Verkaufen oder gefressen werden
Der deutsche SHK-Markt ist in Aufruhr. Die Konzentration im Großhandel nimmt eine neue Dimension an. Die Dominanz von Cordes & Graefe bereitet dem Wettbewerb immer größere Sorgen.

In Deutschland kämpfen vielleicht noch 100 ernstzunehmende SHK-Großhändler um die Gunst der Installateure. Jedenfalls wenn man die Mitgliederzahlen des Branchenverbands DG Haustechnik heranzieht. In Österreich ticken die Uhren anders. Höchstens eine Handvoll überregional aktive Betriebe teilen sich den Markt, wenn es um die Verteilung von Badewannen, Armaturen und Heizkörpern geht. In der Alpenrepublik ein normaler Zustand, der an Intensität jedoch merklich zugenommen hat. In Deutschland konnte man sich solche Strukturen bisher kaum vorstellen. Seit vergangenem Jahr ist dies anders. Einige aufsehenerregende Insolvenzen und Übernahmen innerhalb der Großhandelsszene haben die Marktakteure wachgerüttelt. Vor allem der Deal zwischen der GC-Gruppe und der Birk GmbH aus Baden-Württemberg schüren die Sorgen des Wettbewerbs und der Industrie.
Das Schlachtschiff GC rollt momentan auf Hochtouren. Irgendwie scheinen die Bremer die Gunst der Stunde nutzen zu wollen und schlucken alles an Firmenpotenzial, was sich ein wenig Speck um die Rippen angefressen hat. Nach der Bäderwelt von Praetner in Freising (Umsatz ca. zehn Millionen Euro) und Wielitsch in Klagenfurt (Umsatz knapp sieben Millionen Euro) schlug das Handelshaus Ende Jänner in Nürtingen zu. Der bisher größte Deal in jüngster Zeit aufseiten der Hanseaten. 77 Millionen Euro setzt Birk jährlich um. Das Unternehmen ist eine lokale, profitable Größe. Abgewickelt wurde das Geschäft mit der Übernahme von 51 Prozent durch das GC-Haus Gienger in Kornwestheim.
Den Betrieb rechtzeitig zu verkaufen ist keine seltene Gepflogenheit dieser Tage. Einen ähnlichen Schritt vollzogen in den vergangenen Monaten zwei weitere Großhändler mit kleinerer Größenordnung. Das Essener Unternehmen Otto Bechem & Co. KG ging mehrheitlich an die Elmer-Gruppe aus Bottrop, Gornig aus Salzwedel mit einem Umsatz von 40 Millionen Euro zu 40 Prozent an das hanseatische Handelshaus Peter Jensen.
All diese Firmenverkäufer suchen ihr Heil neuerdings in einer sicheren Zukunft mit einem starken Partner im Rücken. Jene, die sich zu spät entscheiden oder dringend notwendige Restrukturierungen verschlafen haben, werden durch die Marktmechanismen brutal zerrieben. Die Kuss GmbH (Umsatz 48 Millionen Euro) aus Altenkirchen, die Ludwig Theodor Meyer & Co. GmbH aus München (Umsatz ca. zwölf Millionen Euro) und jüngst die Oswald Kölling GmbH & Co. KG (Umsatz rund 20 Millionen Euro) zeichnen ein bitteres Bild der Marktverdrängung im deutschen Sanitär- und Heizungsmarkt. All diesen Betrieben oblag in ihrer Region das Attribut eines sogenannten Traditionsunternehmens mit zum Teil mehr als 100-jähriger Geschichte. Jetzt durchschreiten sie den schmerzhaften Weg durch die Insolvenz.
Sprudelnde Gewinne aus zurückliegenden Tagen hatten einst die Familien solcher Kleinbetriebe zu wohlhabenden Privatpersonen aufsteigen lassen. Mit Stolz und dem irreführenden Gefühl der Absicherung haben die oftmals patriarchisch agierenden Firmenchefs nicht nur den Zug der Zeit verpasst. Sie haben in einigen Fällen Veränderungen im eigenen Unternehmen verhindert oder verhindern diese noch heute.
Man kann nicht behaupten, dass Cordes & Graefe derzeit vieles besser macht als die Konkurrenz. Den Bremern unterlaufen mit Sicherheit weniger Fehler. Die Dominanz der Nordlichter entwickelt sich für die Branche besorgniserregend. Ist es nicht das GC-Konstrukt, schlägt die Zweitmarke G.U.T.-Gruppe aus Rastede zu. Bernd Reinke, der Chef des Kontors, will die Nummer zwei werden in der Bundesrepublik hinter GC. G.U.T. operiert bereits an über 80 Standorten und erwirtschaftet rund 500 Millionen Euro Umsatz.
Im Unterschied zu anderen marktbedeutenden Gruppen arbeitet die Bremer Cordes-&-Graefe-Zentrale mit randvollen Taschen. Die Offensive ist Chefsache. Das spürt selbst die kleinste Niederlassung. In Bayern und Baden-Württemberg hat die GC-Unternehmensführung noch offene Rechnungen. In Österreich würde das norddeutsche Kontor offensichtlich gern eine wichtigere Rolle spielen. Hier ticken die Uhren zwar anders, der Vertriebsweg aber ist identisch. Ideale Voraussetzungen für eine GC-Attacke.
Autor: Knut Maria Siebrasse