Lüftungstechnik

Fensterlüften reicht längst nicht aus

Lüftung
10.01.2023

Von: Redaktion Gebäudeinstallation
Lüftungsanlagen erlebten zuletzt einen regelrechten Boom. Die Coronapandemie sowie explodierende Energiekosten sorgen für ein stark wachsendes Bewusstsein der Konsument*innen beim Thema Wohnraumlüftung.
Lüftungstechnik

Drei Hochhaustürme, die jeweils mehr als 100 Meter in die Höhe ragen, mehr als 1.100 Wohnungen, dazu noch Supermarkt, Kindergarten, Café und Restaurant – der im Herbst 2021 fertiggestellte Gebäudekomplex Triiiple in Wien bietet eine Kombination von Wohnen, Arbeiten und Leben. Und stellt zugleich nicht gerade kleine Anforderungen an die Lüftungsanlage, um in den vielfältigen Räumen für frische Luft und ein angenehmes Raumklima zu sorgen. Zum Einsatz kommen dabei Anlagen von Trox Austria. "Das Projekt war in der Planung sehr umfangreich", erläutert Norbert Lex, Vertriebsleiter von Trox Österreich. "Dass wir trotz der Covid-19-Lockdowns alle Zeitpläne eingehalten haben, macht uns schon stolz."

In den Türmen wurden insgesamt mehr als 40 Lüftungsgeräte verbaut, zehn kombinierte "X-Cube" mit Luftmengen von 2.700 m3 bis 13.000 m3 pro Stunde und mehr als 30 Abluftgeräte mit einer Luftmenge von 900 m3 bis 5.700 m3 pro Stunde. Die Abluftgeräte der Wohnungen bestehen dabei jeweils aus einem Ventilator und einem Spezialfilter, der Gerüche und Schadstoffe entfernt.

Rolle der Wohnraumlüftung steigt

Das Hochhausbeispiel zeigt, welche Rolle kontrollierte Wohnraumlüftung heute im Wohnungsbau – besonders im Hochhaussegment – bereits spielt. Doch nicht nur hier kommen zunehmend mehr Systeme zum Einsatz. Die Coronapandemie hat in den Köpfen der Anwender zu einem Umdenken geführt und dem Thema neuen Antrieb verschafft, wie Jochen Sattelberger, Präsident des Branchenverbands Komfortlüftungssysteme Austria und Vertriebsleiter Österreich und CEE bei Pluggit, im Interview mit der GEBÄUDE INSTALLATION (siehe weiter unten im Text) betont. Den Konsument*innen sei bewusst geworden, "dass Lüften etwas Positives ist. Früher war das nicht so." Pluggit brachte mit "PluggEasy" jüngst eine Produktlinie auf den Markt, deren Fokus auf maximaler Flexibilität und unkomplizierten Anwendungen liegt. Durch den großen Einsatzbereich von 80 m3/h bis 380 m³/h Nennluftvolumina seien die Wand- und Deckengräte laut dem Hersteller in nahezu jeder Wohnung und in jedem Haus einsetzbar. Der modulare Aufbau des Systems ermögliche leichte Nachrüstungen, Filter könnten zudem zeitsparend und ohne zusätzliches Werkzeug über eine seitliche Abdecklasche gewechselt werden. Darüber hinaus würden sich an allen Luftseiten Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren befinden, wodurch bessere Daten zur Gerätesteuerung geliefert würden.

Die Rede ist immer davon, Heizenergie möglichst ­klimaschonend zu erzeugen.Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung helfen wirkungsvoll, die Umweltziele zu erreichen.

RAINHARD GANSTER, HOVAL

Positive Auswirkungen der Coronapandemie

Auch Vaillant sieht ein steigendes Bewusstsein der Konsument*innen. Aufgrund der seit bald zwei Jahren herrschenden Pandemie und des daraus resultierenden Homeoffice sowie Homeschooling sei das Zuhause für die Menschen wichtiger denn je geworden. Dies habe aber auch zur Folge, dass die eigenen vier Wände mehr geschätzt würden und Nutzer*innen unter anderem über Komfortverbesserungen nachdenken würden. Die gesamte Haustechnikbranche spüre dementsprechend ein verstärktes Interesse in puncto Sanierung und Modernisierung, ein wesentlicher Teil davon sei dabei das Thema "Luftqualität verbessern".

