Ausschreibung

Fehlende K-Blätter – behebbare Mängel oder doch nicht?

Rechtstipp
31.05.2021

Sind fehlende K-Blätter trotz Vorgabe in der Ausschreibung ein behebbarer Mangel? Eine strittige Frage – erst recht nach einem neuen Urteil des LVwG NÖ.

Kalkulationsformblätter gemäß ÖNorm B 2061 werden bei Bauausschreibungen regelmäßig vom Auftraggeber verlangt. Vergaberechtlich stellt sich die Frage, ob das Angebot, wenn K-Blätter entgegen der Ausschreibung nicht mit dem Angebot vorgelegt werden, wegen eines unbehebbaren Mangels auszuscheiden ist. Die Judikatur ist nicht eindeutig. In der Vergangenheit gab es Entscheidungen in Richtung von behebbaren Mängeln. Das LVwG NÖ hat in einer aktuellen Entscheidung (12.5.2021, LVwG-VG-2/002-2021) die gegenteilige Ansicht vertreten.

Die Rechtslage

Das Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG) kennt zwar beide Arten von Mängeln, legt aber nicht fest, wo die Grenze liegt. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat diese Grenze wie folgt festgelegt: Ein Mangel ist unbehebbar, wenn durch seine Behebung eine materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung eintreten würde. Dass dieser Grundsatz nicht immer klar ist, zeigt sich allerdings am Beispiel der K-Blätter.

Die Entscheidung des LVwG NÖ

Das LVwG NÖ führt folgende Gründe an, warum die Nachreichung von K-Blättern ein unbehebbarer Mangel sein soll:

◼ Der Bieter könnte „nach Angebotsöffnung und damit in Kenntnis seiner Wettbewerbsstellung“ seine Preiseneu herleiten bzw. die einzelnen […] Kostenkomponenten frei gestalten […] und einen ursprünglich möglicherweise unplausiblen oder gar spekulativen Preis zu einem plausiblen“ machen.

Das Argument überzeugt nicht. Der Preis kann durch die K-Blätter nicht mehr geändert werden, sondern nur dessen Herleitung aus der Kalkulation wird ergänzt. Wie soll ein Bieter durch K-Blätter aus einem unplausiblen oder spekulativen Preis – den er ja nicht mehr ändern kann – einen „korrekten“ Preis machen?

◼ Der Bieter könnte in Kenntnis seiner Wettbewerbsstellung mit seinen Lieferanten Verhandlungen führen, um die Kostenkomponenten „anders (z. B. hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Plausibilität) zu gestalten“.

Auch das ist nicht überzeugend. Was sollen solche Verhandlungen angesichts der Kenntnis der Wettbewerbsstellung bringen, wenn der Preis selbst nicht mehr geändert werden kann?

◼ Der Bieter hätte „weitaus mehr Zeit zur Kalkulation seiner [Preise] zur Verfügung als jene Mietbieter, die [die K-Blätter] bereits bei der Angebotslegung abgegeben haben“.

Auch dieses Argument ist nicht überzeugend. Die Preise muss jeder Bieter für das Angebot kalkuliert haben, die K-Blätter sind nur die (teilweise) Offenlegung dieser Kalkulation. Nach meiner Ansicht bringen K-Blätter grundsätzlich keinen „materiellen“ Wettbewerbsvorteil im Sinne der obigen VwGH-Abgrenzung. In die Betrachtung, ob K-Blätter behebbare Mängel sind, ist insbesondere einzubeziehen, dass nach dem System des BVergG die Kalkulationsunterlagen gerade nicht Teil des Angebots, sondern erst im Zuge einer vertieften Angebotsprüfung (§§ 137 ff BVergG) nachzureichen sind. Wenn die obigen Argumente des LVwG NÖ zutreffend wären, läge in jeder vertieften Angebotsprüfung ein Wettbewerbsvorteil für den betroffenen Bieter. Es ist aus meiner Sicht bedauerlich, wenn die Judikatur das ohnehin schon sehr formalistische Vergabeverfahren des BVergG durch überschießende Qualifizierung von unbehebbaren Mängeln noch mehr in diese Richtung treibt.

Der Praxistipp

Als Bieter sollte man genau lesen, was die Ausschreibung vorgibt:

◼ Wenn die Ausschreibung K-Blätter bereits mit dem Angebot verlangt (auch wenn die Nichtvorlage mit dem Angebot in der Ausschreibung nicht ausdrücklich als unbehebbarer Mangel festgelegt wird), sollten angesichts dieser Judikaturdivergenz zur Sicherheit die K-Blätter auch vollständig mit dem Angebot vorgelegt werden.

◼ Wenn die Ausschreibung festlegt, dass die K-Blätter erst auf Aufforderung nachzureichen sind, müssen sie nicht bereits mit dem Angebot abgegeben werden.

◼ Wenn die Festlegungen in der Ausschreibung nicht ganz klar sind, sollte beim Auftraggeber möglichst rasch (jedenfalls vor Ende der Angebotsfrist) nachgefragt werden.

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