Kommunikation

Sozial und medial unterwegs

Social Media
07.05.2024

Ganz egal, ob es darum geht, junge Menschen für den Tischlerberuf zu begeistern oder neue Kund*innenschichten anzusprechen: Soziale Medien sind heute ein wesentlicher Schlüssel in der Kommunikation.
sozial media: inhalte verbreiten

Facebook, Instagram, WhatsApp, Pinterest und Co.: Vor noch wenigen Jahren als Trend begonnen, haben sich Social Media-Plattformen mittlerweile zu wesentlichen Kommunikationsmöglichkeiten im Marketingmix entwickelt. Nur wenige Unternehmen verzichten auf den Auftritt auf Insta & Co – auch viele Handwerksbetriebe sind mit ihrem Produkt- und Dienstleistungsportfolio vertreten. Aber welche Plattform nützt man am besten, um potenzielle Lehrlinge anzusprechen? Wie lässt sich neue Kundschaft von Tischlertrends inspirieren? Und was braucht es, um als Handwerksbetrieb das Thema im eigenen Betrieb anzugehen?

Gelebter Markenkontakt

„Social Media-Plattformen sind gut geeignet, um kurze Inhalte über einen längeren Zeitraum zu transportieren“, erklärt Christoph Buchegger. Der Kreativdirektor der steirischen Agentur Mediadome weiß sehr gut, was für Handwerksberufe dabei wesentlich ist – schließlich sitzt die Fullservice-Agentur mit Fokus auf Branding und Markenführung im Holzbezirk Murau und begleitet seit vielen Jahren zahlreiche Tischlereibetriebe und Einrichter aus der Region. „Durch einen professionellen digitalen Auftritt auf unterschiedlichen Kanälen haben Kunden immer wieder Kontakt mit der Marke – wenn es um kontinuierliche Kommunikation geht, sind digitale Medien mitunter das Wichtigste.“ Auf der Suche nach neuen Mitarbeitenden – Stichwort Employer Branding – können Betriebe Social Media gut nutzen, um den Betrieb und die Markenwerte sichtbar zu machen. „Man muss Inhalte dort platzieren, wo die Menschen unterwegs sind – zielgerichtete Kommunikation wird durch digitale Kanäle zusätzlich gut messbar.“ Und auch, wenn der Jugendinternetmonitor 2024 zeigt, dass der Trend zur Nutzung etwas rückläufig ist, bleiben die Plattformen neben den klassischen Medien wichtige Tools im Marketingmix. Dabei gilt es gut darauf zu achten, welche Zielgruppe wo angesprochen wird: „Facebook funktioniert bei den Jungen gar nicht mehr, die Plattform ist mit einem Nutzerprofil von 45+ im Midlifealter angekommen“, so Buchegger weiter. „Dafür lässt es sich gut als digitaler Schauraum nutzen, um potenzielle Kunden anzusprechen. Zusätzlich bietet die ‚digitale Ausstellungsfläche‘ viel mehr Möglichkeit als ein eigener Schauraum.“
WhatsApp und Instagram seien nach wie vor die größten Player bei der jüngeren (und jungen) Generation und auch Tiktok eigne sich als Medium, wenngleich hier der Aufwand höher sei, professionell zu wachsen. „Wir bemerken, dass WhatsApp, Telegram und Co. immer mehr Bedeutung erlangen – über eigene Channels können junge Menschen gut erreicht werden.“

Unterstützung holen

Neben Planung, Kundenkontakt und Werkstatt ist es für viele Tischlereibetriebe eine Herausforderung, soziale Medien im Alltagsgeschäft als Kommunikations- und Marketingwerkzeug zu nutzen. „In erster Linie ist das Bewusstsein für das Thema wichtig.

Mit etwas Übung können auch Tischler*innen mit dem eigenen Smartphone Inhalte produzieren – wir arbeiten diese auf und platzieren sie zielgruppengerecht.

