Eine gute IDee für den Bau

BUAK
17.02.2020

 
Die neue Bau-ID für Arbeitnehmer soll künftig den administrativen Aufwand reduzieren und für mehr Transparenz sorgen. Martin Puaschitz, Geschäftsführer der Bau-ID GmbH, im Interview.    
Martin Puaschitz, der neue Geschäfts­führer der Bau-ID GmbH, über Umsetzung und Vorteile des neuen  Bauarbeiter-Identifika­tionsnachweises.
Martin Puaschitz, der neue Geschäfts­führer der Bau-ID GmbH, über Umsetzung und Vorteile des neuen Bauarbeiter-Identifika­tionsnachweises.

Das Thema Bau-ID oder ehemals Bau-Card, wie das Projekt ursprünglich betitelt wurde, geistert schon lange in den Köpfen der Bau-­Sozialpartner herum. Anfang des Jahres wurden nun endlich Nägel mit Köpfen gemacht – am 21. Jänner wurde die Bau-ID GmbH als 100prozentige Tochter der Bauarbeiter-­Urlaubs- und Abfertigungskasse gegründet. Das Ziel: die Entwicklung und der Betrieb einer freiwilligen Identifikationskarte für Arbeiter auf der Baustelle. In einem IT-System werden künftig Arbeitnehmer-Stamm­­­daten hinterlegt oder über Schnittstellen abrufbar sein. Arbeitgeber, -nehmer und Prüforgane sollen so einen schnellen und unkomplizierten Überblick erhalten. Die Österreichische Bauzeitung hat ­Martin ­Puaschitz, Geschäftsführer der neu gegründeten Bau-ID GmbH, zum Interview gebeten.

Die einen loben die Bau-ID als optimales Tool, um für Unternehmer den administrativen Aufwand zu reduzieren, die anderen sehen sie als Waffe ­gegen Lohn- und Sozialdumping. Was ist die Bau-ID nun wirklich?
Martin Puaschitz: Definitiv beides! Ein großer Vorteil wird sein, dass mehrere Arbeitsstunden in der Verwaltung eingespart werden können. Jeder kennt das Zettelchaos – Anmeldungen müssen nachgereicht oder überprüft, Berechtigungen kontrolliert, Sicherheitsunterweisungen ausgedruckt und unterschrieben werden usw. Mit der Bau-ID haben Unternehmer, Bauleiter oder Prüfer einfach und schnell Zugriff auf die notwendigen Unterlagen. Durch das System wird entsprechend Transparenz geschaffen und Unterentlohnung o. Ä. viel schneller aufgedeckt. Das Ziel ist, mehr Fairness auf den Baustellen zu schaffen.

Die Bau-ID ist jedoch freiwillig – wäre eine gesetzliche Verpflichtung in diesem Fall nicht wirksamer gewesen?
Puaschitz: Die Bausozialpartner, d. h. Baugewerbe und -industrie, Baunebengewerbe und auch die ­Gewerkschaft Bau-Holz, haben sich zu diesem Thema bekannt und die Bau-ID gemeinsam konzipiert. Der Wunsch der Unternehmen nach einer Verbesserung der aktuellen Situation ist demnach da. Ich sehe die Freiwilligkeit durchwegs positiv und auch als Ansporn. Unser Ziel ist es schließlich, ein Tool zu schaffen, das Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer in ihrer täg­lichen Arbeit unterstützt. Wenn das Bau-ID-System gut funktioniert und wir mit Funktionen und Qualität überzeugen können, kommen die Unternehmen gern von allein. 

Sollen Auftraggeber künftig Bau- und Subunternehmen zur Teilnahme am Bau-ID-System verpflichten?
Puaschitz: Natürlich wäre es wünschenswert, dass Auftraggeber die Bau-ID als ein Qualitätskriterium in Ausschreibungen aufnehmen. Denn damit kann schließlich sichergestellt werden, dass alles ordnungsgemäß abläuft. Wenn sich eine Firma dem System nicht anschließen möchte, muss sie das nicht. Wenn aber jemand sicherstellen will, dass Lohn- und Sozialdumping auf der Baustelle nicht vorkommt, die Mitarbeiter sich sicher fühlen und der administrative Aufwand reduziert wird, dann ist die Bau-ID eine gute Sache. Für Firmen, die nicht mitmachen wollen, besteht das Risiko, dass Auftraggeber lieber mit Unternehmen zusammenarbeiten, bei denen die Dokumentation transparent nachvollziehbar ist. 

