Marktübersicht

Bau-Drohnen: Das fliegende Auge

Drohnen
11.01.2021

 
Drohnen für die Inspektion oder das Aufmaß von Dächern, Fassaden und Gebäuden werden immer billiger und besser. Worauf sollte man beim Kauf und Einsatz achten? Wann sind Dienstleister*innen sinnvoller?
Professionelle Drohnen können Fassaden inspizieren, kontrollieren und Gebäude vermessen.

Mit einer Digital- oder Wärmebildkamera ausgestattet, können ferngesteuerte Flugdrohnen – auch Multicopter, Unmanned Aircraft Systems oder Unmanned Area Vehicles (UAS, UAV) genannt – Gebäudeschäden lokalisieren und dokumentieren, Energieverluste aufdecken, Dächer und Fassaden inspizieren oder aufmessen und vieles mehr. Vor allem Dachdecker*innen, Blechner*innen, aber auch Maler*innen, Stuckateur*innen, Fenster- und Fassadenbauer*innen oder Gerüstbauer*innen nutzen sie deshalb erfolgreich – entweder selbst oder über entsprechende Dienstleister*innen. Wann lohnt sich der Kauf eines Multicopters, was muss man bei der Auswahl beachten und wann sollte man lieber einen Drohnen-Dienstleister*in beauftragen?

Mit einer Drohne kann auf Baustellen der Baufortschritt dokumentiert werden.

Was können Bau-Drohnen?

Zu den Haupt-Einsatzgebieten zählen die Inspektion, Dokumentation und das Aufmaß. Mit kamerabestückten Drohnen können schwer zugängliche Gebäudebereiche wie Firste, Traufen, Ortgänge, Dachrinnen, Gauben, Schornsteine, Flachdächer oder Fassaden begutachtet und eventuelle Schäden fotografisch dokumentiert werden. So kann eingegrenzt werden, wo ein Gerüst für Reparaturarbeiten aufgebaut werden muss und welche Arbeiten auszuführen sind. Der an der Drohnenunterseite angebrachten hochauflösenden Kamera entgeht kein fehlender Dachziegel, keine defekte Blechverwahrung, kein Putzschaden an der Fassade. Details können im Live-Kamerabild oder nachträglich am Büro-PC so nah herangezoomt werden, dass selbst wenige Millimeter große Objekte erkennbar sind.

Wichtig für Inspektionen ist die Bildqualität der eingebauten oder nachrüstbaren, dreh- und schwenkbaren Kamera.

Auch für die energetische Inspektion eröffnen Drohnen neue Möglichkeiten. So gelingen mit einer an der Drohne befestigten Thermografiekamera auch Wärmebilder der oberen Stockwerke mehrgeschossiger Häuser, von Dächern oder Photovoltaik-Anlagen, die man aufgrund der ungünstigen Perspektive sonst nicht machen könnte. Für die Dokumentation des Baufortschritts lassen sich Drohnen ebenso einsetzen, wie für die Vorbereitung und Planung von Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen. Sind Art, Ausmaß und Umfang von Schäden bekannt, lassen sich notwendige Maßnahmen und -kosten besser einschätzen, Bauleistungen präziser anbieten und Gerüste gezielter stellen. Vermessungsarbeiten und Aufmaße sind ein weiteres Einsatzgebiet: Werden Luftbilder perspektivisch entzerrt oder fotogrammetrisch ausgewertet, entstehen maßstabsgerechte Lagepläne und zentimetergenaue Fassadenansichten oder Dachaufsichten, die man als Grundlage für weitere planerische oder handwerkliche Maßnahmen nutzen kann. Luftbildaufnahmen in Form von Fotos, Videos oder 360 Grad-Panoramen erweitern die Möglichkeiten in der Präsentation und Vermarktung von Immobilien, aber auch der Eigenvermarktung: Gebäude können aus einer attraktiveren Perspektive fotografiert oder gefilmt werden, als etwa von einer engen Straße aus. Vorher-/Nachher-Panoramabilder aus großer Höhe beeindrucken Kunden nachhaltig und steigern das Renommee. Werden an die Drohnenunterseite 3D-Laserscanner montiert, lassen sich aus den Scandaten auch 3D-Modelle, etwa für VR-Präsentationen oder die BIM-Planung generieren.

Mit einer an der Drohnenunterseite installierten Wärmebildkamera können von oben Wärmebrücken oder Wasserschäden lokalisiert werden.

Welche rechtlichen Vorgaben sind zu beachten?