Vaillant

Dafür biete Vaillant sowohl für den Neubau als auch für die Sanierung unterschiedliche und jeweils passende Lösungen an. Zum Beispiel könnten bei den Klimagerät-Innenteilen spezielle Silberionenfilter nachgerüstet werden, welche antibakteriell auf die Raumluft wirken und dadurch noch mehr Wohlfühlklima schaffen. Im Neubau werde besonders die zentrale Wohnraumlüftung und der damit sichergestellte permanente Luftaustausch öfter nachgefragt. Vaillant stelle Fachpartner*innen daher ein umfassendes Dienstleistungsangebot sowie ein breites Sortiment an Systemlösungen zur Verfügung.

Je länger sich Menschen in Innenräumen aufhalten, desto stärker merken sie, wie wichtig ein ausreichender Austausch des Luftvolumens und ein angenehmes Raumklima ist. Dieses wird allerdings nicht nur von der Raumtemperatur beeinflusst, auch die Luftfeuchtigkeit spielt eine wichtige Rolle. In der Heizsaison ist es dementsprechend oft schwierig, im optimalen Bereich der Luftfeuchtigkeit zu bleiben. Aber auch im Sommer kann dies zur Herausforderung werden. Ist es im Winter oft zu trocken, ist in den Sommermonaten eher das Gegenteil der Fall.

Gebäude so dicht wie noch nie

Hoval

"Die Coronavirus-Pandemie hat zu einer deutlich höheren Nachfrage nach Wohnraumlüftungen geführt – wir rechnen, dass sich dieser Trend über die Pandemie hinaus fortsetzen wird", sieht auch Rainhard Ganster, Produktmarktmanager Lüftungen bei Hoval, ein gestiegenes Bewusstsein der Konsument*innen. Das Unternehmen hat mit dem "Homevent ER" jüngst ein Lüftungsgerät herausgebracht, das durch vollautomatischen Luftaustausch für dauerhaft frische, sauerstoffreiche Luft und ein Luftfeuchtigkeitsniveau, das die Gesundheit positiv beeinflusst, sorgen soll.

Menschen in Industrieländern würden den Großteil ihres Lebens in Innenräumen verbringen, wie Ganster betont. Hinzu komme, dass Immobilien heutzutage "so dicht wie nie zuvor" gebaut würden, was den natürlichen Luftaustausch nahezu verhindere. Zudem komme, dass klassisches Fensterlüften für ein gesundes Raumklima längst nicht mehr ausreichend sei. "Bei der Weiterentwicklung unserer Lüftungsfamilie Homevent stand aber nicht nur die Luftqualität in Innenräumen im Fokus", erläutert Ganster. "Vielmehr ist es unser erklärtes Ziel, auch den Aufwand für die Montage deutlich zu reduzieren. Das Fachhandwerk in Österreich hat alle Hände voll zu tun – mit dem neuen Lüftungssystem 'Homevent ER' helfen wir unseren Installationspartner*innen, wertvolle Zeit zu sparen." Auf Wunsch unterstütze Hoval Partnerbetriebe auch bei der Auslegung und Planung.

Das System umfasse dabei nicht nur das Lüftungsgerät, sondern auch alle nötigen Komponenten wie Rohre, Luftdurchlässe oder Designgitter. "'Homevent ER' wird direkt an das eigens entwickelte 'IsiSystem' aus EPP-Rohren angeschlossen. Der aufwendige Arbeitsprozess des Isolierens entfällt damit." Die Gerätefamilie sei in drei Typen bis 400 m³/h erhältlich. Durch eine kompakte Bauweise seien die Geräte variabel einbaubar – egal ob stehend, liegend oder hängend.

