3D-Laserscannen & mehr

Die Vermessung der Welt

Vermessen
09.11.2023

Der technologische Fortschritt im Bereich der Vermessung ist beeindruckend. Wir haben uns bei den Herstellern nach den neuesten Trends umgehört und die wichtigsten Entwicklungen zusammengefasst.
RIEGL VZ-600i

Durch die aktuellen Entwicklungen, wie Building Information Modeling (BIM), ist die Digitalisierung aller Abläufe von der Planung bis zum späteren Gebäudemanagement gängige Praxis, vor allem bei Großprojekten. Die technischen Rahmenbedingungen des Laserscannings mit Messraten von bis zu 2,2 MHz ermöglichen die hochgenaue und detailgetreue Erfassung der Daten. Die Firma Riegl hat einen Laserscanner entwickelt, der diesen Anforderungen entspricht. Der RIEGL VZ-600i wiegt sechs Kilogramm, schafft 60 Scanpositionen pro Stunde, sechs Millimeter Auflösung, zehn Meter Distanz und 30 Millionen Messungen pro Scan. Die Onboard-Registrierung der Scandaten in Echtzeit funktioniert auch unter schwierigen Verhältnissen, zudem gibt es mit der aufgesetzten System- oder Panoramakamera verschiedene Kamera-Optionen.

So funktioniert der Laserscanner

Während der VZ-600i Scandaten erfasst, wandelt ein integrierter Prozessor die Punktwolke der aktuellen Scanposition in einen Voxel-Datensatz um. Der mehrstufige Registrierungsprozess nutzt die Fouriertransformation, um möglichst alle Scanpositionen hochpräzise im aktuellen Projekt auszurichten. Diese Registrierung funktioniert auch unter schwierigen Bedingungen: im Dunkeln, in Bereichen ohne GNSS-Empfang, in Umgebungen mit Vegetation oder mit sich bewegenden Objekten. Um Vorgaben diverser Datenschutzbestimmungen zu entsprechen, wurde erstmalig eine KI-unterstützte Gesichtserkennung implementiert. Noch bevor die Fotos der internen Kameras während der Scanbewegung abgespeichert werden, können Gesichter in den Fotos verpixelt werden.

Auswertung in Rekordzeit

Für die effiziente Integration des VZ-600i auf Roboterplattformen ist eine moderne ROS (Roboter Operating System) Schnittstelle verfügbar. Die „VZ-i Project Map“ App ermöglicht es, den Fortschritt der Datenaufnahme und Registrierung laufend am Mobiltelefon zu verfolgen. Auch die Auswertung der Punktwolken erfolgt in Rekordzeit. Mittels „One-Touch Prozessing Wizard“ in der Bearbeitungssoftware RiScan Pro können diverse Prozessschritte automatisiert auf Laptops ausgeführt werden. Ein automatisch erstellter PDF-Report gibt eine Übersicht über das gesamte Projekt und die erreichten Genauigkeiten.
Künstliche Intelligenz erkennt Schäden
StrucInspect – ein Joint-Venture von Palfinger, VCE und Angst Group – ist spezialisiert auf KI-unterstützte Datenverarbeitung zur Erkennung von Schäden an Infrastrukturbauwerken und hat sich dabei auf die Bauwerksklassen Brücke, Tunnel und Staumauer spezialisiert. Somit können beispielsweise Brücken schnell und ohne Verkehrseinschränkungen nachhaltig inspiziert werden. Durch die digitale Nachverfolgbarkeit von Schäden über Bildmaterial und dem 3D- Modell, kann der Lebenszyklus von Bauwerken verlängert werden.

KI erkennt Schäden am Bauwerk
KI erkennt Schäden am Bauwerk
Die photogrammetrische Verarbeitung ermöglicht eine genaue Verortung der Schäden.

StructIspect betreibt eine Cloud-basierte Plattform, den Infrastructure Lifecycle Hub. Darin können die aufgenommenen Daten verarbeitet und visualisiert werden. Die künstliche Intelligenz nimmt automatisiert die Erkennung von Schäden vor. Risse können beispielsweise ab einer Breite von 0,1 Millimetern erkannt werden. Die photogrammetrische Verarbeitung ermöglicht eine genaue Verortung der Schäden am 3D Modell.

