Korrosion

Dem Wasserstoff trotzen

Materialwissenschaft
08.09.2021

 
Die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger stellt sehr hohe Anforderungen an die Sicherheitstechnik und Betriebsfestigkeit von Bauteilen.
Wasserstoffblasen
Wasserstoffversprödung vermindert die Lebensdauer von Bauteilen.

Bereits geringe Wasserstoff-Anteile können mit Umgebungsluft zu einer Versprödung von Werkstoffen führen. Damit steigen die Anforderungen an Bauteile, die korrosiven Umgebungsbedingungen, wie Wasserstoff, biogenen oder synthetischen Kraftstoffen, ausgesetzt sind.

Durch Untersuchungen unter Druckwasserstoff können am Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF relevante Schädigungsmechanismen identifiziert und Kennwerte zur Modellbildung und zur Ableitung von geeigneten Bemessungskonzepten für wasserstoff-beaufschlagte Bauteile ermittelt werden.

Auswirkungen von Korrosion

Korrosive Umgebungsmedien können zu einer starken Reduzierung der Schwingfestigkeit führen. Am Fraunhofer LBF wird das Werkstoffverhalten unter realitätsnahen Umgebungsbedingungen analysiert. Anhand der Untersuchungen werden die jeweilig wirksamen Schädigungsmechanismen und darüber hinaus auch das Werkstoffverhalten ermittelt, welche anschließend in Konzepte zur Berücksichtigung von schwingfestigkeitsmindernden Umgebungsbedingungen einfließen.

Untersuchungen unter Druckwasserstoff

Die Untersuchung des quasi-statischen und zyklischen Werkstoffverhaltens unter dem Medium Wasserstoff, erfolgt am Fraunhofer LBF seit mehreren Jahren mit speziellen Versuchseinrichtungen zur Durchführung von kraft- und dehnungsgeregelten Versuchen unter Druckwasserstoff mit Gasdrücken von 10 bis 50 bar. »Mithilfe unserer individuellen Analyse- und Versuchskonzepte lassen sich Werkstoffe und Bauteile für die Wasserstoffwirtschaft zuverlässig hinsichtlich ihrer Beanspruchbarkeit und Lebensdauer bewerten«, so Dr. Christoph Bleicher, Leiter der Gruppe Qualifizierung gegossener Komponenten im Fraunhofer LBF.

Beanspruchbarkeitsanalyse am Beispiel Edelstahl

In einem DFG-Forschungsprojekt wurde der Einfluss von Druckwasserstoff auf das zyklische Werkstoffverhalten des Edelstahls 1.4521 (X2CrMoTi18-2) untersucht. Dazu wurden dehnungsgeregelte Versuche unter 50 bar Druckwasserstoffbeaufschlagung durchgeführt. Der Vergleich der Versuchsergebnisse in Form einer Dehnungswöhlerlinie bei Versuchsdurchführung unter Luft zeigt im Vergleich zu den Ergebnissen unter Druckwasserstoff, dass der schwingfestigkeitsreduzierende Einfluss des Wasserstoffs insbesondere im Kurzzeitfestigkeitsbereich, bzw. bei großen Dehnungsamplituden εa,t, zum Tragen kommt. Der Vergleich der Lebensdauer für eine Totaldehnungsamplitude von εa,t = 0.8 % ergibt eine Reduktion der Anrissschwingspielzahl um den Faktor 20.

Die Auswertung der ermittelten Wechselverformungskurven verdeutlicht, dass das Versagen unter dem Medium Druckwasserstoff im Vergleich zum Versuch an Luft eher unvermittelt und ohne eine ausgeprägte Anrissphase auftritt. Ohne einen erkennbaren Einbruch der Spannung kommt es zum schlagartigen Versagen der Werkstoffprobe bei deutlich geringerer Lebensdauer. Diese Änderung der Materialeigenschaften, insbesondere die Erhöhung der Sprödigkeit, wird durch das Eindringen und die Einlagerung von Wasserstoff in dem Metallgitter verursacht, was als Wasserstoffversprödung bezeichnet wird. [gr]

Fraunhofer LBF

Mit rund 400 Mitarbeitenden und Kompetenzen auf den Gebieten Betriebsfestigkeit, Systemzuverlässigkeit, Schwingungstechnik und Polymertechnik bietet das Fraunhofer LBF Institut in Darmstadt Lösungen für wichtige Querschnittsthemen der Zukunft: Systemleichtbau, Funktionsintegration und cyberphysische maschinenbauliche Systeme. Im Fokus stehen dabei Lösungen für Herausforderungen wie Ressourceneffizienz und Emissionsreduktion sowie Future Mobility, wie die Elektromobilität und das autonome, vernetzte Fahren.
Auftraggeber kommen u.a. aus dem Automobil- und Nutzfahrzeugbau, dem Schiffbau, der Luftfahrt, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Energietechnik, der Elektrotechnik, der Medizintechnik sowie der chemischen Industrie.

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