Wer unbemannte, ferngelenkte und mit einer Kamera ausgestattete Fluggeräte privat oder gewerblich einsetzt, muss luftverkehrsrechtliche Vorgaben, Datenschutz- und Urheberrechte beachten. Die gesetzliche Grundlage für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge bildet seit 01. Jänner 2021 die EU Drohnenverordnung, die alle bisher geltenden nationalen Regeln vereinheitlicht. Danach müssen sich hierzulande praktisch alle Drohnenbetreiber*innen durch die Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt Austro Control unter der Webadresse www.dronespace.at registrieren lassen. Betreiber*innen erhalten eine Registrierungsnummer, die auf allen verwendeten Drohnen angebracht sein müssen. Die Registrierung kostet rund 30 Euro und ist drei Jahre gültig. Voraussetzung für den Betrieb aller Drohnen ist eine abgeschlossene gesetzeskonforme Drohnen-Haftpflichtversicherung. Gerätehersteller*innen sind ferner dazu verpflichtet, neu verkaufte Drohnen nach ihrer Gewichtsklasse zu kennzeichnen. Diese reicht von C0 für Drohnen unter 0,25 Kilogramm Startgewicht bis C4 mit vier bis 25 Kilogramm Startgewicht. Allerdings gibt es derzeit noch keine C-Klassen-Einstufung neuer Drohnen. Für Bestandsdrohnen ohne C-Kennzeichnung gilt eine Übergangsregelung bis 01. Jänner 2023. Wer, welche Drohne in welchen Bereichen mit welchem Befähigungsnachweis fliegen darf, entscheiden die neuen Risiko-Kategorien für Drohnenflüge „Open“, „Specific“ und „Certified“. Die Kategorie „Open“ dürfte auf die meisten gewerblichen Drohnen-Flüge zutreffen. Bei diesen Flügen sind stets ein direkter Sichtkontakt, eine maximal Flughöhe von 120 Metern über Grund vorgeschrieben und Flüge über Menschenansammlungen verboten. Weiter unterteilt ist die „Open“-Kategorie in die Unterkategorien A1 (Drohnenflüge „nah am Menschen“), A2 (mindestens 30 Meter Abstand) und A3 (mindestens 150 Meter Abstand). Handwerker*innen müssen Drohnen meist im städtischen oder dörflichen Umfeld – und damit in der Nähe von Menschen betreiben (Unterkategorie A1). Ein Überflug von unbeteiligten Personen ist nur mit C0-Drohnen (unter 250 Gramm) ohne besonderen Kompetenznachweis des Drohnenpiloten erlaubt. Ein EU-Kompetenznachweis (kleiner Drohnenführerschein) ist für alle verpflichtend, die mit Drohnen in der „Open“-Kategorie mit einem Gewicht ab 250 Gramm fliegen wollen. Für Flüge in der Nähe von Menschen (A2) mit Drohnen zwischen 0,9 und vier Kilogramm Startgewicht (C2, C3) ist zusätzlich ein EU Fernpiloten-Zeugnis (großer Drohnenführerschein) nötig. Alle höheren Gewichts- und Risikokategorien setzen besondere Nachweise voraus. Weitere Infos: www.dronespace.at und https://airandmore.at/drohnen-gesetz-oesterreich.

Selbst kleinste Details entgehen der hochauflösenden „fliegenden Kamera“ nicht.

Was ist sinnvoller: Drohne kaufen …?

Für den gewerblichen Einsatz geeignete Multicopter-Drohnen sind im Internet schon ab etwa 1.000 Euro zu haben. Das sind mit vier oder mehr Rotoren ausgestattete Fluggeräte, die ähnlich wie Hubschrauber mit den Rotoren den Auftrieb und durch deren Neigung zugleich den Vortrieb erzeugen. Neben der Rotorenanzahl (4, 6, 8 oder 12 Rotoren) unterscheiden sich Drohnen nach dem Gewicht, der Flugzeit und Reichweite der Drohnen-Fernsteuerung sowie der integrierten oder nachrüstbaren Kamera. Klappbare Drohnen haben Vorteile beim Transport und der Lagerung. Maximale Flugzeiten von 20 bis 30 Minuten reichen für normale Inspektionsflüge ebenso aus wie Reichweiten von zwei bis fünf Kilometern. Die Nutzlast spielt nur bei Profi-Drohnen eine Rolle, die hochwertige Kameras oder Messgeräte aufnehmen können. Für Inspektionsflüge im Handwerksbereich ganz wichtig ist die Foto-/Videoqualität der eingebauten oder nachrüstbaren Kamera. Sie hängt von mehreren Faktoren ab: vom Bildsensor, der Kameraoptik, aber auch vom Stabilisierungssystem der Drohne (Gimbal). Auch die Montageposition der Kamera ist wichtig: ist sie günstig angebracht und rundum schwenkbar, können beispielsweise Dachdecker*innen nicht nur aufs Dach, sondern auch unter Dachvorsprünge schauen. Gesteuert werden Drohnen über eine Funkfernsteuerung oder über Notebooks, Tablets und Smartphones. Aktuelle Modelle besitzen GPS-Module, worüber sich Drohnen selbst orientieren und dadurch auch Automatikfunktionen ermöglichen – etwa Rundumflüge um ein beliebiges Objekt, das Anfliegen zuvor definierter Wegpunkte oder die automatische Rückkehr, etwa wenn der Akku-Ladestand eine bestimmte Grenze unterschreitet. Zu den Anschaffungskosten zwischen 500 für Einsteiger*innen-Drohnen und 5.000 Euro und mehr für Profi-Drohnen kommen Ausbildungs- und Prüfungskosten hinzu sowie gegebenenfalls Kosten für eine Luftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Bei den Anbieter*innen dominiert DJI mit einem Anteil von etwa 75 Prozent den Markt für Drohnen. Nützliche Hinweise zum Kauf, das aktuelle Marktangebot sowie Testberichte bieten auch beispielsweise die Webseiten www.drohnen.de, www.drohnen-kaufen.com oder www.drohne-quadrocopter.de.

