Züge aus China? Nicht ohne Weiteres
Ein chinesisches Unternehmen wollte sich an einer Zug-Ausschreibung in Rumänien beteiligen – und wurde ausgeschlossen. Der Fall landete vor dem Europäischen Gerichtshof.

Vor einiger Zeit wurde an dieser Stelle die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 22.10.2024 skizziert. Gemäß dieser Entscheidung ist die EU ausschließlich dafür zuständig, die Anwendung des Vergaberechts auf Unternehmer mit ihrem Sitz in „Drittstaaten“ gesetzlich zu regeln. „Drittstaaten“ sind solche außerhalb der EU und des EWR, mit denen keine einschlägigen internationalen Abkommen über die Zulassung zum EU-Wirtschaftsraum (so z.B. GPA) abgeschlossen wurden. Nun kam es neuerlich zu einem Fall, in dem dieser drittstaatliche Zusammenhang wesentlich war.
Wer darf mitbieten?
Ein rumänischer öffentlicher Auftraggeber schrieb die Lieferung von Zügen aus – inklusive Wartung und Reparatur. Unter den Bietern befand sich ein Konsortium, angeführt von einem chinesischen Unternehmen. Der Auftraggeber schloss dieses Konsortium aus, und zwar mit der Begründung, dass das rumänische Vergaberecht den zwingenden Ausschluss von Unternehmern aus Drittstaaten vorsehe. Das Konsortium bekämpfte das beim zuständigen rumänischen Gericht, und zwar im Wesentlichen, weil diese rumänische Gesetzesbestimmung erst nach Einleitung des Vergabeverfahrens in Kraft getreten sei. Das rumänische Gericht legte die Frage dem EuGH zur Entscheidung vor.
EU-Recht schlägt nationales Recht
Der EuGH stellte zunächst (wiederum) fest, dass Unternehmern aus Drittstaaten kein Recht auf Gleichbehandlung zukommt (genauer formuliert, in schönem „Amtsdeutsch“, dürfen z.B. auf Unternehmer aus GPA-Staaten „keine ungünstigeren Bedingungen“ als auf EU-Staaten angewendet werden).
China hat mit der EU bisher kein entsprechendes Abkommen abgeschlossen. Zwar heißt es an einigen Stellen der EU-Vergaberichtlinien, dass jeder interessierte „Wirtschaftsteilnehmer“ das Recht auf Teilnahme in Vergabeverfahren habe. Aber das darf man laut EuGH nicht wörtlich und getrennt vom sonstigen EU-Recht auslegen; sonst hätten plötzlich alle Unternehmer (auch aus Drittländern) gleichen Zugang zu Vergabeverfahren, und das ist gerade nicht der Zweck des EU-Binnenmarktes. Egal, ob der Auftraggeber solche Unternehmer aus Drittstaaten ausschließt oder zulässt, haben diese daher kein Recht, sich auf das EU-Vergaberecht zu berufen.
Kein Anspruch auf Gleichbehandlung
Weiters stellte der EuGH nochmals klar, dass jede gesetzliche Regelung mit dem Zweck des Ausschlusses oder des Zugangs zu Vergabeverfahren gemäß den EU-Verträgen in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fällt. Ein Mitgliedsstaat ist daher nicht berechtigt, eine solche Regelung selbständig zu erlassen, soweit die EU nicht die Mitgliedsstaaten dazu ermächtigt hat (was bisher nicht geschehen ist). Die hier fragliche rumänische Bestimmung ist daher EU-rechtswidrig, sodass das zuständige rumänische Gericht diese Bestimmung nicht anwenden darf.
Daher, so schloss der EuGH weiter, war es auch unerheblich, ob diese rumänische Bestimmung vor oder nach Einleitung des Vergabeverfahrens erlassen wurde.
Letztlich wies der EuGH noch ausdrücklich darauf hin, dass es einem Auftraggeber freisteht, Unternehmer aus Drittstaaten zuzulassen oder auszuschließen oder sonst ungleich zu behandeln. Allerdings schränkte der EuGH das insoweit ein, als eine solche Ungleichbehandlung „den objektiven Unterschied [in der Rechtsstellung] widerspiegeln“ solle. Was damit genau gemeint ist, bleibt unklar – klar ist aber zumindest, dass eine (Nicht-) Zulassung von Drittstaatsunternehmern durch einen Auftraggeber nur anhand des sonstigen nationalen Rechts (also abgesehen von vergaberechtlichen Bestimmungen) geprüft werden kann (z.B. müssen allgemeine Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes eingehalten werden, soweit sie auch für solche Unternehmer gelten), nicht aber anhand des EU-Vergaberechts.
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RA Mag. Thomas Kurz ist Rechtsanwalt bei Heid und Partner Rechtsanwälte GmbH, Kundmanngasse 21, A-1030 Wien