Werkvertragsrecht

Unverhältnismäßig hoher Aufwand der Verbesserung?

Rechtstipp
18.05.2021

In der Theorie ist die Grenze zu unverhältnismäßig hohem Aufwand für Verbesserungen im Werkvertragsrecht klar geregelt, in der Praxis ergeben sich schwierige Abgrenzungsfragen.

Wenn die Mängelbehebung für den Auftragnehmer (AN) mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden ist, kann er den Auftraggeber (AG) gemäß § 932 Abs. 4 ABGB auf die sekundären Gewährleistungsbehelfe Preisminderung oder Wandlung verweisen. Unverhältnismäßigkeit liegt vor, wenn die Vorteile aus der Mängelbehebung in einem offensichtlichen Missverhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand stehen. Soweit die Theorie – in der Praxis ergeben sich schwierige Abgrenzungsfragen.

Die Theorie

Der AN kann die Unverhältnismäßigkeit des Aufwands nicht nur der vom Übernehmer zwischen Verbesserung und Austausch getroffenen Wahl entgegenhalten, sondern ihn deshalb auch auf die sekundären Rechtsbehelfe verweisen. Wären also beide primären Abhilfen, Verbesserung und Austausch mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden oder ist nur Verbesserung oder Austausch möglich, aber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden, kann der AN die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands überhaupt „verweigern“ und den AG auf die sekundären Rechtsbehelfe, Preisminderung und Wandlung verweisen. Er trägt in so einem Fall jedoch auch die Beweislast, dass es sich tatsächlich um einen unverhältnismäßig hohen Aufwand handelt. Lehnt der AN die Verbesserung ab, kann der AG die Rechtsbehelfe Preisminderung oder Wandlung geltend machen und das zur Verbesserung notwendige Deckungskapital sofort einklagen.

Beurteilung durch die österreichische Rechtsprechung

Kommt es zu einer Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit, können grundsätzlich dieselben Kriterien herangezogen werden wie bei der Beschränkung des Wahlrechts des AN bezüglich der beiden primären Rechtsbehelfe. Die Rechtsprechung beurteilt die Unverhältnismäßigkeit der Verbesserung i. S. d. § 932 Abs. 4 ABGB allerdings nicht – wie nach § 932 Abs. 2 ABGB – „relativ“ im Verhältnis zu einer konkreten sekundären Abhilfe, sondern „absolut“ und gewichtiger. Nach der Rechtsprechung sind Aufwand des AN und erzielbarer qualitativer Erfolg zueinander in Verhältnis zu setzen. Je höher der Erfolg ist, desto größer wird in der Regel auch der Vorteil für den AG sein.

Behebbar ist dabei nur der Mangel, der sich mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln beheben lässt, wobei der mit unverhältnismäßigem Aufwand am konkreten Werk behebbare Mangel als unbehebbar gilt, wenn der AN nicht beheben will. Dass die Verbesserung dem AN hohe Kosten verursacht, selbst wenn diese Kosten den Wert des Werks übersteigen, reicht zur Annahme der Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes noch nicht aus, da es auf das Verhältnis zwischen Werklohn und Verbesserungsaufwand nicht ankommt.

Bedacht zu nehmen ist auf die Wichtigkeit einer Behebung des Mangels für den AG. Die Berechnung des Werts des mangelhaften Werks ist nach jenem Verhältnis vorzunehmen, in welchem zur Zeit des Vertragsabschlusses der Wert des Werks in mangel­freiem Zustand zu dem Wert des mangelhaften Werks gestanden haben würde. Wohl auch von Bedeutung ist ein Vergleich mit der Vermögenslage des AN im Falle der Wandlung. Stünde er dabei nicht (wesentlich) besser als bei Erfüllung des Primärbehelfs, kann die Verbesserung für ihn nicht unverhältnismäßig aufwendig sein.

Fazit

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Beurteilung, ob die Verbesserung tatsächlich mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden ist, stets eine Einzelfallentscheidung ist. In Anbetracht der durchwegs fallbezogenen Judikatur kann keine einheitliche Formel zur Beurteilung einer möglichen Unverhältnismäßigkeit der Verbesserung gebildet werden. Als Leitsatz kann jedoch herangezogen werden, dass eine Unverhältnismäßigkeit dann gegeben ist, wenn der mit der Verbesserung verbundene Aufwand in keinem Verhältnis zu der Bedeutung des Mangels für den AG und dem mit der Verbesserung verbundenen Aufwand des AN steht.

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