Nachgefragt

Landesinnungen Bau: Herausforderungen, Hilfen, Forderungen

Neun Landesinnungsmeister im Kurzinterview über die Befürchtungen ihrer Mitglieds­betriebe, aktuelle Hilfen und Forderungen an die Landespolitik.

Robert Jägersberger, LIM Bau Niederösterreich

Robert Jägersberger ist seit 10. Dezember 2020 Bundesinnungsmeister des Baugewerbes.
Robert Jägersberger, LIM Bau Niederösterreich

Mit welchen Erwartungen starten Ihre Mitgliedsbetriebe ins Jahr 2023?

Jägersberger: Die Anzeichen weisen darauf hin, dass ab dem ersten Halbjahr 2023 mit einem deutlichen Abflachen der Bau­konjunktur zu rechnen ist, manche Mitglieder in ländlicheren Regionen bekommen dies bereits jetzt zu spüren. Hinzu kommen nicht beeinflussbare Faktoren, welche die Situation weiter erschweren. Die Stimmung in den Betrieben ist daher dem­gemäß abwartend bis gedämpft.

Wie greifen Sie den Bauunternehmen aktuell unter die Arme?

Jägersberger: Ab Jänner wird die Arge der Baugewerbe, eine Kooperation der 14 bauaktiven Innungen der Sparte Gewerbe und Handwerk NÖ, als eigene Körperschaft ihre Arbeit weiter inten­sivieren. ­Aktionen wie die kosten­losen Bau-­Vergabe-Förderberatungen für ­Gemeinden oder der Interessentenpool für öffentliche Bauaufträge sollen ­helfen, die regionale Bauwirtschaft anzukurbeln.

Welche Maßnahmen fordern Sie von der Landespolitik?

Jägersberger: Die bestehenden Regelwerke müssen gemeinsam evaluiert, analysiert und angepasst werden, um unnötige Kostentreiber zu identifizieren und zu reduzieren. Dies betrifft unter anderem Landesmaterien wie das Baurecht oder die Wohnbauförderung ebenso wie bundes­weit geltende Regelungen. Dazu ist allerdings der politische Wille erforderlich, dass in diesem Diskussions­prozess nichts von vornherein automatisch tabu ist.

Anton Rieder, LIM Bau Tirol

Anton Rieder, LIM Bau Tirol
Anton Rieder, LIM Bau Tirol

Mit welchen Erwartungen starten Ihre Mitgliedsbetriebe ins Jahr 2023?

Rieder: Die Auftragseingänge gehen etwas zurück, trotzdem ist die Stimmung vorsichtig positiv. Für 2023 bemerke ich ein ­differenziertes Bild – es gibt Betriebe mit großen Zukunftssorgen und Betriebe mit Optimismus.

Wie greifen Sie den Bauunternehmen aktuell unter die Arme?

Rieder: Bezüglich der Mitarbeitersituation bieten wir zahlreiche und neue geförderte Qualifikationskurse an, und im Bereichder ­volatilen ­Kostensituation bieten wir Workshops zum Umgang mit Steigerungen und Weiter­gabe an die AG an. Zur weiteren Verbesserung der Personalsituation möchten wir zusätzlich unsere Bauakademie erweitern und haben die Planung dafür schon beauftragt.

Welche Maßnahmen fordern Sie von der Landespolitik?

Rieder: Wir bemühen uns, die Rahmenbedingungen im geförderten Wohnbau so zu verbessern, dass alle Projekte umgesetzt werden können. Gleichzeitig machen wir aber auch weiter für eine digitale Baueinreichung und unterstützen die Gemeinden bei ihren Investitions­erfordernissen gegenüber Land und Bund.

Peter Keckeis, LIM Bau Vorarlberg

Peter Keckeis, LIM Bau Vorarlberg
Peter Keckeis, LIM Bau Vorarlberg

Mit welchen Erwartungen starten Ihre Mitgliedsbetriebe ins Jahr 2023?

Keckeis: Das derzeitige Stimmungsbild in der Baubranche ist gelinde gesagt schwer zu fassen. Einerseits liegt noch ein Auftragsvolumen vor, andererseits trüben sich die Prognosen auf Frühjahr/Sommer 2023 zunehmend ein. Hier gilt es, die weiteren wirtschaftlichen Entwicklungen und Rahmenbedingungen zu beobachten.

Wie greifen Sie den Bauunternehmen aktuell unter die Arme?

Keckeis: Gemeinsam mit der Sparte Gewerbe und Handwerk hat sich die Landesinnung Vorarlberg für Energieförderungen auf Landesebene eingesetzt, was nun fruchtet.

Welche Maßnahmen fordern Sie von der Landespolitik?

Keckeis: Energiekostenförderung, Energiekostenbremse, kein Zurückhalten bei öffentlichen Aufträgen bzw. Infrastrukturprojekten.

Michael Stvarnik, LIM Bau Steiermark

Michael Stvarnik, LIM Bau Steiermark
Michael Stvarnik, LIM Bau Steiermark

Mit welchen Erwartungen starten Ihre Mitgliedsbetriebe ins Jahr 2023?

