CE-ÖE, ÜA-ÖA ... alles klar?

Europäische Bauprodukte-Verordnung
30.05.2018

Seit 9. März 2011 gibt es die europäische Bauprodukte-Verordnung. Unterschiedliche nationale ­Vorschriften in den EU-Ländern machen die Umsetzung jedoch nicht einfacher.

Angenommen ein Fassadenbauer entwickelt ein „innovatives Fassadensystem“ und bietet dieses bei einem bestimmten Bauvorhaben in Österreich an. Zum Teil sollen zugelassene Baustoffe verwendet werden, zum Teil werden Produkte verwendet, für die es weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene einschlägige Normen gibt. Eine Zulassungspflicht für diese Produkte besteht also nicht. Für das System als solches gibt es in Österreich ebenfalls (noch) keine Zulassung. Aus Sicht des Fassadenbauers stellt sich die Frage, ob er dieses System in Österreich überhaupt verwenden darf. Wenn ja, welche Nachweise kann und muss er diesbezüglich erbringen? Und gilt eine Zulassung, die in einem anderen Mitgliedstaat erteilt wurde, ohne weiteres auch in Österreich? 

CE-Kennzeichnung und Baustoffliste ÖE

Die europäische Bauprodukte-Verordnung (VO) vom 9. März 2011 ist das zentrale Rechtsdokument auf europäischer Ebene. Sie hat die bis dahin geltende Bauprodukte-Richtlinie abgelöst und europaweit einheitliche Regelungen geschaffen, die in den Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar sind. Schon aus dem Titel der Verordnung geht hervor, dass mit den Regelungen harmonisierte Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten festgelegt werden sollen – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Folglich kann aus dem Inhalt der Bauprodukte-VO allein noch nicht auf die Zulässigkeit der Verwendung eines Bauprodukts geschlossen werden. Die Bauprodukte-VO liefert, wenn man so will, nur die Grundlage, und zwar in Form des CE-Kennzeichens. Die endgültige Beurteilung hat in Verbindung mit den einschlägigen nationalen Regelungen zu erfolgen. 

Für den Fassadenbauer bedeutet dies, dass er für sein System CE-gekennzeichnete Produkte nur verwenden darf, wenn sie den in der Baustoffliste ÖE (Verordnung nach österreichischem Recht, erlassen vom Österreichischen Institut für Bautechnik, OIB) kundgemachten Leistungsanforderungen oder Verwendungsbestimmungen entsprechen. Was darunter zu verstehen ist, ergibt sich im Einzelnen aus der Baustoffliste ÖE, z. B. aus Anlage A 8.5.1 zu Vorhangfassaden.

Was bedeutet das Einbauzeichen ÜA?

Für viele Bauprodukte existieren keine europaweit harmonisierten technischen Normen. Grundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit der Verwendung ist in diesem Fall die Baustoffliste ÖA, welche ebenfalls vom OIB herausgegeben wird. Damit ein Produkt verwendet werden darf, muss es entweder dem für das Produkt geltenden und in der Baustoffliste ÖA bekanntgemachten Regelwerk entsprechen (bzw. darf es nur unwesentlich davon abweichen) oder es muss eine Bautechnische Zulassung (BTZ) vorliegen. Eine BTZ ist zwingend vorgesehen, wenn diese aufgrund der Bedeutung des Bauprodukts für die Grundanforderungen an Bauwerke und damit verbundene Risiken, insbesondere für Gesundheit oder Sicherheit, erforderlich ist. Bei Übereinstimmung mit den Anforderungen der Baustoffliste ÖA darf der Hersteller das Einbauzeichen ÜA verwenden. Dieses vermittelt die widerlegbare Vermutung, dass ein Bauprodukt nach den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen verwendet werden darf.

Um auf den Fassadenbauer zurückzukommen: Hinsichtlich der verwendeten Produkte ist daher anhand der Baustoffliste ÖA zu prüfen, ob allenfalls eine Zulassungspflicht nach nationalem Recht besteht. Gerade bei neuen Systemen, für die technische Komponenten unterschiedlicher Herkunft verwendet werden, wird an einer BTZ wohl kein Weg vorbeiführen.

Was gilt, wenn keine Zulassungspflicht besteht?

Was, wenn weder nach EU-Recht noch nach nationalem Recht eine Zulassungspflicht besteht, ein Bauprodukt also weder in der Baustoffliste ÖE noch in der Baustoffliste ÖA geführt ist und auch keine BTZ vorliegt? Die (nationalen) Bauproduktevorschriften bezeichnen diese als „sonstige Bauprodukte“. Die zulässige Verwendung setzt voraus, dass das Produkt oder System den jeweiligen baurechtlichen Vorschriften der Länder entspricht. 

Das macht die Sache für den Fassadenbauer nicht gerade einfach. Schließlich muss er für den konkreten Anwendungsfall nachweisen, dass sein System – gemäß den bautechnischen Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes – etwa die Erfordernisse der Standfestigkeit oder des Brandschutzes erfüllt. Hierzu wird er, sofern vorhanden, wiederum auf eine CE-Kennzeichnung bzw. das Einbauzeichen ÜA zurückgreifen müssen, oder er wird die Ergebnisse einer unabhängigen Prüfung vorzulegen haben. Großes Manko: Die Zulassung für ein Produkt bzw. ein System in einem anderen Mitgliedstaat gilt nicht automatisch als Zulassung in Österreich. 

Das Fazit

Trotz europaweit harmonisierter Regelungen ist auf dem Gebiet der Bauprodukte längst nicht alles klar. Die praktischen Schwierigkeiten offenbaren sich vor allem dort, wo es um neue Produkte und Systeme geht, für die (noch) keine Normen existieren. Ein großes Manko ist, dass die Zulassungen anderer Mitgliedstaaten nicht automatisch auch in Österreich gelten. Weitere Schritte zur Harmonisierung in diese Richtung wären daher wünschenswert. 

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