wenn es um Architektur geht, wenn man mit der ursprünglichen Objektnutzung eine Geschichte miterzählen möchte. Wenn Holz einen historischen Wert hat, dann kann es also sein, dass es mit in die moderne Architektur übertragen wird. Oder auch Regionalität und Nachhaltigkeit können dadurch betont werden. Das Gemeinsame von Altholz sind die Herausforderungen, da es an den rechtlichen Rahmenbedingungen fehlt. Denn Altholz ist für den Wiederverwertungsweg nicht vorgesehen. Hier braucht es Rechtssicherheit. Eine weitere Gemeinsamkeit sind unbekannte Effekte, wie bspw. Rissbildungen, Abbau oder Festigkeitsverlust, oder mitunter Probleme mit alten Leimsystemen. Es gibt Ungewissheiten und daher müssen wir Wege finden, um Altholz zu klassifizieren und um damit eine verlässliche Sortierung vornehmen zu können, um die Performance von Altholz garantieren zu können. Diese großen Hürden haben wir noch zu nehmen und das Projekt TimberLoop soll dazu beitragen.   

Altholz zur wiederverwertung
Im Gegensatz zu Repair und Remanufacture bedeutet Re-Use, dass das Bauteil so bleibt, wie es einmal gewesen ist.

Abbuchprojekte bieten oftmals große Volumina an Altholz, welche für neue Projekte wiederverwendet werden können. Auf was gilt es bei Altholz aus bspw. alten Dachstühlen zu achten, um es erneut einsetzen zu können?
Weigl-Kuska: In der derzeitigen Praxis gibt es zwei Ausschlusskriterien. Zum einen können Wirkstoffe oder Substanzen wie ausgelaufener Diesel oder ähnliches die Kreislaufnutzung bei Holz verhindern und auf der anderen Seite spielt die Dimension eine Rolle. Vor allem der Querschnitt, aber auch die Länge sind hier wichtig. Bei Dachlatten kommt bspw. viel Altholz zustande, aber aufgrund der historischen Ausformung, der Dimension und Alterungseffekten ist dann oft pragmatisch gesehen eine Grenze des Machbaren überschritten. Holz muss außerdem rationell aufgearbeitet werden können und wenn man aufgrund von Transportwegen Altholz in der Länge stark reduziert, findet ein enormer Performanceverlust statt. Ein hochwertiges Massenprodukt, basierend auf Altholz, wird sich dann nicht mehr herstellen lassen. Ein anderes Thema der Kreislaufführung bei Holz ist die Lösbarkeit von Verbindungen. Diese müssen ebenfalls kreislauffähig ausgeführt werden. Hier muss man bereits in der Planung ansetzen.

Hat Altholz überhaupt ein Ablaufdatum oder kann der Lebenzzyklus immer weiterlaufen?
Weigl-Kuska: In Holz ist CO2 gespeichert und das ist eine der zentrale Eigenschaften. Theoretisch kann CO2 sogar über Jahrhunderte oder Jahrtausende im Holz gespeichert sein. Mit einem minimalem Makeover im Industrieprozess verliert man nur minimal an Material und damit kann man eine Langzeitperformance zusammenbringen.

Altholz und Frischholz gemeinsam für neue Bauprojekte zu nutzen ist ein bereits Ziel des Projekts TimberLoop. Wie kann das gelingen, welche Voraussetzungen braucht es dazu?
Weigl-Kuska: Es wird auf einen Mixed-Use hinauslaufen müssen, zwischen Frischholz und Altholz. Technisch wird das kein Problem sein. Das Erzeugen einer neuen Oberfläche können wir wohl lösen. Hier braucht es allerdings die Rechtssicherheit für Holz in der Kreislaufwirtschaft, um die Haftung gesetzlich zu regeln. Hier sind die Gesetzgeber auf europäischer- und nationaler Ebene gefordert.

Für eine Kreislaufführung von Holz ist ein Verzicht auf Holzschutzmittel gefragt. Wie kann das gelingen?
Weigl-Kuska: Es gab einen Wandel im Bereich der Holzschutzmittel, von Wirksamkeit hin zu ökotoxikologischer Verträglichkeit. Die modernen Ansätze sind, dass man versucht Holzschutzmittel frei zu agieren, in den Bereichen, in denen im Baubereich vorgesehen wäre, einen chemischen Holzschutz zu verwenden. Alte Konzepte wie durch den Witterungsschutz Feuchtigkeit ferngehalten wird, werden wieder aufgegriffen. Das muss natürlich auch im Produktdesign fortgeführt werden. Wenn es uns gelingt durch Konstruktion und moderne Beschichtungen dauerhaft die Feuchtigkeit fernzuhalten, dann sollte es auch möglich sein bspw. Holzfenster gänzlich ohne chemischen Holzschutz auszuführen.