Stvarnik: Das Folgejahr wirft nicht nur seine ­Schatten voraus, sondern es donnert und blitzt! Die Stimmung ist davon geprägt, dass vorhandene Aufträge durch den Arbeitskräftemangel und die exorbitanten Material- und Subunternehmerkosten schwer abzuarbeiten sind. Dazu kommen der enorme Zinsanstieg und verschärfte Eigenkapital­quoten im Wohnbau – alles in allem ein eher unerquickliches Umfeld für unsere Mitgliedsbetriebe.

Wie greifen Sie den Bauunternehmen aktuell unter die Arme?

Stvarnik: Wir sind dabei, betriebliche Energiechecklisten für unsere Unternehmen auszu­arbeiten. Dazu kommt natürlich der kontinuierliche Druck, den wir auf die Politik ausüben, damit die richtigen Maßnahmen gesetzt werden, also etwa den Einbruch mit Förderungen zu bremsen und die Höhe der Sätze für den geförderten Wohnbau vernünftig anzupassen.

Welche Maßnahmen fordern Sie von der Landespolitik?

Stvarnik: In den öffentlichen Bereich gehört verstärkt investiert – davon profitieren alle Beteiligten. Außerdem müssen Förderungen her, die Investitionsanreize bieten. Behördenverfahren bei eingereichten und zukünftigen Bauprojekten müssen auch rascher abgewickelt ­werden.

Norbert Hartl, LIM Bau Oberösterreich

Norbert Hartl, Landesinnung Bau OÖ
Norbert Hartl, LIM Bau Oberösterreich

Mit welchen Erwartungen starten Ihre Mitgliedsbetriebe ins Jahr 2023?

Hartl: Die derzeitigen Entwicklungen wie Teuerungen, zusätzliche CO2-Steuern, die hohen Energiepreise, steigende Nova, Kreditklemmen bei Privaten oder die sinkende Kaufkraft durch die Inflation sind nur einige der Probleme, die auf unsere Betriebe zukommen. Mit diesen Aus­sichten werden sich nächstes Jahr keine überzogenen Lohnerhöhungen ausgehen. All diese Entwicklungen führen zu massiver Arbeitslosigkeit im Bauhauptgewerbe, Insolvenzgefahr für viele Unternehmen, ex­tremen Anstieg bei den Energie­kosten, und der Baupreis lässt sich am Markt nicht durchsetzen.

Wie greifen Sie den Bauunternehmen aktuell unter die Arme?

Hartl: Potenziale gibt es in den Bereichen ­Bauforschung, ­Digitalisierung sowie in der Weiter­bildung, um die Bauwirtschaft für die bevorstehenden Herausforderungen zu stärken. Eine Lehrlings-Kampagne zur ­Gewinnung zukünftiger Fachkräfte wurde gestartet, auch werden umfassende Weiterbildungsprogramme angeboten, um potenzielle Quereinsteiger in der Baubranche anzusiedeln.

Welche Maßnahmen fordern Sie von der Landespolitik?

Hartl: Wir fordern ein Reduzieren der zusätzlichen Steuern wie CO2-Bepreisung und Nova. Das Klimaziel ist bei sachgerechtem Einsatz mit dem derzeitigen Steueraufkommen umsetzbar, dazu braucht es keine neuen Steuern. Die ­Arbeit muss sich wieder lohnen. Deshalb: Ein ­Reduzieren der Lohnnebenkosten und die Reduktion der Steuern auf Mehrleistung sowie Überstunden erhöhen die Wett­bewerbsfähigkeit.

Karl Glanznig, LIM-StV. Bau Kärnten

Karl Glanznig, LIM-StV. Bau Kärnten
Karl Glanznig, LIM-StV. Bau Kärnten

Mit welchen Erwartungen starten Ihre Mitgliedsbetriebe ins Jahr 2023?

Glanznig: Die Stimmung ist sehr verunsichert, sprunghafte Anstiege der Material- und Energiepreise beeinflussen die Planungssicherheit massiv. Das wirkt sich auch auf die Auftraggeber aus. Finanzierungen von Projekten, sowohl im privaten und gewerblichen Bereich als auch bei öffentlichen Auftrag­gebern, kommen oft nicht zustande, Aufträge werden storniert oder ver­schoben. ­Planer sprechen bereits von einem deutlichen Rückgang der Aufträge im ­ersten Quartal 2023, in der Ausführung sind die Mitgliedsbetriebe durch den Überhang gut ausgelastet.

Wie greifen Sie den Bauunternehmen aktuell unter die Arme?

Glanznig: Das Projekt "Bau packt an", um dem Facharbeitermangel entgegenzu­wirken und die Ausbildung der Arbeitnehmer zu verbessern. Die aktive Unter­stützung der Mitglieder bei Problemen mit Bauverträgen und Vergaben in ­Bezug auf Preisanpassungen sowie die Durchführung von Förderberatungen.

Welche Maßnahmen fordern Sie von der Landespolitik?