"Das Interesse der Menschen an der Luftqualität hat in den letzten beiden Jahren signifikant zugenommen, denn der Abtransport von virenbeladenen Aerosolen gelingt am besten mithilfe moderner Lüftungsanlagen", betont Ganster. "Was über Pandemiezeiten hinaus als Argument bestehen bleibt, ist, dass frische, sauerstoffreiche Luft die Lebensqualität und das Wohlbefinden deutlich erhöht."

Joachim Schöffl

"Neben der Coronapandemie ist aktuell ein dominierendes Thema der Ausstieg aus fossilen Energieträgern", verweist indes Joachim Schöffl, Projektleitung Komfortwohnraumlüftung bei Poloplast, auf die aktuelle Entwicklung. Ein Punkt, den auch Sattelberger unterstreicht: "Vor ein paar Monaten waren die Energiepreise noch kein wirklich relevanter Punkt für Konsu­ment*innen, es war recht überschaubar, welche Einsparungen bei den damaligen Energiekosten erzielt werden konnten." Mittlerweile seien die Energiekosten des verwendeten Heizsystems aber explodiert, "das ist für die Konsument*innen eine wesentliche, zusätzliche Belastung".

Dementsprechend, betont Schöffl, würden sich viele Bauherr*innen "bei ihrem Installateur um ein Angebot für eine moderne Heizungsanlage ohne fossile Energie sowie nach Möglichkeiten zur eigenen Stromerzeugung und Speicherung" bemühen. "Auch dem Thema Luftqualität wurde durch die Pandemie eine etwas größere Aufmerksamkeit geschenkt. Eine Wohnraumlüftungsanlage trägt jedoch nicht nur zur Verbesserung der Raumluftqualität bei, sondern senkt auch wesentlich den Energiebedarf des Gebäudes", meint Schöffl. Neben der Versorgung mit "dem wichtigsten Lebensmittel Luft" spare die Wärme- beziehungsweise Feuchterückgewinnung von Lüftungsgeräten "mindestens fünfmal mehr Energie, als Strom für den Antrieb der Ventilatoren benötigt wird".

Dennoch stehe die Wohnraumlüftung "aktuell nicht im Fokus als Möglichkeit zur Energieeinsparung". Und dies, obwohl "die Effizienz einer Wohnraumlüftungsanlage deutlich über der Effizienz einer Wärmepumpe" liege. Obwohl die Wohnraumlüftung einen echten Beitrag zur Dekarbonisierung leiste, würden neue Wohngebäude verstärkt ohne Wohnraumlüftungsanlagen ausgeführt.

Die Förderung als psychologischer Motor

Ein Grund dafür liege in der aktuell gültigen Energieausweisberechnung, da lediglich die Gebäudehülle betrachtet werde, und die Wohnraumlüftung keinen direkten Einfluss auf den HWBRef,RK habe. Dies bedeute, dass Gebäude mit Fensterlüftung berechnet würden, auch wenn eine Wohnraumlüftung vorhanden sei. "Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung hilft daher nur beim Nachweis der Mindestanforderung über den Gesamtenergieeffizienzfaktor fGEE, wobei die Förderkriterien für ein Standardhaus bei nachhaltigen Heizungssystemen in den meisten Bundesländern auch ohne Wohnraumlüftung erreicht werden und somit häufig auf den Einbau verzichtet wird. Diese Art der Energieausweisberechnung ist in Europa einzigartig", erläutert Schöffl.

"Die Diskussionen um den Green Deal laufen leider sehr einseitig ab. Die Rede ist immer davon, Heizenergie möglichst klimaschonend zu erzeugen – wir vergessen dabei aber darauf, bereits vorhandene Energie sinnvoll zu nutzen und zurückzugewinnen. Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung helfen wirkungsvoll, die Umweltziele zu erreichen", ergänzt Hoval-Manager Ganster. In manchen Bundesländern wie beispielsweise Tirol oder Kärnten gebe es Direktförderungen für Wohnraumlüftungsanlagen. Dort sei, unterstreicht Schöffl, auch die Nachfrage deutlich höher. "Andere Bundesländer wie Oberösterreich verbieten durch den Standardausstattungskatalog den Einbau von zentralen oder wohnungsweisen Wohnraumlüftungsgeräten für geförderte mehrgeschoßige Wohngebäude." Ähnliche Erfahrungen haben auch Ganster und Sattelberger bereits gemacht. Es sei "ein psychologischer Motor", etwas gefördert zu bekommen, "quasi eine Starthilfe", erklärt Sattelberger. "Wenn die Förderung wegfällt, dann passiert dort einfach weniger in diese Richtung."

