Fachkräfte

Personal fehlt – Geld auch: Bauwirtschaft steckt im Dilemma

Bau und Handwerk bremsen beim Personal: Drei von vier Bauunternehmen besetzen offene Stellen nicht mehr vollständig nach. Der Grund liegt nicht im Mangel an Bewerber*innen allein – sondern oft im Geld.

Die angespannte Lage auf dem österreichischen Arbeitsmarkt zeigt sich in  keiner Branche so deutlich wie in der Bauwirtschaft. Laut aktuellem Austrian Business Check des KSV1870 sehen sich 65 Prozent der Unternehmen in der Baubranche vom Fachkräftemangel betroffen. Damit gehört sie zu den am stärksten betroffenen Wirtschaftsbereichen, gleich hinter der Gastronomie und Beherbergung.

Noch gravierender ist jedoch ein anderer Befund der Umfrage: Drei Viertel der Betriebe im Baugewerbe verzichten aktuell auf eine vollständige Nachbesetzung offener Stellen. In vielen Fällen werden ausschließlich unbedingt notwendige Positionen neu besetzt – teils erfolgt gar keine Nachbesetzung. Die Gründe dafür sind vorwiegend finanzieller Natur: Die wirtschaftliche Unsicherheit, steigende Lohnkosten und sinkende Auftragsvolumina sorgen dafür, dass Personalaufbau kaum noch möglich ist.

Advertorial

Die Kostenexplosion der letzten Jahre hat die Betriebe stark belastet. Um weiterhin wirtschaftlich agieren zu können, sehen sich viele Unternehmen gezwungen, vor allem bei den Personalkosten zu sparen.
Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding

Diese Entwicklung betrifft nicht nur den Bau, sondern auch die Produktion und den Handel. Insgesamt gaben rund 69 Prozent aller befragten Unternehmen an, offene Stellen aktuell nicht vollständig nachzubesetzen. Gerade im handwerklich geprägten Mittelstand bedeutet das zusätzliche Belastung für die bestehenden Teams. Neben höherem Arbeitsdruck drohen auch Qualitätsverluste und eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit.

Zurückhaltung bei Personalplanung

Trotz des offensichtlichen Personalbedarfs planen nur 18 Prozent der Unternehmen, ihre Mitarbeiterzahl im laufenden Jahr zu erhöhen. In der Bauwirtschaft dürfte der Anteil noch niedriger ausfallen. Die Gründe dafür liegen in der weiterhin unklaren Auftragslage und einem strengen Kostenmanagement, das viele Unternehmen seit Jahren verfolgen.
Gleichzeitig zeigt sich ein leicht positiver Trend im Bereich Weiterbildung. Etwa ein Fünftel der Betriebe hat sein Fortbildungsangebot in den vergangenen fünf Jahren ausgebaut. Im Mittelpunkt stehen dabei fachliche Qualifikation, digitale Kompetenzen und – in geringerem Maß – auch persönliche Entwicklung. Für die Bauwirtschaft könnten hier mittelfristig neue Chancen entstehen, insbesondere im Hinblick auf Technologiewandel und Digitalisierung.
Die Personalnot am Bau ist somit nicht allein das Ergebnis leerer Bewerbungsmappen. Vielmehr fehlt in vielen Betrieben der finanzielle Spielraum, um auf den Bedarf zu reagieren. Solange sich daran nichts ändert, drohen weitere Engpässe – mit spürbaren Folgen für Bauprojekte, Kund*innen und Beschäftigte.

Im Rahmen des Austrian Business Checks befragt der KSV1870 zweimal pro Jahr Unternehmen in Österreich, wie es um ihre wirtschaftliche Situation bestellt ist. An der aktuellen Umfrage, die gemeinsam mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent durchgeführt wurde, haben im März 2025 rund 1.100 Unternehmen teilgenommen.

Redaktion Handwerk + Bau

Die Redaktion von Handwerk und Bau vereint erfahrene Journalist:innen und Expert:innen aus der Bau- und Handwerksbranche. Mit fundiertem Fachwissen und einem Gespür für aktuelle Trends informieren wir Sie über Neuheiten, innovative Technologien und bewährte Techniken. Unser Ziel ist es, Sie mit praxisnahen Tipps und tiefgehenden Analysen bei Ihren Projekten zu unterstützen.