Ausschluss von Bietern

Rechtstipp
14.12.2020

Der Erfolg im Vergabeverfahren ist manchmal von Subunternehmern abhängig, da ein Bieter dessentwegen ausgeschlossen werden kann.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte folgenden Fall zu entscheiden: Ein Bieter hatte drei Subunternehmer genannt (offenbar, auch wenn dies nicht eindeutig aus der Entscheidung hervorgeht, für den gleichen Leistungsteil). Ein Subunternehmer erfüllte einen Ausschlussgrund (vergleichbar mit einer „schweren Verfehlung“ im Rahmen der beruflichen Tätigkeit gemäß § 78 Abs. 1 Z 5 Bundesvergabegesetz 2018). Nach dem nationalen (italienischen) Recht führte dies zum zwingenden Ausschluss des Bieters selbst.
Der EuGH stellte fest, dass ein Ausschluss eines ­Bieters wegen Vorliegens eines Ausschlussgrundes gegen einen Subunternehmer grundsätzlich zulässig ist, machte aber eine wesentliche Einschränkung: Dieser Ausschluss darf nicht automatisch erfolgen, sondern nur nach Prüfung der Umstände des Einzelfalles.

Dies entspricht der allgemeinen Linie des EuGH, der in solchen Fällen regelmäßig die „Einzelfall­gerechtigkeit“ betont, also die Verhältnismäßigkeit einer solchen Sanktion. Der EuGH hält fest, dass der Auftraggeber bei dieser Einzelfallprüfung über ein „Ermessen“ verfügt.
Das ist zwar an sich lobenswert, aber schwierig für die Vergabepraxis. Auftraggeber schätzen einen solchen Ermessensspielraum nicht besonders. Sie würden eindeutige Regelungen bevorzugen, um weniger Aufwand und mehr Rechtssicherheit zu haben.
Dazu kommt, dass der EuGH die Grundsätze dieser Verhältnismäßigkeit nur beispielhaft anführt. Wenn man sich diese Beispiele näher ansieht, wird auch die österreichische Vergabepraxis und Judikatur etwas infrage gestellt:

Grundsätze der Verhältnismäßigkeit laut EuGH

  • Der EuGH erwähnt den Fall, dass aus dem Angebot des Bieters abzuleiten ist, dass er auch ohne den fraglichen Subunternehmer den Auftrag ausführen kann. Das würde erstens bedeuten, dass kein Ausschluss des Bieters zu erfolgen hat, wenn der fragliche Sub­unternehmer nicht eignungsrelevant ist. Zweitens wäre der Bieter auch nicht auszuschließen, wenn er für den jeweiligen Leistungsteil mehrere Subunternehmer im Angebot genannt hat und daher auf einen anderen genannten – und geeigneten – Subunternehmer wechseln kann. Beides ist im Wesentlichen mit der überwiegenden österreichischen Judikatur vereinbar.
  • Weiters erwähnt der EuGH die Möglichkeit der „Selbstreinigung“ (also des Nachweises, dass man durch entsprechende Compliance-Maßnahmen trotz Vorliegens eines Ausschlussgrundes doch zuverlässig ist). Der EuGH spricht hier zwar verwirrenderweise von der „Selbstreinigung“ des Bieters selbst, aber es müsste eigentlich um die „Selbstreinigung“ des Subunternehmers gehen.
  • Der EuGH sagt weiters, dass es bei (im Sinne der EU-Vergaberichtlinien) „fakultativen“ Ausschlussgründen relevant ist, ob „die begangenen Un­regelmäßigkeiten geringfügig sind oder es sich um die Wiederholung kleinerer Unregelmäßigkeiten handelt“. Eine solche Abwägung ist zwar beim gegenständlichen Ausschlussgrund auch dem österreichischen Bundesvergabegesetz 2018 zu entnehmen, weil der Ausschluss nur bei „schweren“ Verfehlungen zu erfolgen hat, aber nicht bei anderen Ausschlussgründen (ausgenommen „gering­fügige“ Rückstände bei Sozialversicherung und Steuern).
  • Der EuGH erwähnt in diesem Zusammenhang auch, dass der Bieter „womöglich nicht im erforderlichen Maße über Macht und Mittel“ für die Kontrolle des Subunternehmers verfügt. Damit ist offenbar gemeint, dass ein Ausschlussgrund bei einem Subunternehmer weniger streng zu prüfen wäre als ein solcher beim Bieter selbst. Solche Überlegungen sind dem österreichischen Verständnis des Vergaberechts aber bisher fremd gewesen.

Der Praxistipp

Folgende bieterseitigen Vorsichtsmaßnahmen sind empfehlenswert:

  • Die Teilnahme- oder Ausschreibungsunterlagen sollten genau gelesen werden. Fallweise gibt es die Möglichkeit, Subunternehmer (auch eignungs­relevante) unter bestimmten Umständen nachzunominieren oder auszutauschen. Bei Unklarheiten können während der Teilnahme- oder Angebotsfrist Fragen an den Auftraggeber gestellt werden.
  • Die Eignung von Subunternehmern sollte vorab selbst geprüft werden.
  • Eine Mehrfachnennung von Subunternehmern je Leistungsteil kann hilfreich sein.
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