Start-Up-Szene drängt auf den Markt

Hannes Wagner verfolgt als Geschäftsführer und Inhaber bei usb Laser und Vermessungstechnik seit 15 Jahren die neuesten Trends der Bauvermessung und merkt an: „In letzter Zeit können wir erkennen, dass die GNSS (GPS) – Technologie immer mehr an Bedeutung gewinnt.

EMLID GNSS/GPS Empfänger
EMLID GNSS/GPS Empfänger mit Neigungskompensation und Cloud-Diensten.

Dies liegt vor allem daran, dass diese Art Vermessungsaufgaben, wie zum Beispiel die Erstellung von Höhenmodellen von Grundstücken oder das Abstecken von digitalen Plänen in Natura, zu erledigen, sehr einfach in der Handhabung geworden ist und bereits Genauigkeiten im Bereich von einem Zentimeter zu erreichen sind.“
Neben klassischen Anbietern von GNSS/GPS Messgeräten wie etwa Leica Geosystems, die seit vielen Jahren bewährte Technologie liefern, drängen auch immer mehr Hersteller aus der Start-Up-Szene auf den Markt, die vor allem mit Low-Budget-Geräten interessante Lösungen liefern. So bietet beispielsweise EMLID GNSS/GPS Empfänger mit Neigungskompensation und Cloud-Diensten im Preissegment unter 3000,– Euro an.

Lidar-Scanner am Kamerabild des Smartphones
Durch einen integrierten Lidar-Scanner zeigt das Kamerabild des Smartphones exakte Bestandsvermessungen.

Die GNSS/GPS Technologie wird bereits mit Augmented-Reality Endgeräten, wie den neuen Apple iPhones mit integriertem Lidar-Scanner, einem Sensor, der mithilfe unsichtbarer Laserstrahlen 3D Informationen liefert, kombiniert. Hannes Wagner: „Dadurch ist es möglich, im Kamerabild des Smartphones exakte Bestandsvermessungen, zum Beispiel zur Dokumentation der Lage und Höhe von neu verlegten Glasfaserleitungen, durchzuführen.“

autonomer Absteckroboter HP Siteprint
Der autonome Absteckroboter HP Siteprint druckt komplette Baupläne millimetergenau auf die Geschossdecke.

Absteckroboter zeichnet Pläne

Auch bereits stark verbreitete Bauvermessungsgeräte erleben durch intelligentes Zubehör einen weiteren Effektivitätsgewinn. „Beeindruckt hat mich der auf der Intergeo in Berlin, der Vermessungstechnik Leitmesse, vorgestellte autonome Absteckroboter HP Siteprint“, berichtet Wagner, „gesteuert von einer motorisierten Totalstation wie der Leica Geosystems ICR80 druckt der Baustellenroboter vollautomatisch komplette Baupläne millimetergenau auf die Geschossdecke.“ Gegenüber herkömmlichen Methoden sollen Layouts 10 x schneller erfolgen. Dem Fachkräftemangel und dem Zeitdruck auf Baustellen soll diese neueste Methode der Bauvermessung bzw. der Planabsteckung entgegenwirken.

BLK2GO PULSE
Mit dem Smartphone gesteuert liefert der BLK2GO PULSE colorisierte 3D-Punktwolken.

Vermessungswesen geht in die Luft

Einen autonom fliegenden Laserscanner, der nun Außen- sowie Innenräume scannen kann, hat Leica Geosystems, Teil von Hexagon, mit einem Funktionsupgrade des Leica BLK2FLY entwickelt. Der BLK2FLY kann in Bereichen scannen, in denen kein GNSS verfügbar ist und kann damit auch in gefährlichen Innenbereichen, wie Kernkraftwerken, eingesetzt werden. Die verbesserte Leistung des autonomen Navigationssystems erhöht die räumliche Wahrnehmung des Sensors und ermöglicht eine Hindernisvermeidung in engeren Räumen. Die neue Fähigkeit beruht auf Weiterentwicklungen des visuellen SLAM-Systems sowie einer Reduktion des Kollisionsschutzes auf einen 1.5-Meter-Radius.