"Lüftungsanlagen sind in puncto Förderungen leider zu Stiefkindern geworden", meint wiederum Ganster. "Auch hier sollte der Staat in der Klimadiskussion ansetzen, denn neben der positiven Auswirkung auf die Luftqualität tragen Anlagen mit Wärmerückgewinnung wirkungsvoll zum Green Deal bei. Im Schnitt investieren Hauseigentümer*innen etwa zwei Prozent der Bausumme, wenn sie sich für eine Wohnraumlüftung entscheiden – damit einher geht aber nicht nur eine erhöhte Lebensqualität, sondern auch eine Steigerung des Immobilienwerts. Dieser Aspekt wird gern vergessen."

Inbetriebnahme im Handumdrehen

Auch Viessmann setzt auf Energieeffizienz, das jüngst herausgebrachte Lüftungssystem "Vito­air FS" soll für frische, saubere und weitgehend keimfreie Raumluft sorgen und dabei bis zu 80 Prozent der Wärme aus der Abluft zurückgewinnen. Davon würden sowohl Gesundheit und Geldbeutel der Bewohner*innen als auch die Bausubstanz profitieren, verspricht das Unternehmen. Zudem könne das kompakte Wohnungslüftungssystem einfach und flexibel installiert werden. Da das System mit der Viessmann-Lösung "One Base" kompatibel sei, könnten Inbetriebnahme, Wartung, Service und Monitoring von Energiesystemen deutlich einfacher und schneller erledigt werden.

Ähnlich wie ein zusammenhängendes Ökosystem in der Natur verbinde One Base Produkte und Systeme nahtlos mit den digitalen Services wie beispielsweise der Vicare-App zur Gerätebedienung und das Servicetool Viguide. So könnte Vitoair FS beispielsweise problemlos mit einer Vitocal-Wärmepumpe kombiniert werden. Mit einer Bauhöhe von 245 Millimetern und einem Luftvolumenstrom von bis zu 300 m³/h sei das Lüftungssystem laut dem Anbieter "das flachste und kompakteste Gerät seiner Klasse". Es eigne sich daher besonders für den Einbau in Einfamilienhäusern und Etagenwohnungen. Mittels eines standardmäßig integrierten Enthalpie-Wärmetauschers werde überdies kein Kondensatablauf benötigt. Dies ermögliche vielfältige Montagemöglichkeiten und eine flexible Installation – wahlweise in einer abgehängten Decke oder an der Wand in einem Hauswirtschaftsraum. Die Lüftungskanäle könnten zudem sowohl rechts als auch links angeschlossen werden.

Ein "Click and Go" genanntes Luftverteilsystem für zentrale Wohnungslüftungssysteme soll wiederum das Verlegen der Rohrleitungen besonders leicht machen. Die Formstücke hätten antibakteriell wirkende Innenwände und seien mit einer integrierten Dichtung ausgestattet – das sonst aufwendige Montieren einer Dichtung entfalle dadurch. Ein Fixierbügel aus rostfreiem Federstahl an den Formstücken gewährleiste einen sicheren Halt der Verbindungsstelle zwischen Formstück und Kanal. Separate Kleinteile wie Dichtungen und Befestigungsmaterial seien nicht notwendig.

Der Enthalpie-Wärmetauscher gewinne durch eine spezielle Polymermembrane im Winter nicht nur Wärme, sondern auch Feuchtigkeit aus der Abluft zurück. Er sorge so für eine stets komfortable Qualität der Raumluft und trage zum Wohlbefinden bei. Die in der Abluft enthaltenen Wasserdampfmoleküle würden durch die Membran diffundieren und auf der Zuluftseite von der einströmenden Außenluft aufgenommen. Somit könne im Winter zu trockene Raumluft verhindert werden. Im Sommer werde die Feuchtigkeit in der Außenluft direkt wieder abgegeben, was sich positiv auf die Behaglichkeit auswirken soll. Da die Polymermembrane zudem auch die Übertragung von Viren, Schimmel und Bakterien verhindere, sei Vitoair FS eine hygienisch einwandfreie Lösung für ein optimales Raumklima, betont der Anbieter.