Für wie viele Arbeitnehmer ist die Bau-ID überhaupt ein Thema?
Puaschitz: Nachdem die Bauwirtschaft bzw. die Sozialpartner gemeinsam das Bau-ID-System entwickelt haben, ist davon auszugehen, dass sich viele diesem anschließen. In Summe sprechen wir von circa 220.000 betroffenen Personen. Im ersten Jahr rechnen wir mit circa 80.000, die in das Bau-ID-System eintreten werden. 

Wer soll die Kosten für die Bau-ID tragen, und mit welchen Summen ist zu rechnen?
Puaschitz: Da wir uns gerade in der Ausschreibungsphase befinden, haben wir bislang zwar den Kostenrahmen, aber nicht die endgültigen Preise definiert. Es wurden bereits ein paar Zahlen kommuniziert, ­allerdings möchte ich mich darauf nicht festnageln lassen. Definitiv wird für die Ausstellung der Karte eine einmalige Gebühr im zweistelligen Bereich zu bezahlen sein. Beim monatlichen Serviceentgelt werden wir uns im niedrigen einstelligen Bereich pro Arbeitnehmer bewegen. Beide Kosten sind vom Arbeitgeber zu tragen. Sollten die Entwicklungs- bzw. Betriebskosten jedoch geringer ausfallen, werden wir diese Preise auch entsprechend anpassen. Unser Ziel ist es schließlich, kosten­neutral und nicht gewinnorientiert zu arbeiten. Das Startkapital für Programmierung und Co wird als Darlehen seitens der BUAK zur Verfügung gestellt, das die GmbH in einem definierten Zeitraum refundieren muss.

Was passiert bei einem Arbeitgeberwechsel?
Puaschitz: Die Bau-ID ist ein personalisierter Ausweis und bleibt demnach beim Arbeitnehmer. Bei ­einem Arbeitgeberwechsel fallen keine zusätzlichen Gebühren an – die Servicegebühr wird vom neuen Arbeit­geber übernommen. Sollte aufgrund von Krankenstand o. Ä. eine längere Arbeitsauszeit genommen werden, kann die Karte auch ruhend gestellt werden und es fallen in diesem Zeitraum keine Gebühren an.

Die Bau-ID GmbH ist als 100-prozentige Tochter der BUAK konzipiert. Bedeutet das, dass der Ausweis nur für BUAG-pflichtige Unternehmen bzw. Arbeiternehmer entwickelt wird?
Puaschitz: Diese Gerüchte habe ich ebenfalls schon vernommen. Sie stimmen definitiv nicht. Wir sind eine rein privatwirtschaftliche Organisation, und jedes Unternehmen, das auf Baustellen unterwegs ist oder es für sinnvoll erachtet, kann bei uns mitmachen – egal, ob Elektriker oder andere Branchen. 

Können auch ausländische Unternehmen das Bau-ID-System nutzen?
Puaschitz: Natürlich, sonst würden wir gegen das Gleichheitsgebot und die Dienstleistungsfreiheit der EU verstoßen. Der ungarische Elektriker kann sich genauso registrieren und hat natürlich auch die gleichen Kosten zu tragen. 

Welche Daten sind nun konkret auf der Bau-ID-Karte gespeichert. 
Puaschitz: Auf der Karte selbst sind ausschließlich Foto, Name und voraussichtlich die Sozialver­sicherungsnummer angegeben. Auf der Karte ist eine Nummer hinterlegt, die den Arbeitnehmer im System identifiziert – die Funktionsweise ist ähnlich wie bei der E-Card. Das heißt, bei Verlust des Ausweises hat niemand Zugriff auf weitere Daten. Im Bau-ID-System sind die Stammdaten des Arbeitnehmers, baustellenbezogene Gefahrenhinweise und Sicherheitsunterweisungen in der jeweiligen Landes­sprache sowie Zusatzqualifikationen wie z. B ein Kran­führerschein o. Ä. hinterlegt. Für die Einpflege sind die Unternehmen selbst verantwortlich. Zusätzlich sind auto­matisierte, tagesaktuelle Schnittstellen zu BUAK, Sozialversicherungsträgern, ÖGK und dem Finanzamt geplant.

