Die Verbindlichkeit des Kostenvoranschlag

Rechtstipps
04.08.2020

Wann ist ein Kostenvoranschlag verbindlich, und welche Auswirkungen hat dies auf den Anspruch auf Mehrkosten? Ein Überblick.

Wird ein verbindlicher Kostenvoranschlag abgegeben, kann der ausführende Werk­unternehmer bei unvorhersehbarer Mehrarbeit und dadurch entstehenden Mehrkosten keinen erhöhten Werklohn fordern. Wird dagegen ein unverbindlicher Kostenvoranschlag abgegeben, muss der ausführende Werkunternehmer die Überschreitung der veranschlagten Kosten dem Werkbesteller unverzüglich anzeigen. Tut er das nicht, verliert er den Anspruch auf deren Vergütung. Wesentlich ist es daher zu wissen, ob ein verbindlicher Kostenvoranschlag vorliegt und ob der Vertragspartner Verbraucher ist.

Wenn einem Vertrag ein Kostenvoranschlag unter ausdrücklicher Gewährleistung seiner Richtigkeit zugrunde gelegt ist, kann der Werkunternehmer auch bei unvorhergesehener Größe oder Kostspieligkeit der veranschlagten Arbeiten keine Erhöhung des Entgelts fordern. Selbst wenn einem Vertrag ein Kostenvor­anschlag ohne diese Gewährleistung zugrunde gelegt ist, ein unverbindlicher Kostenvoranschlag, muss der Werkunternehmer, wenn eine ­Überschreitung der veranschlagten Kosten unvermeidlich ist, dies dem Werkbesteller unverzüglich anzeigen. Tut er dies nicht, verliert er jeden Anspruch auf Mehrkosten. Ein unverbindlicher Kostenvoranschlag liegt insbesondere dann vor, wenn die der Kalkulation zugrunde liegenden Angaben vom Auftraggeber stammen. In dem für den Abschluss eines Bauvertrages typischen Fall, dass der Auftragnehmer ein vom Auftraggeber erstelltes Leistungsverzeichnis auspreist, liegt in der Regel ein unverbindlicher Kostenvoranschlag vor.

Regelungen für Verbraucher

Bei Verträgen mit Verbrauchern gilt anderes. Wenn einem Vertrag mit einem Verbraucher ein Kostenvoranschlag eines Unternehmers zugrunde gelegt wird, so gilt dessen Richtigkeit als gewährleistet, wenn das ­Gegenteil nicht ausdrücklich erklärt ist. Für Verbraucher gilt daher, dass wenn einem Vertrag ein Kosten­voranschlag zugrunde liegt, dieser so lange als verbindlich anzusehen ist, als nichts Gegen­teiliges vereinbart wurde. Diese gesetzliche Bestimmung wurde eingeführt, um Verbraucher vor unerwarteten Kosten möglichst gut zu schützen.

Honorarberechnung anhand ­geschätzter Baukosten

Der OGH hat sich nunmehr wieder einmal (6 Ob 246/19y) mit der Verbindlichkeit eines Kostenvor­anschlags und der Anzeigepflicht bei der Überschreitung der veranschlagten Kosten auseinandergesetzt. Im konkreten Fall wurde ein Unternehmer von einem Bauherrn mit Planungsleistungen und der örtlichen Bauaufsicht für die Errichtung eines Wohnhauses beauftragt. Im Zuge der Vertragsverhandlungen wurde kein Fixhonorar vereinbart, sondern, dass sich das Honorar anhand eines bestimmten Prozentsatzes der Nettoherstellungskosten bemessen sollte. Bei den Verhandlungen gingen die Streitteile von durch den Auftragnehmer geschätzten und durch keine Ausschreibung bzw. durch kein Angebot untermauerten Nettoherstellungskosten aus. Dieser geschätzte Preis wurde jedoch nicht zur Vertragsgrundlage gemacht. Der OGH entschied, dass in diesem Fall davon ausgegangen werden kann, dass der Unternehmer ausdrücklich und hinlänglich deutlich darauf hingewiesen hat, die Richtigkeit der Kosteneinschätzung nicht zu garantieren. Die von ihm stets angezeigte Erhöhung der Nettoherstellungskosten und folglich des Honorars, als Folge von Zusatz- und Sonderwünschen des Bauherrn, sind somit von diesem zu tragen.

Fazit

Es ist eine Frage der Vertragsauslegung im Einzelfall, ob ein verbindlicher oder ein unverbindlicher Kostenvoranschlag vorliegt. Im konkreten Fall entschied der OGH, dass aufgrund der Vereinbarung, das ­Honorar von den Nettoherstellungskosten abhängig zu machen, der Unternehmer hinlänglich deutlich darauf hingewiesen hat, dass es sich bei den geschätzten Nettoherstellungskosten um einen unverbindlichen Kostenvoranschlag handelt. Wäre der Vertragspartner hingegen Unternehmer gewesen, so hätte die Unverbindlichkeit gesondert vereinbart werden müssen. Um Unklarheiten und möglichen Rechtsstreitig­keiten entgegenzuwirken, ist es ratsam, die Unverbindlichkeit klar zu vereinbaren, insbesondere bei Ver­trägen mit Verbrauchern.

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