Christoph Buchegger, Agentur Mediadome

Christoph Buchegger, Agentur Mediadome
Christoph Buchegger, Agentur Mediadome

Und: Man muss die Dinge nicht alleine angehen“, so Buchegger. Der Kommunikationsprofi rät Betrieben dazu, sich Unterstützung zu holen, sofern im eigenen Betrieb die Kompetenzen dazu fehlen. Er selbst setzt in der Beratung seiner Kund*innen neben Full-Service-Paketen auch auf kollaborative Zusammenarbeit: „Mit etwas Übung kann auch ein Tischler mit dem eigenen Smartphone Inhalte produzieren – wir arbeiten diese Inhalte auf und platzieren sie zielgruppengerecht.“

Ins Tun kommen

Außerdem sei es wesentlich, früh an den passenden Marketingmix zu denken und nicht so lange zu warten, bis die Kundschaft oder der Nachwuchs fehlt: „Für uns bewahrheitet sich immer wieder folgender Grundsatz: Werben, so lange es dem Betrieb gut geht, damit es auch in Zukunft weiter gut geht. Uns ist bewusst, dass das im Alltag in der Werkstatt nicht immer einfach ist, aber Kontinuität bringt einfach die besten Ergebnisse.“ Betriebe können sich auch an die regionalen Vertreter der WKO wenden, um Fördermöglichkeiten auszuloten. Für Buchegger ist klar: Ins Tun kommen ist der wichtigste Schritt. „Ganz egal, ob man im eigenen Betrieb Zeit und Ressourcen dafür schafft oder eine Agentur mit ins Boot holt: Ohne Werbung geht es nicht.“

Enormes Potenzial

Eine, die für ihre eigene Generation sprechen kann, ist Katharina Petritsch. Die 28-Jährige ist seit September in der Meisterschule für Tischlereitechnik und Raumgestaltung in Graz und überzeugt, dass digitale Plattformen auf vielen Ebenen genützt werden können – auch, um den Beruf auf eine neue Ebene zu heben. „Aus meiner Sicht ist es wichtig, ein authentisches und realistisches Bild des Tischlerberufs zu kommunizieren“, so Petritsch. „Das traditionelle Handwerk ist sehr anspruchsvoll, die Tätigkeiten in der Tischlerei selbst haben sich gleichzeitig sehr verändert – der Umgang mit moderner Technik spielt dabei eine maßgebliche Rolle.“ Mit Inhalten zu Mitarbeiterführung, transparenten Infos zu Entlohnung und den gewachsenen Ansprüchen an den Beruf könnte die Lehrausbildung auf eine höhere Stufe klettern: „In diesem Beruf muss man wirklich viel draufhaben, mitdenken und kreativ sein – die Tischlerei-Ausbildung ist aus meiner Sicht genau so anspruchsvoll wie jeder andere Beruf. Genau das muss mehr ins rechte Licht gerückt werden – gerade in Zeiten, wo Künstliche Intelligenz viele Schlüsselstellen ersetzt, bleibt das Handwerk eine Kompetenz, die man eben nicht so leicht austauschen kann.“

Digitale Inspiration

Petritsch ist auch der Meinung, dass Social Media-Plattformen eine gute Möglichkeit sind, um Menschen zu erreichen, die mit dem Handwerk bisher wenig in Kontakt gekommen sind: „Dadurch kann man auch komplett branchenfremden Personen den Tischlerberuf schmackhaft machen.“

Wenige Betriebe veröffentlichen freie Stellen im Internet oder auf Plattformen, hier gibt es enorm viel Potenzial.

Katharina Petritsch, Tischlereitechnikerin

Katharina Petritsch, Tischlereitechnikerin
Katharina Petritsch, Tischlereitechnikerin

Mit klassischen Printmedien seien junge Menschen mittlerweile kaum mehr erreichbar. Infos zum Betrieb, die auf der Website oder Social Media-Kanälen sichtbar sind, kämen da sicher besser an. Außerdem wäre das eine gute Möglichkeit, auch mehr Frauen für den Beruf zu begeistern oder neue Mitarbeidende zu finden: „Wenige Betriebe veröffentlichen freie Stellen im Internet oder auf Plattformen, hier gibt es enorm viel Potenzial.“

Kreative plattform

Und auch in Sachen Förderung der Kreativität müsse man den sozialen Medien mehr Raum geben: „Alle meine Kolleg*innen in der Schule nutzen beispielsweise Pinterest, um sich neue Impulse zu holen und sich inspirieren zu lassen. Tischlereien könnten genau das nutzen, um ihre Inhalte zu platzieren“, ist Katharina Petritsch überzeugt.

