Blendende Aussichten
Sonnenschutzsysteme zählen längst zu den gestaltprägendsten Fassadenelementen der Architektur.
Nicht erst seit Corona und dem Siegeszug des Homeoffice stellt sich die Frage nach den Gestaltungsmöglichkeiten für eine behagliche Wohn- Lern- oder Arbeitsatmosphäre. Hierbei wird häufig der Fokus auf eine ausreichende Versorgung mit Tageslicht gelegt – gilt dies doch seit jeher als wesentlicher Garant für die geistige Produktivität. Durch großzügige Fensterflächen und Oberlichter gelangt jedoch nicht nur viel Licht ins Gebäudeinnere, sondern auch Wärmestrahlung, welche insbesondere im Sommer schnell zu Überhitzung führen kann. Daher wird dem Sonnenschutz und der Beschattung auch in unseren Breitengraten zunehmend eine bedeutende Rolle zuteil. Unter konstruktiven Gesichtspunkten ist die Wahl sowie die Lage der jeweiligen Sonnenschutzsysteme von zentraler Bedeutung, welche nur durch abwägen von relevanten bauphysikalischen, klimatischen und ökonomischen Faktoren getroffen werden kann. Ein komplexes Unterfangen, angesichts der schier endlosen Produktpaletten für Terrasse, Fenster und Fassaden. Wir bringen Licht ins Dunkel und geben Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Sonnenschutzsysteme, damit auch Sie das ideale Produkt für Ihr Bauvorhaben finden.
Ist ein konstruktiver Sonnenschutz aufgrund von äußeren Faktoren nicht möglich, wie dies zum Beispiel im urbanen Raum häufig der Fall ist, wird idealerweise auf den außenliegenden Sonnenschutz zurückgegriffen. Dazu zählen etwa die Fensterläden, Rollläden, außenliegenden Jalousien oder Rollos, Raffstores, Markisen sowie Sonnensegel. Die Anwendungsgebiete sind vielfältig, individuell anpassbar und sowohl manuell als auch elektrisch steuerbar. All jene Sonnenschutzsysteme bieten den Vorteil, dass das Objekt von außen abgeschirmt und somit einer Wärmeübertragung durch Konvektion nachhaltig vorgebeugt werden kann, kurzum: die Hitze bleibt draußen. Aus diesem Grund gilt der außenseitige Sonnenschutz als besonders effektiv. Er ist jedoch vergleichsweise teuer in der Anschaffung und Wartung, da aufgrund eines witterungsbedingten Verschleißes und einer erhöhten Verschmutzung größere Investitions- und Betriebskosten anfallen können.
Zu den neuesten Entwicklungen des modernen Sonnenschutzes zählen Innovationen wie beispielsweise elektro- und thermochrome Glase oder LC-Glas, welche je nach Anwendung entweder dem Sonnenschutz oder dem Sichtschutz dienen. Bei dem elektrochromen Glas handelt es sich um eine Scheibe mit einer dünnen Polymer-Beschichtung, welche sich durch das Anlegen einer elektrischen Spannung abdunkelt. Das thermochrome Glas funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip: Es wird meist als Verbundglas ausgeführt und verfügt über Beschichtungen mit entsprechenden Substanzen, welche die Lichtabsorption in Abhängigkeit von der Temperatur ändern. Im Gegensatz hierzu sind LC-Gläser aufgrund einer Art kristallinen Polymerschicht im Ruhezustand undurchsichtig. Unter dem Einfluss von elektrischen Impulsen ordnen sich die Flüssigkeitskristallmodule und das Glas wird transparent. Jene intelligenten Gläser bieten die Vorteile, dass sie sowohl zentral als auch individuell per App gesteuert werden können und zählen daher bereits heute zum Repertoire der modernen Smart-Home-Technologien.
Nicht nur der Klimawandel auch die zunehmende Urbanisierung machen neue Entwicklungs- und Anpassungsstrategien in der Gebäudetechnik erforderlich. Der Sonnenschutz ist dabei zu einem integrativen Bestandteil der sogenannten Low-Tech-Architektur geworden, welche unter anderem das Ziel verfolgt, natürliche Energiequellen effizient und ressourcenschonend zu nutzen. Daher werden innerhalb des interdisziplinären Planungsprozesses heuer nicht mehr nur gestalterische Entscheidungen getroffen, sondern gleichsam entscheidende Parameter in Bezug auf das energetische Verhalten eines jeden Gebäudes festgelegt. Unter Verwendung intelligenter Technologien, welche individuell oder unter Verwendung von automatisierten Systemen gesteuert werden können, wird der Sonnenschutz auch in Zukunft zu einem wichtigen Faktor für eine umweltgerechte Architektur. (dd)