"Es geht darum, welcher Gegenwert den Kosten gegenübersteht"

Jochen Sattelberger

Systeme zur kontrollierten Wohnraumlüftung erleben durch Corona und explodierende Energiekosten aktuell viel Auftrieb. Im Gespräch mit der GEBÄUDE INSTALLATION erklärt Jochen Sattelberger, Präsident des Verbands Komfortlüftungssysteme Austria und Vertriebsleiter Österreich und CEE bei Pluggit, warum Förderungen ein psychologischer Motor für Kaufentscheidungen sein können und mit welchen weiteren Argumenten sich unschlüssige Konsument*innen überzeugen lassen.

Worauf kommt es bei Systemen zur kontrollierten Wohnraumlüftung an?

Jochen Sattelberger: Wenn es um Wohnraumlüftung geht, wird in der Regel von zwei bis drei wichtigen Zielen gesprochen. Allem voran steht der Komfortgewinn, das ist ein wesentlicher Faktor, den vor allem auch Endkund*innen sehen. Konsument*innen bekommen also nicht nur Funktionalität, sondern gewinnen vor allem auch an Komfort. Das beginnt beim Lärmschutz und geht über die thermische Behaglichkeit, Allergieschutz, teilweise Geruchsschutz, Feinstaubschutz weiter. Das sind alles Funktionen, die Nutzer*innen heute erwarten und die eher in die Komfortrichtung gehen. Es sind viele Vorteile, die aber auch entsprechend argumentiert werden müssen, da das System der Wohnraumlüftung heute immer noch nichts Alltägliches ist. Das zweite wichtige Ziel ist die Energieeinsparung durch ein Komfortlüftungssystem. Dieser Punkt hat in den letzten Wochen und Monaten gewaltig an Bedeutung gewonnen. Vor ein paar Monaten waren die Energiepreise noch kein wirklich relevanter Punkt für Konsument*innen, es war recht überschaubar, welche Einsparungen bei den damaligen Energiekosten erzielt werden konnten. Mittlerweile sind die Energiekosten des verwendeten Heizsystems – egal ob Strom- oder Gas – explodiert, das ist für die Konsument*innen eine wesentliche, zusätzliche Belastung. Dadurch gewinnt natürlich die Wiederverwendung bereits erzeugter Energie – und nichts anderes macht eine Lüftungsanlage – enorm an Bedeutung. Wenn man sich heute moderne Gebäude ansieht, wo die meiste Energie verlorengeht, stellt man fest: Die Energie geht nicht durch die Gebäudehülle verloren, sondern durch das – notwendige – Lüften. Wenn ich im Winter lüfte, bekomme ich eiskalte Luft in den Raum und muss erneut Energie investieren, um diese zu erwärmen. Das Gleiche gilt im Sommer, da beim Lüften warme Luft in den Raum kommt und wieder Energie investiert werden muss, um diese zu kühlen.

Durch die Coronapandemie ist das Bewusstsein der Konsument*innen für Lüftung deutlich gestiegen. Hat dies auch zu einem Aufwind für die Branche geführt?

Ob es zu mehr tatsächlichen Käufen geführt hat, ist schwer zu sagen. Was aber auf jeden Fall einen Auftrieb erlebt hat, ist das Interesse am Thema.
Es ist spürbar, dass den Leuten bewusst geworden ist, dass Lüften etwas Positives ist. Früher war das nicht so. Ich will nicht sagen, das Thema ist "salonfähig" geworden, aber es geht jetzt in die richtige Richtung.   

Welche Herausforderungen gibt es bei der ­Installation eines Lüftungssystems?

