Innung Inside: Klarstellungen des OIB

Metalltechnik
20.07.2020

 
Geländer. Das Österreichische Institut für Bautechnik (OIB) hat der Bundesinnung Metalltechnik ­strittige Fragen aus der Metallbaupraxis beantwortet.
Martin Steinhäufl, Vorsitzender des Arbeitsausschusses Normen und Zertifizierungen in der Bundesinnung Metalltechnik
Martin Steinhäufl, Vorsitzender des Arbeitsausschusses Normen und Zertifizierungen in der Bundesinnung Metalltechnik

Zeitgleich mit der Überarbeitung der OIB-Richtlinien, im Besonderen der OIB-Richtlinie 4 „Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit“, die alle vier Jahre stattfindet, wurde auch die ÖNORM B 5371 „Treppen, Geländer und Brüstungen bei Gebäuden und Außenanlagen – Grundlagen für Planung und Ausführung“ überarbeitet. Ziel war es, konträre Aussagen in beiden Regelwerken zu vermeiden und Rechtsicherheit für den Anwender zu schaffen.
Im Zuge dieser Angleichung und des Erscheinens der Überarbeitung der erläuternden Bemerkungen der OIB-Richtlinien 2019 sind einige Fragen entstanden, die bisher nicht ausreichend umfassend erklärt waren. Der Arbeitsausschuss Normen und Zertifizierung der Bundesinnung der Metalltechniker hat daraufhin Fragen ausgearbeitet und an das OIB versandt. 

Die konkreten Fragen zu OIB-Richtlinie 4/2019, Punkte 2.4.2/3.2.1/4.2.1:

Bei einer Wohnungstreppe (Wohnungs­treppe als Haupttreppe) sind eine Breite von 900 mm und eine Steigung von 200/240 mm erlaubt. Die Höhe der Absturzsicherung hat mindestens 900 mm zu betragen.

Frage 1: Ist eine Höhe von 900 mm bei einer waagerechten Weiterführung der Absturzsicherung z. B. bei einer Galerie ausreichend?

Frage 2: Ist eine Höhe der Absturzsicherung bei z. B. einer Galerie eines Luftraumes 1. OG zu EG in einer Wohnung,  die keine Verbindung zu einer Treppe hat, von min. 900 mm ausreichend?

Frage 3: Ist die Höhe einer Absturzsicherung eines Balkons einer Wohnung mit einer Absturzhöhe, die kleiner als zwölf Meter ist, von 900 mm ausreichend? Hätte eine solche „Wohnungsbalkon-Absturzsicherung“ nicht das gleiche Schutzziel/Niveau wie Wohnungstreppe-Absturzsicherung?
Bei einer Nebentreppe ist eine Breite von 600 mm und eine Steigung von 210/210 mm erlaubt, weit geringere Anforderungen als bei Wohnungstreppen. Aus dem Text der OIB-Richtlinie 4 geht nicht hervor, ob auch hier eine Höhe der Absturzsicherung von 900 mm (analog zur Wohnungstreppe) erlaubt ist.

Frage 4: Sind die Bestimmungen für Wohnungstreppen auch auf Nebentreppen anzuwenden, da diese in allen anderen Punkten die geringsten Anforderungen stellen. Gleiches Schutzziel/Niveau!

Frage 5: Ist eine außen liegende Treppe und ein anschließender, außen liegender Gang zu nicht mehr als drei Wohnungen (Motel -Bauweise) als Wohnungstreppe anzusehen?

Die Antworten von Herrn Dipl.-Ing. Hubert Meszaros, Referat Bauphysik OIB, im Auftrag des Sachverständigenbeirates für bautechnische Richtlinien (SVBRL 4):

„Zu Frage 1, 2, 3 und 4: Nein, die Ausnahme, dass eine Höhe der Absturzsicherung von 90 cm genügt, gilt ausschließlich bei Wohnungstreppen. Bei allen anderen Absturzsicherungen ist eine Höhe von mindestens 1,00 m oder 1,10 m gefordert (siehe Punkt 4.2.1 der OIB-Richtlinie 4, Ausgabe April 2019).“

„Zu Frage 5: Gemäß den OIB-Richtlinien Begriffsbestimmungen, Ausgabe April 2019 sind Wohnungstreppen, Haupttreppen in Wohnungen sowie von Gebäuden oder Gebäudeteilen mit nicht mehr als drei Wohnungen und in Reihenhäusern. Die Beurteilung, ob es sich in einem konkreten Fall um eine Wohnungstreppe handelt, obliegt jedoch ausschließlich der jeweils zuständigen Baubehörde.“

In der Praxis sieht man nicht selten Absturzsicherungen in diversen Ausführungen, bei Galerien, vor bodenlangen Fenstern (Französischer Balkon), Balkonen, Terrassen in Einfamilienhäusern oder bei waagrecht weitergeführten Treppenläufen, die aus Gründen der Ästhetik, Kostenersparnis oder anderen Beweggründen nicht den Mindestanforderungen der OIB-Richtlinie entsprechen.
Mit der eindeutigen Beantwortung der Fragen durch das OIB hat der Metalltechniker jetzt eine Argumentationshilfe zur Hand, um freidenkende Kunden/Planer von einer norm-gesetzeskonformen Ausführung zu überzeugen.

Der Autor Martin Steinhäufl, MSc, ist Vorsitzender des Arbeitsausschusses Normen und Zertifizierungen in der Bundesinnung Metalltechnik.

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