BVwG-Entscheidung

Zur Mehrfachbeteiligung verbundener Unternehmer

Beteiligung
07.03.2022

Eine Mehrfachbeteiligung verbundener Unternehmer ist im Vergaberecht nicht grundsätzlich verboten, aber im Einzelfall oft unzulässig.

Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG 3. 2. 2021, W134 2237367-2) zeigt, dass eine solche Mehrfachbeteiligung mit einem erheblichen Risiko verbunden ist. Die Folge einer unzulässigen Mehrfachbeteiligung ist, dass sämtliche von der Mehrfachbeteiligung betroffenen Angebote auszuscheiden sind.

Der Sachverhalt

Bieter A war die 100-%-Muttergesellschaft von ­Bieter B. Beide haben Angebote abgegeben, nachdem sie beide vom Auftraggeber dazu eingeladen wurden (es handelte sich um ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung).

Beide Gesellschaften wiesen überdies eine Personenidentität in der Geschäftsführung auf. Diese Person (Geschäftsführer X) war in beiden Gesellschaften Geschäftsführer. Dieser hat beide Angebote unterzeichnet (elektronische Signatur) und hat auch für beide Bieter an Verhandlungsgesprächen im Vergabeverfahren teilgenommen.

Der Auftraggeber hat – nachdem er das zunächst offenbar ignorierte – in der letzten Phase der Angebotsprüfung doch ein Problem darin erkannt und die Angebote beider Bieter ausgeschieden. Diese haben das beim BVwG bekämpft.

Die Entscheidung

Das BVwG skizzierte zunächst die Rahmenbedingungen für solche Fälle aus der Judikatur des EuGH:

  • Angebote verbundener Unternehmer sind nicht von vornherein unzulässig, der Auftraggeber darf dies nicht in der Ausschreibung allgemein verbieten.
  • Allerdings müssen Angebote solcher Unternehmer eigenständig und unabhängig voneinander erstellt und abgegeben werden.
  • Wenn der Auftraggeber Angebote mit Beteiligung verbundener Unternehmer erhält, muss er die Bieter dazu um Aufklärung fragen und dies entsprechend prüfen. Erst dann darf bzw. muss er entscheiden, ob die Angebote ausgeschieden werden oder nicht.
  • Wesentlich ist die Beweislastverteilung: Der Auftraggeber muss nicht nachweisen, dass die Angebote nicht unabhängig erstellt und abgegeben wurden; es reicht, wenn Indizien vorliegen, die in diese Richtung weisen. Dann müssen die Bieter nachweisen, dass die Angebote unabhängig erstellt und abgegeben wurden.

Im gegenständlichen Fall hat das BVwG – wenig überraschend – entschieden, dass die Angebote nicht unabhängig erstellt und abgegeben wurden und daher zu Recht ausgeschieden wurden. Schließlich hat der Geschäftsführer X beide Angebote unterzeichnet und für beide Bieter an Verhandlungen teilgenommen, was belegt, dass ihm beide Angebote und deren Inhalte bekannt waren.

Die Bieter versuchten noch, dies dadurch zu widerlegen, indem sie Folgendes angaben: Eine Mitarbeiterin eines der beiden Bieter hätte für die elektronische Signatur lediglich das Handy des Geschäftsführers X benützt, tatsächlich hätte der Geschäftsführer X aber nichts davon gewusst. Das BVwG bezeichnete das – auch nicht überraschend – als "unglaubwürdige Schutzbehauptung" (abgesehen davon, dass das nichts daran geändert hätte, dass der Geschäftsführer X für beide Bieter an Verhandlungen teilgenommen hat).

Letztlich hat das BVwG noch ausgeführt, dass das Verhalten des Auftraggebers – also ob er etwa, wie hier, die verbundenen Unternehmer zur Angebots­abgabe einlädt – unbeachtlich ist. Das ändert nichts an der unzulässigen Abgabe von Angeboten, die nicht getrennt voneinander erstellt wurden.

Der Praxistipp

Eine Mehrfachbeteiligung verbundener Unternehmer sollte nur mit großer Vorsicht erfolgen. Die Hürde des Beweises, dass die Angebote vollständig unabhängig voneinander erstellt wurden, kann unüberwindbar werden.

Zwar ist ein solcher Beweis auch schon manchmal gelungen (vor allem früher, in weniger strengen vergaberechtlichen Zeiten; da ist es auch schon vorgekommen, dass der Umstand getrennter Kalkula­tionsabteilungen – zwar im selben Gebäude, aber in unterschiedlichen Räumen – ausreichte). Aber darauf sollte man sich im Regelfall nicht verlassen.

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