Glanznig: Durch die strengen Kreditrichtlinien ist eine Anpassung der Wohnbau­förderung unbedingt notwendig, um Finanzierungen für Wohnraum möglich zu machen. Außerdem kostet Nachhaltigkeit Geld. Die Finanzierung kann nicht ausschließlich durch den Konsumenten erfolgen, Landes- und Bundesförderungen müssen erweitert werden.

Mario Watz, LIM Bau Wien

Mario Watz ist seit Anfang 2021 Landesinnungsmeister Bau Wien.
Mario Watz, LIM Bau Wien

Mit welchen Erwartungen starten Ihre Mitgliedsbetriebe ins Jahr 2023?

Watz: Die Stimmung ist gut, aber angespannt. Befürchtet werden Einbrüche der Aufträge, hohe Energiekosten, ­weitere Lieferengpässe, fehlende Fach­arbeiter.

Wie greifen Sie den Bauunternehmen aktuell unter die Arme?

Watz: Neben der bisherigen Unterstützung für Ausbildungsbetriebe (in der Höhe von bis zu 5.000 Euro) wollen wir unsere Mitgliedsbetriebe bei der Stärkung von betriebswirtschaftlichen Kenn­zahlen begleiten, um so die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.

Welche Maßnahmen fordern Sie von der Landespolitik?

Watz: Die Wiener Bauordnung wird gerade novelliert. Als Landesinnung Bau Wien sind wir in diesem Prozess von Beginn an involviert. Wir sind daher positiv gestimmt, insbesondere was Verfahrens­innovation, -beschleunigung und -vereinfachung betrifft.

Peter Dertnig, LIM Bau Salzburg

Peter Dertnig, LIM Bau Salzburg
Peter Dertnig, LIM Bau Salzburg

Mit welchen Erwartungen starten Ihre Mitgliedsbetriebe ins Jahr 2023?

Dertnig: Die Stimmung bei den Betrieben ist gut. Die Auftragsbücher sind bis Herbst voll. Es besteht aber die Sorge, dass es durch die negativen Meldungen der Medien ab Herbst zu einer Eintrübung kommt. Prinzipiell ist man aber der Meinung, dass die Klimawende nur durch den Bau zu bewältigen ist. Ein Windrad braucht ein Fundament und eine Künette. Die Forderung, dass bis 2035 jedes Haus CO2 neutral ist, birgt viel Potential.

Wie greifen Sie den Bauunternehmen aktuell unter die Arme?

Dertnig: Im Zuge unserer Mitgliederbe­treuung informieren wir tagesaktuell über die Fördermöglichkeiten (Bundes- und Landesebene) und beraten dazu bei Nachfrage auch fallbezogen in persönlichen Gesprächen und Terminen. Verstärkte Anfragen hat es insbesondere zu den Tarifänderungen bzw. -erhöhungen im Energiebereich gegeben.

Welche Maßnahmen fordern Sie von der Landespolitik?

Dertnig: Die Landesregierung sollte so schnell wie möglich in die Infrastruktur investieren, in die erneuerbare Energie und in die Umsetzung der Forderung, dass bis 2016 jedes öffentliche Gebäude barrierefrei sein soll. Es sind Verfahren zu beschleunigen und die Parteienstellung von NGOs zu hinterfragen. Nachdem 2022 nicht die geplanten 700 geförderten Mietwohnungen errichtet wurden, sondern nur 178, ist die Förderung hinsichtlich der Kosten anzupassen. Wohnen muss leistbar sein. Es wird zu gut und aufwendig gebaut. Hier sind die Regeln anzupassen. Die Luftqualität muss nicht vor der Übergabe gemessen werden, wenn nachher mit Formaldehyd behandelte Möbel eingebaut werden.

Bernhard Breser, LIM Bau Burgenland

Bernhard Breser, LIM Bau Burgenland
Bernhard Breser, LIM Bau Burgenland

Mit welchen Erwartungen starten Ihre Mitgliedsbetriebe ins Jahr 2023?

Breser: Die Stimmung ist derzeit sehr durchwachsen, einerseits werden noch bestehende Aufträge abgearbeitet, andererseits ist auch das Burgenland von der verhaltenen Nachfrage gerade am privaten Bausektor betroffen, da die Kreditregelungen verschärft wurden. Neben der Nachfrage ist auch der Arbeitskräfte­mangel ein Problem.

Wie greifen Sie den Bauunternehmen aktuell unter die Arme?

Breser: Wir haben verstärkt in die Öffentlichkeitsarbeit investiert, denn schon bei der Planung werden die Weichen für den Ablauf und die Kosten eines Bauvorhabens gestellt. Die Baumeister sind die richtigen Ansprechpartner, wenn es darum geht, vorausschauend zu planen und Bau­projekte zu begleiten. Als Landesinnung Bau investieren wir in den Schulen und mit der Fachkräfteoffensive gemeinsam mit der Bauakademie und dem Wifi ­Burgenland in die Ausbildung.

Welche Maßnahmen fordern Sie von der Landespolitik?

Breser: Für die Zusammenarbeit mit der Landespolitik sehen wir Angelpunkte im Bereich der öffentlichen Aufträge sowie in der Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften.

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