Funktioniert die Karte auch als Schlüssel für Baustellen-Zutrittssysteme?
Puaschitz: Es gab den Wunsch, diese technische Anbindung vorzubereiten. Wir bieten keine Zutritts- oder Schließsysteme an, aber sollten diese verstärkt auf Baustellen zum Einsatz kommen, besteht die Möglichkeit, unsere Bau-ID-Karte auch an Schließsysteme anzubinden. 

Wer wird auf die Daten Zugriff haben?
Puaschitz: Mithilfe einer geschützten Smart­phone-App kann die Karte direkt auf der Baustelle ausgelesen und die Daten überprüft werden. Von dieser App sind drei Versionen mit verschiedenen Einsichts­berechtigungen geplant, je nach Zuständigkeits­bereich. So kann der Bauleiter kontrollieren, ob z. B. der Kranführer über die entsprechenden Qualifikationen verfügt, während bei Prüfungen seitens der BUAK oder der Finanzpolizei schnell und unkompliziert auf alle notwendigen Unterlagen zugegriffen werden kann. Dadurch können die Prüfungen deutlich beschleunigt werden, was nicht nur den Stillstand auf der Baustelle reduziert, sondern auch den Stress­faktor für die Arbeitnehmer. 

Wie schaut Ihr Zeitplan für die Umsetzung aus? 
Puaschitz: Unser Zeitgerüst ist extrem sportlich. Wir wollen unsere Software möglichst breit aufbauen, um für eventuelle Weiterentwicklungen in den nächsten Jahren gerüstet zu sein. Um im Bau-
jargon zu sprechen – das Fundament muss stark genug sein, denn sobald das Haus steht, wird es schwierig oder zumindest sehr teuer, wenn man es ver-
breitern muss. 

Das heißt konkret?
Puaschitz: Das Ziel wäre die Ausrollung der Bau-ID mit Start der Bausaison 2021. Aber dazu muss alles glatt laufen.

Eine letzte Frage zum Stichwort Datenschutz: Mit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung ist die Speicherung von Daten ein sensibles Thema geworden. Wie gehen Sie damit um?
Puaschitz: Datenschutz ist ein extrem wichtiges Thema bei uns. Da wir privatwirtschaftlich agieren, muss natürlich jeder Arbeitnehmer damit einverstanden sein, dass sein Chef die Daten an uns weitergibt. Deshalb werden wir alle unsere Kunden darauf hinweisen, dass eine Aufklärung und Einverständnis­erklärung erfolgen muss. Für große Unternehmen mit Rechtsabteilungen o. Ä. wird die Umsetzung ­sicherlich kein Problem sein. Für KMUs werden wir als Hilfestellung Vorlagen erarbeiten, die sie bei Bedarf verwenden können. Der Arbeitnehmer hat selbstverständlich auch das Recht, seine Daten löschen zu lassen. Allerdings verliert die Karte und damit die Zutrittsberechtigung ihre Gültigkeit.

Die Bau-ID 

  • Start: 2021
  • Kosten: eine einmalige Gebühr im zweistelligen Bereich für die Erstellung der Karte sowie ein monatliches Serviceentgelt im niedrigen einstelligen Bereich pro Arbeitnehmer. 
  • Berechtigt: alle Unternehmen und Arbeitnehmer, die auf Baustellen zu tun haben
  • Status: freiwillig
  • Gespeicherte Daten im System: Stammdaten der Arbeiternehmer 
  • Geplante automatisierte Schnittstellen zu: BUAK, SV, ÖGK, AMS
  • Zugriff: per App. Unterschiedliche Einsichtsberechtigungen für Arbeit­nehmer, Arbeitgeber und Prüforgane
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