Erneuerbare Energien im Niedrigstenergiehaus

Niedrigenergiehaus
20.08.2014

Von: Redaktion Gebäudeinstallation
International liegen Niedrigstenergiehäuser im Trend. nicht nur als Einfamilien-häuser, sondern für alle Arten und Größen von Wohn- und GewerbeGebäuden. Doch was genau ist ein Niedrigstenergiehaus? Die Definition ist nicht so einfach.
In Österreich ist es schon seit langem gebräuchlich, aber in keiner Weise ‚amtlich‘, Niedrigenergiehäuser, Passivhäuser usw. durch die Nutzheizenergiekennzahl zu charakterisieren.“

Wie definiert sich ein Niedrigstenergiehaus bzw. ein „Nearly Zero Energy Building“ (Nahezu-null-Energie-Gebäude), kurz NZEB, genau? Dies zu reglementieren ist anscheinend gar nicht so einfach, obwohl die Zielsetzung überall prinzipiell gleich ist. Eine etwas unscharfe Beschreibung kann etwa so lauten: Es ist ein besonders effizientes Niedrigenergiehaus, das dem Passivhaus nahesteht, aber dessen Kriterien nicht erfüllt oder gar nicht erfüllen soll. Eines der möglichen Motive, sich mit einem Niedrigstenergiehaus zu „begnügen“, ist jenes, dass dessen Verglasungen an der Südseite nicht so groß sein müssen wie die eines Passivhauses. Das spart Kosten und ist technisch und architektonisch leichter zu beherrschen. 

Die Mitgliedsländer der EU haben sich wenigstens auf folgende Grundsatzdefinition geeinigt: „Ein Niedrigstenergiegebäude ist ein Gebäude, das eine sehr hohe Energieeffizienz aufweist. Der sehr geringe Energiebedarf soll zu einem sehr wesentlichen Teil aus erneuerbaren Quellen, die vor Ort oder im Nahbereich verfügbar sind, abgedeckt werden.“ (Ein Kommentar drängt sich auf: Es ist scharf zu kritisieren, dass anstelle von „soll“ nicht „muss“ und anstelle von „zu einem sehr wesentlichen Teil“ nicht „ausschließlich“ steht). 

Und die Europäische Gebäuderichtlinie besagt: „Jedes der 28 Mitgliedsländer muss einen eigenen Niedrigstenergiegebäude-Standard im Detail festlegen. Nach dem 31. 12. 2020 dürfen nur mehr Gebäude errichtet werden, die diesen jeweiligen Standards entsprechen. Für Gebäude der öffentlichen Hand gilt das bereits nach dem 31. 12. 2018.“ In Österreich ist es schon seit langem gebräuchlich, aber in keiner Weise „amtlich“, Niedrigenergiehäuser, Passivhäuser usw. durch die Nutzheizenergiekennzahl (NEZ, den Heizenergiebedarf je Quadratmeter Wohnfläche im Jahr) zu charakterisieren. Die Staffelung der Höchstwerte der NEZ variiert je nach Bundesland, denn sie richtet sich nach den jeweiligen Bestimmungen der Wohnbauförderung, die ja auch Ländersache ist. Außerdem wurden die Grenzwerte manchmal geändert. 

Als Beispiel seien die eher strengen und besonders differenzierten Kennzahlen in Oberösterreich angeführt. Dort ist die NEZ von Niedrigenergiehäusern ≤ 45 kWh/m² ∙ a, von Niedrigstenergiehäusern 
≤ 30 kWh/m² ∙ a und von Passivhäusern ≤ 15 kWh/m² ∙ a. (Eine NEZ = 0 haben nur Nullenergie- und Plus­energiegebäude). Der Grund für die Unterscheidung von Niedrig- und Niedrigstenergiehäusern ist die in Oberösterreich höhere Förderung für Gebäude mit so niedriger NEZ. 
Die NEZ werden aufgrund der Eigenschaften der Gebäude ermittelt und sind Richtwerte, die aber in der Praxis infolge falschen Betreiberverhaltens ungünstiger liegen können. Übrigens: Niedrigstenergiefertighäuser werden vielfach für eine NEZ von 25 kWh/m² ∙ a konzipiert. In Österreich wurde nun in Befolgung der Europäischen Gebäuderichtlinie ein nationaler Standard für Niedrigstenergiegebäude durch die Bundesländer gemeinsam erarbeitet und in einem Nationalen Plan festgelegt. 

