Insolvenz des Arge-Partners – Rechtsfolgen und Ansprüche

Insolvenz
20.09.2013

 
Die Insolvenz eines namhaften österreichischen Bauunternehmens hat zahlreiche rechtliche Probleme aufgeworfen.

Insbesondere zur Frage der wechselseitigen Ansprüchen der Arge-Partner nach Ausscheiden der insolventen Gesellschaft aus den Bau-Arbeitsgemeinschaften (kurz Arge) divergieren die Ansichten der Beteiligten erheblich. 
Argen sind sogenannte Gesellschaften bürgerlichen Rechtes. Die Verhältnisse zwischen den Gesellschaftsmitgliedern richten sich nach dem einzelnen Vertrag, subsidiär kommen die Regelungen des ABGB (§§ 1175ff) zur Anwendung. Als vertragliche Grundlage wird in Österreich meistens der Muster-Arge-Vertrag der Vibö samt Geschäftsordnung aus dem Jahr 2008 vereinbart. Dabei handelt es sich um ein Vertragsmuster.

Intention eines Musters ist die Festlegung von Mindesterfordernissen für möglichst viele Verträge. Daher ist es aus rechtlicher Sicht jedenfalls ratsam, dieses Muster anhand des konkreten Bauvorhabens auf die Anwendbarkeit und die Praktikabilität der darin enthaltenen Bestimmungen zu überprüfen. Weiters weise ich darauf hin, dass dieses Muster mittlerweile fünf Jahre alt ist und wesentliche gesetzliche Neuerungen, wie etwa das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010, nicht berücksichtigt sind. 

Insolvenz des Partners

Der Vibö-Mustervertrag sieht in Punkt 18.3 vor, dass eine konkursverfangene Partnergesellschaft nach Eröffnung des Konkursverfahrens ohne Weiteres automatisch aus der Arge ausscheidet. Dazu bestimmt § 1210 ABGB analog, dass eine konkursverfallene Gesellschaft ausgeschlossen werden kann. Das Vermögen geht auf den bzw. die verbleibenden Arge-Partner über. Daher sind Forderungen des Masseverwalters, wie etwa auf Separierung der Arge-Konten, rechtlich nicht durchsetzbar.

Fraglich ist, ob auch dem Masseverwalter der konkursverfallenen Gesellschaft ein Austrittsrecht zukommt. Meines Erachtens steht ihm ein derartiges Recht nicht zu, da die insolvenzrechtlichen Sonderregelungen zur Auflösung mehrseitiger Verträge auf Basis der herrschenden Lehre und Rechtsprechung auf Gesellschaftsverträge wie einen Arge-Vertrag nicht anwendbar sind. 

Zum Monatsende des Tages der Konkurseröffnung ist eine sogenannte „Abschichtungsbilanz“ zu erstellen. In dieser ist anhand einer Gewinn- und Verlustrechnung darzustellen, welche Ansprüche dem ausscheidenden Arge-Partner zustehen. Bis zum Bilanzstichtag (Monatsletzten des Monats der Konkurseröffnung) nimmt die konkursverfallene Gesellschaft am Gewinn und Verlust des Bauvorhabens teil.

In dieser Bilanz sind entsprechende Rückstellungen für die zu erwartenden Verluste bzw. für Mehrkosten, die infolge des Ausfalls des Partnerunternehmens entstehen, zu bilden. Sollte sich dabei ein Gewinn errechnen, hat die Insolvenzmasse einen Anspruch auf Auszahlung; im Falle eines Verlustes haben die verbleibenden Partnerunternehmen die Forderung im Insolvenzverfahren anzumelden. 

Pflichten gehen auf Partner über

Charakteristisch für eine Bau-Arge ist, dass sie dem Auftraggeber gegenüber eine solidarische Leistungsverpflichtung eingeht. Das bedeutet, dass die Rechte und Pflichten aus dem Werkvertrag auf die verbleibenden Arge-Partner übergehen; sie schulden daher trotz des Ausfalls die Leistung laut Vertrag. 

Zu beachten ist, dass öffentliche Auftraggeber im Rahmen eines Vergabeverfahrens den Zuschlag nicht an eine Arge erteilen dürfen, bei der sich ein Partner in Insolvenz befindet. Sollte die Angebotsfrist noch offen sein, kann jedenfalls ein neues Angebot ohne die insolvente Gesellschaft abgegeben werden. 

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sowohl bei der Bildung einer Arge als auch im Fall der Insolvenz eines Partners rechtliche Beratung geboten ist. Wenn der Masseverwalter Forderungen an die verbliebenen Arge-Partner stellt, ist jedenfalls zu prüfen, ob die Forderungen durch den Arge-Vertrag und die gesetzlichen Bestimmungen gedeckt sind. Diese Forderungen sind nicht nur der Höhe nach, sondern auch dem Grunde nach rechtlich zu überprüfen; zu viel bezahlte Abschichtungsguthaben können nur als Insolvenzforderung angemeldet werden und werden nur in Höhe der Konkursquote befriedigt. 

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Bau