Bundesvergabegesetz

Fristen im Vergabeverfahren

Rechtstipp
10.03.2021

Fristen für Teilnahmeanträge und Angebote sind im Vergabeverfahren strikt einzuhalten. Ein Überblick der aktuellen Fristen.

Die Judikatur ist äußerst streng: Nach Fristab­lauf – ab der ersten Sekunde – eingelangte Teilnahmeanträge und Angebote darf der Auftraggeber nicht berücksichtigen. Verspätet eingelangte Angebote dürfen nach dem Bundesvergabe­gesetz (BVergG 2018) nur geöffnet werden, wenn dies zur Feststellung der Bieteridentität erforderlich ist.

In elektronischen Vergabeverfahren sind außerdem die Vergabeportale regelmäßig so eingestellt, dass mit Ablauf der Frist gar keine Unterlagen mehr hochgeladen werden können.

Allgemeines

Gemäß §§ 67 und 239 Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018) hat der Auftraggeber „Fristen so zu bemessen und festzusetzen, dass den von der Fristsetzung betroffenen Unternehmern ausreichend Zeit für die Vornahme der entsprechenden Handlungen verbleibt“. Das bedeutet, dass die unten angeführten Teilnahme- und Angebotsfristen vom Auftraggeber verlängert werden müssen, wenn sie im Einzelfall nicht ausreichen (besonders bei umfangreichen oder komplexen Aufgabenstellungen für die Unternehmer). Im Falle von Berichtigungen der Teilnahme- oder Ausschreibungsunterlagen oder von knapp vor Fristablauf erteilten Fragebeantwortungen müssen die Fristen entsprechend verlängert werden, soweit notwendig.

Mindestfristen

Teilnahmeanträge gibt es nur in der ersten Stufe von mehrstufigen Vergabeverfahren (nicht offenes oder Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung, wettbewerblicher Dialog, Innovationspartnerschaft). Der Oberschwellenbereich ist jener Bereich, in dem die EU-Vergaberichtlinien gelten und daher eine Bekanntmachung des Vergabeverfahrens auch EU-weit zu veröffentlichen ist. Bei Bauaufträgen beginnt der Oberschwellenbereich (OSB) ab einem geschätzten Auftragswert von 5,35 Mio. Euro (exklusive USt).

Die Fristen beginnen bei Bekanntmachungen mit dem Tag, an dem die Bekanntmachung vom Auftraggeber an die für Veröffentlichungen zuständige Stelle abgeschickt wird (da bis zur Veröffentlichung der Bekanntmachung ein bis zwei Tage verstreichen können, werden die Fristen bereits dadurch fallweise etwas verkürzt). Bei direkter Zusendung an die Unternehmer (z. B. Aufforderung zur Angebotslegung) beginnen die Fristen mit dem Tag der Absendung bzw. Bereitstellung durch den Auftraggeber (wenn dies elektronisch der Fall ist, entsteht dadurch für die Unternehmer keine Fristverkürzung).

Folgende Mindestfristen für die gängigsten Verfahrensarten muss der Auftraggeber einhalten:

OSB USB
öffentliche Auftraggeber / Teilnahmeantragsfrist 30 Tage 14 Tage
öffentliche Auftraggeber / Angebotsfrist offenes Verfahren 30 Tage 20 Tage
öffentliche Auftraggeber gemäß Anh III / Angebotsfrist nicht offenes Verfahren und Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung 25 Tage 10 Tage
sonstige öffentliche Auftraggeber / Angebotsfrist nicht offenes Verfahren und Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung 10 Tage 10 Tage
öffentliche Auftraggeber / Angebotsfrist nicht offenes Verfahren und Verhandlungsverfahren ohne vorheriger Bekanntmachung keine Mindestfrist keine Mindestfrist
Sektorenauftraggeber / Teilnahmeantragsfrist 15 Tage keine Mindestfrist
Sektorenauftraggeber / Angebotsfrist offenes Verfahren 30 Tage keine Mindestfrist
Sektorenauftraggeber / Angebotsfrist nicht offenes Verfahren und Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung 10 Tage keine Mindestfrist
Sektorenauftraggeber / Angebotsfrist nicht offenes Verfahren und Verhandlungsverfahren ohne vorheriger Bekanntmachung keine Mindestfrist keine Mindestfrist

Sonderregelungen

Die gesetzlichen Mindestfristen für Angebote sind um fünf Tage zu verlängern, wenn die Ausschreibungsunterlagen nicht elektronisch übermittelt oder bereitgestellt werden; und um weitere fünf Tage, wenn die Angebote nicht elektronisch eingereicht werden können. Eine begrenzte Verkürzung der gesetzlichen Mindestfristen ist nur in folgenden Fällen zulässig:

  • Wenn der Auftraggeber zwischen 35 Tage und 12 Monate vor Bekanntmachung eine Vorinformation über die geplante Beschaffung veröffentlicht hat; oder
  • aus besonderer Dringlichkeit (die nur selten vorliegt und nicht vom Auftraggeber selbst verschuldet sein darf); oder
  • im Unterschwellenbereich bei Lieferaufträgen „mit allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmalen“. 
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