Bauvertrag

Vertragsrücktritt bei nicht genehmigungsfähiger Planung

Bauvertrag
29.06.2022

Es kann bei der Abwicklung von Bauprojekten vorkommen, dass die (erste) Einreichplanung des Architekten nicht genehmigungsfähig ist. Doch ist der Bauherr zum sofortigen Rücktritt vom Vertrag berechtigt?

Wird ein entgeltlicher Vertrag von einem Teil entweder nicht zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllt, befindet sich dieser Vertragsteil in Verzug. Beim Architektenvertrag ist die Genehmigungsfähigkeit der Planung wohl bedungene Eigenschaft der Leistung.
Bei Verzug ist der andere (vertragstreue) Teil berechtigt, unter Setzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Vertragsrücktritt zu erklären (§ 918 Abs. 1 ABGB). Dieses Recht steht auch bei einem in der Verweigerung der Zuhaltung von vereinbarten wesentlichen Vertragsbedingungen gelegenen Vertragsbruch zu, wenn dieser mit einer schweren Erschütterung des Vertrauens in den Vertragspartner einhergeht.

Die Angemessenheit der Frist bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei auf die Interessen beider Vertragspartner Bedacht zu nehmen ist; anstelle einer zu kurzen Frist tritt allenfalls eine längere Frist. Der Rücktritt wird erst nach Ablauf der angemessenen Nachfrist wirksam. Von der Nachfristsetzung kann abgesehen werden, wenn der Schuldner offensichtlich nicht in der Lage ist, die Leistung nachzuholen oder sich (ernsthaft und endgültig) weigert, die Leistung vertragskonform zu erbringen.

Entbehrlichkeit der Nachfrist

Tritt der Bauherr vom Vertrag ohne Setzung einer Nachfrist zurück, trifft ihn die Behauptungs- und Beweislast für die Entbehrlichkeit der Nachfrist. Der OGH judiziert zu Architektenverträgen, dass die Erstellung einer mangelhaften Einreichplanung nicht zur Vertragsauflösung berechtigt, wenn die Mängel verbesserungsfähig sind. 

Der OGH hat die Entbehrlichkeit verneint, wenn der Planer zwar über keine Gewerbeberechtigung verfügt und kein planender Baumeister ist, diese Qualifikation bei Vertragsabschluss aber nicht vorausgesetzt wurde (OGH 2 Ob 163/13d). Ein Rücktritt ohne Nachfrist ist auch nicht berechtigt, wenn die Genehmigung daran scheitert, dass der Bauherr die Pläne eigenmächtig und ohne Unterschrift der Miteigen­tümer einreicht, auch wenn erst die dritte Version der Einreichplanung genehmigungsfähig gewesen wäre. Der Planer trägt nicht automatisch das Risiko der Genehmigungsfähigkeit; insbesondere dann nicht, wenn der Bauherr mit einer speziellen baulichen Gestaltung verbundene Schwierigkeiten bewusst in Kauf genommen hat (OGH 6 Ob 196/15i). Der OGH hat jüngst die Entbehrlichkeit der Nachfrist verneint, wenn am Plan so gravierende Mängel (Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe von 5 m um 2,1  m)  vorliegen, die ohne eine Abänderung des geplanten Gebäudes, welche sich auf die Erscheinung und Nutzbarkeit auswirken würde, nicht behoben werden könnten, der Bauherr aber mit vom ursprünglichen Einreichplan abweichenden Lösungen einverstanden gewesen wäre (OGH 4 Ob 9/22k).

Reine Architektenverträge sind nach ständiger Rechtsprechung als Werkverträge zu qualifizieren. Bei einer Abbestellung des Werkes behält der Werkunternehmer einen (beschränkten) Anspruch auf das vereinbarte Entgelt (§ 1168 Abs. 1 ABGB). Dies gilt dann nicht, wenn die Abbestellung auf schuld­haftes Verhalten des Werkunternehmers zurück­zuführen ist, der sofortige Vertragsrücktritt also berechtigt erfolgt.

Fazit

Bei Schuldnerverzug oder vertrauenserschütterndem Vertragsbruch ist der (vertragstreue) Teil zum Vertragsrücktritt unter Setzung einer Nachfrist berechtigt. Diese ist entbehrlich, wenn der Schuldner zur vertragskonformen Leistung nicht in der Lage ist oder diese verweigert. Bei Mängeln der Einreich­planung ist die Nachfrist nicht entbehrlich, wenn die Mängel verbesserungsfähig sind. Es ist daher bei einem beabsichtigten Rücktritt Vorsicht geboten, zumal der Architekt bei unberechtigtem Rücktritt ohne Nachfrist seinen Anspruch auf das vereinbarte Entgelt behält.

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