Projektbericht

­Geothermie für Gemeinde und Industrie

Geothermie
10.04.2024

Das Forschungsprojekt Cascade entwickelt Konzepte für die geothermische Wärmeversorgung von zwei Gemeinden und zwei Industriebetrieben in Oberösterreich. Mit stufenweiser Wärmenutzung entstehen Synergien, um ganze Regionen mit lokaler, erneuerbarer Wärme zu versorgen.
Gmunden Luftbild

Um die Dekarbonisierung der Industrie anzugehen, wird Geothermie wegen ihrer vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten – Heizen, Kühlen, Stromerzeugung und Wärmespeicherung – eine entscheidende Rolle spielen. Im aktuellen NEFI-Projekt Cascade (NEFI steht für New Energy for Industry) wird das tiefe und oberflächennahe geothermische Potenzial in Steyr, Gmunden und St. Martin im Mühlkreis in den Bereichen Industrie, Gewerbe und Wohnbau mit der innovativen Methode der stufenweisen Wärmenutzung bis Ende 2025 untersucht. Projektstart war im Oktober 2022. Die Technik ermöglicht es, die erzeugte Wärmeenergie nicht nur einmal zu verwenden, sondern in aufeinanderfolgenden Stufen oder „Kaskaden“ für verschiedene Zwecke, von der Wärme für die Industrie bis hin zur Gebäudeheizung, mit abnehmender Temperatur einzusetzen. Dadurch ist eine bessere Gesamtnutzung der Wärme möglich und das senkt den Energieverbrauch.

Geothermische Ressourcen ausnutzen

Edith Haslinger, Projektleiterin für Cascade am AIT Austrian Institute of Technology: „Das NEFI-Projekt Cascade zeigt erstmals anhand von drei konkreten Anwendungsfällen in Oberösterreich das hohe Potenzial für eine lokale, dekarbonisierte Wärmeversorgung mit Geothermie auf. Mit der kaskadischen Wärmenutzung wird das volle Potenzial von geothermischen Ressourcen ausgeschöpft: von der Versorgung von Industriebetrieben mit Hochtemperaturwärme aus der tiefen Geothermie bis hin zur Weiterverwendung der Restwärme in Niedertemperatur-Wärme-/Kältenetzen für Wohnen und Gewerbe.“
Wolfgang Hribernik, Verbundleiter NEFI und Leiter des Center for Energy am AIT Austrian Institute of Technology: „Cascade ist von großer Bedeutung für den Standort Oberösterreich. Es stellt für Gemeinden und Betriebe die Weichen zur Nutzung geothermischer Ressourcen und schafft damit die Basis für die Unabhängigkeit von externen fossilen Energiequellen. Außerdem hat Geothermie als lokal verfügbare, nachhaltige Energiequelle das Potential erheblich zur Reduzierung der CO2-Emissionen beizutragen.“

Industrieller Einsatz in Molkerei

Der Verarbeitungsprozess von Milch in großen Molkereien benötigt viel Energie für die Erhitzung und Kühlung der Milchprodukte. In der Gmunder Molkerei entsteht für den Einsatz von Geothermie eine Win-Win-Situation für den Produktionsprozess als auch für die Wärmeversorgung der Stadt. Im Projekt Cascade wird der Einsatz von Geothermie für die Versorgung der Produktionsanlagen genutzt und kaskadisch nach Versorgung der Molkerei in das Gmundner Wärmenetz integriert. Stefan Krapf, Bürgermeister in Gmunden, ergänzt: „Mit vollem Engagement ist Gmunden Teil des Cascade -Projekts. Der aktuelle Wissenstand lässt bei uns in der Tiefe ein beachtliches Wärmepotential erwarten, das es zu nutzen gilt! Das Projekt Cascade soll dabei unterstützen, für die Gmundner Betriebe und Haushalte sowie für unsere öffentlichen Gebäude diese attraktive und klimafreundliche Wärmeversorgung auf den Weg zu bringen. Als Stadtgemeinde wollen wir die erneuerbare Wärmezukunft aktiv mitgestalten.“

Steyer

Geothermie für das Netz von Steyr

Die drittgrößte Stadt Oberösterreichs setzt ihren Fokus auf eine nachhaltige Wärmeversorgung. In Steyr liegt der Projektfokus auf die Integration von Geothermie in das Wärmenetz, wobei die spezielle Herausforderung in der Versorgung des historischen Gebäudebestandes besteht. „Als politisch Verantwortliche in der Stadt Steyr bin ich sehr froh über das Cascade -Projekt“, sagt Katrin Auer, Stadträtin der Stadt Steyr. „Eine Nutzung von Geothermie für Industrie und Fernwärme hätte gerade in einer Industriestadt wie Steyr extrem positive Effekte. Wir wollen bis 2040 klimaneutral sein. Geothermie kann ein wesentlicher Schlüssel dazu sein.“
Bierbrauen mit Erdwärme in St. Martin
Brauereien gehören zu den energieintensiven Zweigen der Lebensmittelbranche, die einen hohen Anteil an fossiler Energie nutzen. In der Brauerei Hofstetten in St. Martin im Mühlkreis stehen die Umstellung des Brauprozesses auf die Nutzung von Geothermie und weitere Energieeffizienzmaßnahmen im Fokus des Forschungsprojekts. „Das Thema Energieversorgung ist für einen kleinen, privat geführten Betrieb, wie die Brauerei Hofstetten, von zentraler Bedeutung. Wir haben 2016 ein neues, effizientes Sudhaus errichtet, das durch Wärmerückgewinnung 50 Priozent der Primärenergie einspart“, erklärt Eigentümer Peter Krammer. „Um noch effizienter und nachhaltiger zu werden, ist in den nächsten Jahren ein Umstieg auf klimafreundliche Prozesswärme geplant. Das Projekt Cascade zeigt uns dafür neue Möglichkeiten der nachhaltigen Energieversorgung durch Geothermie auf.“

Projektpartner

Das Cascade-Konsortium unter Leitung des AIT-Austrian Institute of Technology vereint Partner aus unterschiedlichen Bereichen wie Forschung, Gemeinden, Planung und Industrie: RED Drilling & Services, RAG Austria AG, Sirius-ES Handels GmbH, Stadt Steyr, Montanuniversität Leoben (Lehrstuhl für Energieverbundtechnik), Gmundner Molkerei GmbH, Energie AG, Brauerei Hofstetten Krammer GmbH & Co KG, Stadtgemeinde Gmunden. Das NEFI-Projekt wird aus den Mitteln des Klima- und Energiefonds im Rahmen der Vorzeigeregion Energie gefördert, dotiert aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK).

Branchen
Haustechnik