Vergaberecht

Novelle des Bundesvergabegesetzes: Kammer warnt vor Intransparenz

Die Kammer der Ziviltechniker*innen für Wien, Niederösterreich und Burgenland begrüßt die geplante Novellierung des Bundesvergabegesetz (BVergG) zur Verankerung ökologischer Vergabekriterien. Gleichzeitig warnt sie jedoch vor einer Anhebung der Schwellenwerte, die ihrer Ansicht nach Transparenz und Wettbewerb gefährden könnte.

Die Bundesregierung plant eine umfassende Überarbeitung des Bundesvergabegesetzes, die im März 2026 in Kraft treten soll. Der Entwurf, den das Justizministerium Mitte Oktober veröffentlicht hat, befindet sich derzeit im Begutachtungsverfahren. Die Kammer der Ziviltechniker:innen für Wien, Niederösterreich und Burgenland begrüßt zwar die stärkere Gewichtung ökologischer Kriterien, warnt aber zugleich vor Risiken für Transparenz und Wettbewerb.

Ökologische Kriterien im Fokus

Positiv bewertet die Kammer die geplanten Vorgaben zur verstärkten Berücksichtigung ökologischer Faktoren. Dazu zählen etwa Maßnahmen zur Reduktion der Flächeninanspruchnahme sowie die Einbindung von Lebenszykluskosten in die Bewertung öffentlicher Aufträge. Aus Sicht der Ziviltechniker:innen seien dies wichtige Schritte, um die öffentliche Beschaffung nachhaltiger auszurichten.
Kritisch sieht die Kammer hingegen die vorgesehene Erhöhung der Schwellenwerte im Baubereich, während jene für Dienst- und Lieferleistungen – inklusive Planungsleistungen – weitgehend unverändert bleiben sollen. Bernhard Sommer, Präsident der Ziviltechniker*innenkammer Wien, Niederösterreich, Burgenland, gibt zu bedenken, dass diese Ungleichbehandlung die bestehende Schieflage weiter verschärfen könnte.
Planungsleistungen müssten demnach teilweise bereits bei kleineren Bauprojekten EU-weit ausgeschrieben werden, während Bauleistungen aufgrund höherer Schwellenwerte häufig national vergeben werden könnten.

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Warnung vor Ungleichgewicht

Sommer warnt, dass dieses Ungleichgewicht dazu führen könne, Planungsleistungen nicht mehr separat zu vergeben, sondern verstärkt im Rahmen von Totalunternehmerverfahren zu bündeln. „Dieses Ungleichgewicht kann dazu führen, dass Planungsleistungen nicht mehr separat vergeben werden, sondern im Rahmen von Totalunternehmerverfahren mitvergeben werden. Wenn nun auch kleinere Projekte auf diese fragwürdige Weise vergeben werden, gehen sie nicht nur aus weniger Bewerber*innen hervor, sondern werden auch intransparent abgewickelt“, betont Sommer. Totalunternehmermodelle seien grundsätzlich kritisch zu sehen, da sie die Trennung von Planen und Bauen aufheben – ein zentrales Element für Transparenz und Qualitätssicherung. Aus Sicht der Kammer könnte die Novelle diesen Trend weiter verstärken.

Auswirkungen auf Direktvergaben

Durch die geplante Anhebung der Schwellenwerte könnte künftig verstärkt direkt vergeben werden. Der bisherige Paragraf 44 Abs. 3, der die Direktvergabe an bestimmte Bedingungen knüpft, würde dadurch an Bedeutung verlieren. Die Kammer warnt, dass dies einen verstärkten Preiswettbewerb auslösen und die Qualität geistiger Dienstleistungen beeinträchtigen könnte. Gerade komplexe Planungs- und Beratungsleistungen erforderten qualitative Kriterien, um im öffentlichen Interesse bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.

Appell an die Politik

Die Kammer der Ziviltechniker*innen für Wien, Niederösterreich und Burgenland fordert daher, die geplanten Schwellenwertanhebungen kritisch zu prüfen und von einer generellen Ausweitung abzusehen. „Wir setzen uns für transparente und wettbewerbsorientierte Vergabeverfahren ein. So kann sichergestellt werden, dass öffentliche Mittel wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt werden“, so Sommer weiter. Er warnt zudem vor negativen Signalen in einer Zeit, in der Österreich mit einem Vertrauensproblem im Bereich Transparenz und Korruption konfrontiert sei.