Zusammenklappbare Drohnen bieten Vorteile bei Transport und Lagerung.

… oder Dienstleister*innen beauftragen?

Wer Dienstleister*innen beauftragt, muss weder auf diese technischen Details noch auf Vorschriften achten. Für Genehmigungen, Anmeldungen, eventuelle Absperrungen, Sicherheitsvorkehrungen, Versicherungen, die Organisation und das notwendige Equipment ist gesorgt. Vor der Beauftragung sollte die Aufgabe detailliert besprochen und das Areal möglichst gemeinsam besichtigt werden. Erst danach kann konkret abgeschätzt werden, welche vorbereitenden Maßnahmen zu treffen sind. Dienstleister*innen kümmern sich im Vorfeld um alle Voraussetzungen des Multikopterfluges – von Genehmigungen durch Behörden über die Abstimmung mit Grundeigentümer*innen, bis hin zur Flugsicherung. Vor dem Start sollte die Flugroute unter Berücksichtigung der Vegetation, der Wetter- und Lichtbedingungen etc. festgelegt werden. Ist zusätzlich eine Gebäude- oder Geländevermessung vorgesehen, müssen zuvor zur maßstabsgerechten Orientierung der Flugaufnahmen Referenzmarken per GPS und Tachymeter eingemessen werden. Alternativ kann auch ein vorhandenes lokales Bezugssystem verwendet werden. Vor dem Flug werden die Bodenstation eingerichtet und alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen und Absperrungen getroffen. Der Flug selbst wird von erfahrenen Pilot*innen manuell oder per automatisiertem Rundum- oder Wegpunktflug durchgeführt. Anhand des Live-Kamerabilds und einer Vor-Ort-Vorauswertung können eventuell unzureichende oder fehlende Fotoaufnahmen nachgeholt werden. Ausgewertet und aufbereitet werden die Bild- und gegebenenfalls Messdaten anschließend im Büro. Ausgehändigt werden Foto- und Film-Dokumentationen, gegebenenfalls Orthogonalfotos, Aufmaßpläne, 3D-Modelle etc. Die Kosten für eine Dienstleistung lassen sich nicht pauschal beziffern, da sie vom individuell notwendigen Genehmigungs-, Absperrungs- und Sicherungsaufwand sowie dem Auswertungs- und Aufbereitungsaufwand abhängen. Eine Übersicht über aktuelle Preise finden Sie beispielsweise unter: www.drohnen-luftbildservice.de/preise.php

Spezialisierte Ingenieurdienstleister*innen können Fassaden auch präzise aufmessen und aus den Messdaten 2D-Pläne oder 3D CAD-Modelle generieren.

Fazit: Drohnen sind Expertensache!

Multicopter werden immer preiswerter und leistungsfähiger. Doch die Auswahl und Beschaffung des richtigen Equipments, die Datenauswertung und nicht zuletzt das Führen von Drohnen setzen Know-how und Erfahrung voraus. Auch den zeitlichen und finanziellen Aufwand für den Erwerb und die Verlängerung von Drohnenführerscheinen oder Genehmigungen sollte man nicht unterschätzen. Inzwischen gibt es zahlreiche professionelle Anbieter*innen, die Dienstleistungen mit Multicoptern anbieten. Entscheidend ist, was erwartet wird: Inspektionsflüge können alle, dagegen setzen Thermografie-Inspektionen, Dach- oder Fassadenaufmaße, CAD-Daten-, respektive 3D-Modellauswertungen Ingenieur*innenwissen voraus. Deshalb sollte darauf geachtet werden, alles aus einer Hand  zu bekommen.

Tabelle: Bau-Drohnen im Vergleich