Die technische Seite

Niedrigstenergiegebäude zeichnen sich durch tunlichst kompakte Bauweise, sehr gute Wärmedämmung, Minimierung von Wärmebrücken und eine hohe Dichtigkeit der Gebäudehülle aus. Nicht unbedingt, aber meistens ist eine mechanische, gesteuerte Belüftung erforderlich, bei der die Abluft die Zuluft mittels Wärmetauscher erwärmt (Wärmerekuperation). Zusätzlich muss ausreichend Solarwärme durch Südfenster aufgenommen werden. Es gibt aber auch Definitionen von NZEBs, die mit einer solarthermischen Anlage ausgerüstet sind und wo der Wärmeertrag der Kollektoren in die Einstufung als NZEB einbezogen wird. 

Anforderungen an die Heizung 

Geheizt werden muss nur zeitweise, bei niedrigen ­Außentemperaturen und daher kalter Frischluft und/oder zu geringem solarem Wärmeeintrag, also vorwiegend im Wintervierteljahr bzw. nahe davor oder danach. Der technische und Investitionsaufwand soll deshalb möglichst gering sein; eine Brennstofflagerung soll möglichst entfallen. Bei einer mechanischen Belüftung soll die Frischluft, nachdem sie von der Abluft vorgewärmt wurde, durch die Heizung über einen weiteren Wärmetauscher erwärmt werden. Ist keine mechanische Belüftung vorhanden, kommt man um eine konventionelle Raumheizung nicht herum. 

Die Wärmequelle

Eine Wärmepumpe bietet sich besonders an, wobei die beste Lösung der Antrieb durch Photovoltaik ist, mit Netzkoppelung, sodass das Netz als elektrischer Pufferspeicher dient. Überschüssiger Solarstrom geht so nicht verloren, sondern kann gewinnbringend eingespeist werden. In den Heizungskreislauf soll ein Wärmespeicher eingebunden sein. Er bewirkt seltenere Schaltspiele, was die Wärmepumpe schont und zur Stromersparnis beiträgt, und erlaubt den Betrieb der Wärmepumpe während Zeiten billigerer Stromtarife. Außerdem dient der Speicher zur Trinkwassererwärmung. 
Eine auf Außenluft gestützte Wärmepumpe ist fehl am Platz. Da sie hauptsächlich bei niedrigen Außentemperaturen gebraucht wird, ist ihre Arbeitszahl dann zu niedrig. Zu empfehlen ist die Stützung auf nicht zu seicht verlegte Erdkollektoren. Grundwasser ist kaum geeignet, da dieses im Winter meist zu kalt ist. Tiefensonden sind nicht nötig und zu aufwändig. 

Biomassefernwärme erscheint als günstig, weil die Brennstofflagerung ebenfalls entfällt und mit ihr das Trinkwasser ganzjährig erwärmt werden kann. Heizwärme kann nach Bedarf bezogen werden. Es bleibt aber im konkreten Fall zu überlegen, ob Anschluss, Übernahmestation, Wärmezähler usw. sich wirklich lohnen. Grundsätzlich wäre auch ein kleiner Biomassekessel für Heizung und Warmwasser denkbar, aber Lagerung und Beschickungseinrichtungen sind wohl meist zu aufwändig. 

Fünf Punkte

Den derzeitigen Standard für Niedrigstenergiehäuser in mitteleuropäischen Ländern definieren fünf Punkte: 

  • Heizwärmekriterium: Der Nutzenergiebedarf für Heizung überschreitet nicht 15 kWh pro m2 Nettowohnfläche und Jahr. 
  • Primärenergiekriterium: Der Primärenergiebedarf für alle Energiedienstleistungen, inklusive Heizung, Warmwasser, Hilfs- und Haushaltsstrom, überschreitet nicht 120 kWh pro m2 Nettowohnfläche und Jahr. 
  • Luftdichtheit: Für die Gebäudehülle muss ein Drucktestergebnis nach EN 13829 von weniger als 0,6 h-1 erreicht werden. 
  • Behaglichkeitskriterium Raumtemperatur im Winter: Die operative Raumtemperatur kann im Winter mit der obengenannten Energiemenge über 20 °C gehalten werden. 
  • Alle Energiebedarfswerte werden nach dem Passivhaus-Projektierungs-Paket (PHPP) berechnet und beziehen sich auf die Nettowohnfläche, d. h. die Summe der Nettowohnflächen ­aller Wohnräume.
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