Beziehung im Fokus

„Neben dem zielgruppenadäquaten Design ist die emotionale Ansprache mittlerweile ein wesentliches Kriterium, wenn es darum geht, junge Menschen zu erreichen“, so Bernhard Heinzlmaier vom Institut für Jugendkulturforschung. Und er muss es wissen: Schließlich hat das Institut mit Sitz im 9. Wiener Gemeindebezirk heuer bereits zum vierten Mal eine groß angelegte Lehrlingsstudie durchgeführt, die die wesentlichsten Veränderungen am Lehrlingsmarkt untersucht.

Die Ausbildenden sind in der Gewinnung junger ­Talente die entscheidenden Kommunikatoren.

Bernhard Heinzlmaier, Institut für Jugendkulturforschung

Bernhard Heinzlmaier, Institut für Jugendkulturforschung
Bernhard Heinzlmaier, Institut für Jugendkulturforschung

Der heurige Durchgang ist mit mehr als 800 Befragten der größte bisher und liefert damit repräsentative Ergebnisse, die ein deutliches Bild zeichnen. Vier Sparten wurden unter die Lupe genommen: Handel, Gewerbe & Handwerk, Industrie sowie Freizeit & Tourismus. „Prinzipiell lässt sich erkennen, dass die Kompetenz der Ausbildner für die Lehrlinge zum wichtigsten Kriterium bei der Wahl des Ausbildungsbetriebes geworden ist“, so Heinzlmaier. „Junge Menschen wollen nicht mehr nur als Arbeitskraft gesehen werden, sondern als ganzer Mensch. Damit wird der Ausbildner bei der Gewinnung junger Talente zum entscheidenden Kommunikator. Der Ausbildner gehört auf die Werbeplakate, nicht der Firmenchef.“ Snapchat habe sich im Lehrlingssegment zur wichtigen Plattform entwickelt, aber auch Instagram und Tiktok werden ebenfalls sehr stark genutzt.

Gelungene Bildsprache

Rein sprachlich rät auch Heinzlmaier zu Authentizität: „Es bringt überhaupt nichts, wenn sich ein 58jähriger Tischler auf Tiktok in Jugendsprache übt.“ Menschlichkeit, Beziehungs- und Sachkompetenz seien die Aspekte, die transportiert werden müssen – und das am besten über gekonnte Bildsprache. „Ganz egal, ob statisch oder bewegt: In Zeiten der permanenten Reizüberflutung ist es wichtig, die wesentliche Botschaft gleich zu Beginn eines Postings oder Videos zu übermitteln.“

Gute Stimmung

Was nach insgesamt vier Durchläufen der österreichweiten Lehrlingsstudie ebenfalls ins Auge springt, ist eine nicht unwesentliche Veränderung: „Es wird immer klarer, dass die Stimmung im Betrieb sowie die Beziehungsqualität Faktoren sind, die im Vergleich zum Verdienst deutlich mehr an Bedeutung gewonnen hat“, so Heinzlmaier. „Der jungen Generation muss man achtsam begegnen und traditionelle Werte wie Gemeinschaft und Verlässlichkeit kommunizieren – und auf Social Media ist genau das zielgruppengerecht möglich.“
Aber für den Jugendforscher ist auch klar: Nur über digitale Kanäle allein zu werben, reicht nicht. „Bei einem sehr online-lastigen Medienmix wird Plakatwerbung oft unterschätzt. Gerade in öffentlichen Verkehrsmitteln – dort, wo junge Menschen Inhalte sehen und wahrnehmen – können Betriebe gut Inhalte kommunizieren, auch auf regionaler Ebene.“

Durchblick im digitalen Dschungel

Welche Plattformen lassen sich am besten nutzen, um junge Menschen für den Tischlerberuf zu begeistern? Und wo erreicht man potenzielle Kund*innen?
•    Facebook, Instagram, Pinterest: Digitaler Schauraum & Kundengewinnung
•    WhatsApp, Signal, Telegram, Snapchat & Tiktok: Employer Branding & potenzielle Lehrlinge ansprechen

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