Im Neubau gibt es eigentlich keine Herausforderungen mehr. Es gibt technisch so viele Lösungen, dass es heute völlig unproblematisch ist, eine Lüftungsanlage im Neubau zu integrieren. Da sind bestenfalls kleine optische Lücken oder der Platzbedarf im Technikraum zu bedenken. In der Sanierung ist es hingegen anders. Hier gibt es in vielen Fällen keine Möglichkeit mehr, in die Gebäudesubstanz einzugreifen, Kanäle – etwa in der Decke oder im Fußboden – zu integrieren. Die Ausnahme sind Kernsanierungen, die sind quasi wie ein Neubau. Aber in der "Sanierung light", also wenn es eher den Außenbereich und Fenster betrifft, gibt es durchaus Herausforderungen. Hier stellt sich dann die Frage, wie sich das Lüftungssystem mit dem geringsten Aufwand so integrieren lässt, dass alle wichtigen Räume erreicht werden. Wenn bei der Sanierung versucht wird, nicht die Perfektion anzustreben, sondern Hausverstand und Vernunft walten zu lassen, dann sind aber auch hier die Heraus­forderungen vergleichsweise gering.   

Welche Fragen kommen vonseiten der potenziellen Käufer*innen?

Die Frage "Kann ich dann (nach der Integra­tion eines Lüftungssystems, Anm. d. Red.) noch ein Fenster aufmachen" kommt immer noch oft, ebenso wie Fragen zur Reinigung und Hygiene eines Systems. Die Menschen beschäftigen zumeist nicht die Kosten eines Lüftungssystems, sondern in den meisten Fällen durchaus praktikable Sorgen. Das sind aber alles Fragen, die man gut argumentieren kann. Und wenn am Ende des Tages nach den Kosten gefragt wird, dann geht es meist darum, welcher Gegenwert den Kosten gegenübersteht. Wenn als Gegenwert einer Lüftungsanlage um 15.000 Euro am Ende nur "kein Schimmel im Haus" steht, dann werden Konsument*innen berechtigt sagen: Na ja, das ist etwas viel für nur diese eine Funktion. Wenn man potenziellen Käufer*innen aber alle Vorteile – also Bequemlichkeit, Komfort, Energieeffizienz, höhere Luftqualität – einer Lüftungsanlage darlegt, werden sie am Ende sagen: "Das sind aber viele Vorteile." Und gerade auch das Thema Green Energy wird immer wichtiger für Konsument*innen.

Wie sieht es mit Förderungen im Bereich der Wohnraumlüftung aus?

Es ist so, dass es Direktförderungen maßgeblich nur noch in Tirol gibt. Dort ist die Lüftung in vielen Fällen einfach Standard, es gibt eine hohe Durchdringung, und das Thema Lüftung ist allgemein akzeptiert. Das ist natürlich auch ein psychologischer Motor, etwas gefördert zu bekommen, quasi eine Starthilfe. Wenn die Förderung wegfällt, dann passiert dort einfach weniger in diese Richtung. Das hat das Beispiel Oberösterreich gut gezeigt. Dort ist die Förderung weggefallen, und dementsprechend ist das Interesse eingebrochen. Kärnten wiederum hat jetzt wieder mit Förderungen begonnen, und schon beginnt dort das Interesse am Thema zu wachsen. Am Ende des Tages spart der Staat (über die Förderung, Anm. d. Red.) auch CO2-Strafsteuer, weil mit der Lüftung auch eine Menge CO2 eingespart wird. 

Welche Normen sind zu beachten?

Es gibt die ÖNORM H 6038, das ist eine Norm, die die Planung, Installation und Inbetriebnahme von Komfortlüftungsanlagen regelt. Aus meiner Sicht sehr pragmatisch, es ist keine abgehobene, technische Richtlinie, sondern sorgt dafür, dass technische Gegebenheiten eingehalten werden oder auch voll genutzt werden, wenn es etwa Energieeinsparungen betrifft. Aber die Norm legt auch sehr hohen Wert auf die Qualität der installierten Anlage bei Endverbraucher*innen.

Text: Thomas Mach

Branchen
Haustechnik