BLK2FLY fliegend in action
Der BLK2FLY kann in Bereichen scannen, in denen kein GNSS verfügbar ist.

„Der BLK2FLY definiert die Arbeitsabläufe zur Erfassung der Realität in verschiedenen Branchen neu, insbesondere in den Bereichen digitales Bauen, Bestandsdokumentation und -analyse sowie kritische Infrastruktur", sagt Pascal Strupler, Business Director Autonomous Reality Capture in Hexagons Geosystems-Division. „Vollständige 3D-Messdaten sind ein entscheidender Bestandteil dieser Arbeitsabläufe, und jetzt, da der BLK2FLY in der Lage ist, auch Innenräume zu scannen, können Anwendende vollständige, umfassende digitale Zwillinge von Gebäuden und Strukturen erstellen.“

3D-Punktwolken mit dem Smartphone

Eine weitere Innovation ist der Leica BLK2GO PULSE mit neuer LiDAR-Sensortechnologie, der speziell für den Einsatz in Innenräumen entwickelt wurde. Mit dem Smartphone gesteuert liefert der BLK2GO PULSE im Handumdrehen colorisierte 3D-Punktwolken.
Der BLK2GO PULSE wurde in Zusammenarbeit mit Sony Semiconductor Solutions Corporation (Sony) entwickelt. Der Scanner nimmt genau das auf, was der Nutzer sieht. Colorisierte 3D-Daten werden in Echtzeit auf das Smartphone übertragen. Ein am Scanner befestigtes Smartphone (iOS oder Android) dient der Steuerung und bietet Zugriff auf einen schlanken Komplettworkflow in der BLK Live-App. Für eine optimierte Datenerfassung führen In-App-Benachrichtigungen den Nutzer durch den Scan-Prozess.
Scans lassen sich einfach in Reality Cloud Studio hochladen. Mit Hexagons Cloud-Anwendung können Sie die Reality-Capture-Daten speichern, managen, visualisieren und teilen.
„Dank des schnellen Komplettworkflows, der den Scanner und die Smartphone-App zu einer Reality-Capture-Lösung verknüpft, profitieren die Anwender von einer einfachen und intuitiven Nutzeroberfläche und direktem Zugriff auf vollständige Daten,“ sagt Jürgen Mayer, Präsident Reality Capture von Hexagons Geosystems-Division.

Automatisierte Digital Reality in der Cloud

Die Neuerung „Reality Cloud Studio“, powered by HxDR (Hexagon Digital Reality) kombiniert Soft­ware-as-a-Service- (SaaS-) Anwendung und fortschrittliche Hexagon-Technologien mit einem hohen Automatisierungsgrad. Anwender*innen laden Reality-Capture-Daten einfach in die Cloud. Hier können die Daten automatisch verarbeitet, gespeichert und visualisiert werden, um fotorealistische digitale Zwillinge zu erstellen und um die Daten schnell und sicher mit anderen zu teilen. Die Funktionen der Saas-Anwendung ermöglichen eine schnelle Extraktion wichtiger Informationen aus den Reality-Capture-Daten und machen sie für alle Beteiligten in jeder Branche und jedem Gewerbe leicht zugänglich.

Reality Cloud Studio - und ein digitaler Gebäude-Zwilling
Mit Reality Cloud Studio kann jeder auf digitale Zwillinge zugreifen, sie selbst erstellen und ihre wichtigen Informationen teilen.

Der Zugriff auf Reality Cloud Studio ist von jedem Computer oder mobilen Gerät mit einem Webbrowser möglich. „Wir sind an einem Punkt in der Realitätserfassung angelangt, an dem ein einheitliches, skalierbares und vereinfachtes Digital-Reality-Erlebnis notwendig ist, um digitale Zwillinge und ihren Wert für jedermann zugänglich zu machen“, sagt Thomas Harring, Präsident des Geschäftsbereichs Geosystems von Hexagon. „Mit Reality Cloud Studio kann jeder auf digitale Zwillinge zugreifen, sie selbst erstellen und ihre wichtigen Informationen teilen, indem er nützliche Kommunikationswerkzeuge einsetzt, die Menschen und Daten in einem zentralen Raum für digitale Realität zusammenbringen.“

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