Unternehmensportrait

Runde Sache mit Rohren

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02.10.2024

Das oberösterreichische Unternehmen Bauernfeind ist vom Einmann-Betrieb zu einem internationalen Rohrhersteller gewachsen. Das Erfolgsrezept: Unternehmergeist – und eine gesunde Portion Hartnäckigkeit.
Marcel und Erwin Bauernfeind: weitere Expansion mit Rohren.
Marcel und Erwin Bauernfeind: weitere Expansion mit Rohren.

Es gibt zwei Möglichkeiten mit Rückschlägen und Widerständen umzugehen: Man gibt auf oder man macht weiter – unter Umständen, indem man eine neue Lösung findet. Erwin Bauernfeind bevorzugt ganz offensichtlich Variante zwei. Er war mehrfach mit Rückschlägen in seinem Berufsleben konfrontiert. Sie waren der Auslöser für wichtige Entscheidungen, die sich später als goldrichtig erweisen sollten.  

Erfolg durch Rückschläge

Rückschlag Nummer eins: Im Alter von 20 Jahren konnte Bauernfeind aufgrund eines Verkehrsunfalls seinen erlernten Beruf als Fleischhauer nicht mehr ausüben. Der junge Oberösterreicher arbeitete zunächst als Staubsaugerverkäufer. Dann verkaufte er Reinigungsmittel. Während dieser Tätigkeit wurde er von einer Einkaufsgemeinschaft von Landwirten gefragt, ob er Interesse habe, sie mit Nägeln und Schrauben zu beliefern. Nun kam Widerstand Nummer zwei: „Ich habe das mit meinem Chef besprochen, der hatte aber kein Interesse“, erinnert sich der heute 57-jährige. Die Lösung: „Ich habe einen Gewerbeschein erworben und mich selbständig gemacht.“

Das war die Gründung der Firma Bauernfeind im Jahr 1990. Seitdem sind mehr als 30 Jahre und tausende von Kundengesprächen vergangen. Die Bauernfeind GmbH mit Sitz in Waizenkirchen im Hausruckviertel beschäftigt mittlerweile rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und hat Kunden in mehr als 20 Ländern beliefert. Zu den wichtigsten Märkten zählen neben dem Heimmarkt Österreich vor allem Deutschland und die Schweiz sowie Belgien, Slowenien und Tschechien. Die Spezialität des Familienbetriebs hat allerdings nur mehr wenig mit Nägeln und Schrauben zu tun: Bauernfeind produziert und handelt mit Rohren. Das Unternehmen ist der einzige österreichische Hersteller von Abwasser-Doppelverbund-Wellrohren und Glatt-Rohren aus Polypropylen (PP).

Diese Rohre haben einen Durchmesser von 100 bis 1.600 Millimetern. Sie kommen beim Straßen-, Bahn- und Tunnelbau zum Einsatz, im Industrie- und Gewerbebau oder als Regen- und Mischwasserkanal. Sie dienen zur Hangentwässerung, Graben- oder Bachverrohrung oder werden in der Landwirtschaft im Haus- und Stallbau, für Gülleleitungen oder Sammelleitungen verwendet. „Unsere Kunden sind vor allem Landwirte, Straßenmeistereien, Gemeinden und Skigebiete“, so Firmenchef Bauernfeind. Das Unternehmen zählt aber auch die ÖBB zu seiner Klientel –  es hat die gesamte Entwässerung des Semmering-Tunnels geliefert –  und hat heuer die Zulassung bei der Deutschen Bahn erhalten.

Das Besondere an den Rohren aus dem Hause Bauernfeind ist ihre Qualität – und die basiert vor allem darauf, dass sie eine deutlich höhere Wandstärke aufweisen als die Produkte der Konkurrenz. Bei einem Doppelverbund-Wellrohr mit einem Durchmesser von 150 Millimetern schreibt die Önorm beispielsweise eine Innenwandstärke von einem Millimeter vor. Das entsprechende Bauernfeind-Rohr verfügt je nach Produkt über eine Wandstärke von drei oder vier Millimetern. Das bringt Vorteile, die aus Sicht von Bauernfeind den höheren Preis gegenüber Billigprodukten mehr als wettmachen. „Durch die verstärkte Innenwand haben unsere Rohre eine höhere Lebensdauer. Durch die dickere Verschleißschicht hält das Rohr auch stärkeren Belastungen durch Geröll, Schotter oder Sand länger stand“, meint er. „Wir setzen ganz bewusst auf Qualität.“

Dazu zählt er auch die Beratung: „Wir sind am Markt bekannt für unsere gute Beratung. Da wir die meisten unserer Rohre selber herstellen, kennen wir sie schon aus der Produktion sehr gut – vom Grundmaterial bis zum fertigen Rohr“, meint der Unternehmer. „Wir haben viel mehr Wissen über die Rohe als so mancher Händler.“ Und er verweist auf eine weitere Stärke des von ihm aufgebauten Betriebs: „Wir leisten uns ein großes Lager und verfügen über eigene LKWs. So können wir schnell und unkompliziert liefern. Das ist ein ganz wesentlicher Grund, warum sich Kunden für uns entscheiden.“

Die eigene Produktion erleichtert es den Oberösterreichern zudem, flexibel auf besondere Kundenwünsche zu reagieren, die über Standortlösungen hinausgehen. „Wir fertigen viele Sonderteile für ganz unterschiedliche Anwendungen“, so Bauernfeind. „Der Kunde kommt oftmals mit einer Handskizze zu uns.  Dort sieht man, wie groß der Schacht ist und wo welches Rohr angeschlossen werden soll. Wir machen eine exakte Zeichnung. Der Kunde bestätigt uns die Angaben, und wir fertigen den Schacht an – genau nach Bedarf, egal wie viele Zuläufe er hat oder wie groß diese sind.“

Die eigene Produktion von Rohren gibt es mehr als 15 Jahren. Den Anstoß dafür gab erneut ein Ereignis, das sich als Rückschlag bezeichnen lässt. Bauernfeind hatte zehn Jahre zuvor sein Sortiment erweitert und Rohre in das Produktportfolio aufgenommen. 2007 gab es allerdings Probleme mit der Qualität der gelieferten Rohre. „Wir haben damals mit dem Hersteller in Italien gesprochen. Seine Antwort war immer die gleiche – Einbaufehler, falsche Handhabung, Transportschaden“, erinnert sich Bauernfeind. „Das hat mich so geärgert, dass ich mich entschlossen habe, eine eigene Produktion aufzubauen.“

2008 wurde die Produktionshalle in Betrieb genommen, 2009 die Rohrproduktion eröffnet. Weitere Investitionen in die Expansion folgten. 2013 nahm das Unternehmen beispielsweise eine neue Produktionsstraße und einen Rohstoffsilo in Betrieb. 2016 folgte eine automatische Schlitzanlage und 2018 eine vollautomatische Plattenfräsmaschine und Photovoltaik-Anlage zur Stromversorgung. Im Mai dieses Jahres schloss man die bislang letzte große Investition ab, den Bau einer neuen Produktionsanlage für Doppelverbund-Wellrohre – Produktname „PP Mega-Rohre“ – der zweiten Generation.

Damit soll das Wachstum nicht abgeschlossen sein. Bauernfeind erhofft sich vor allem von der Zulassung bei der Deutschen Bank einen Absatzschub – zudem entwickelt sich seit geraumer Zeit der Absatz bei einem weiteren Produkt sehr positiv: Regenwassertanks, mit bis zu 30.000 Liter in einem Stück aufnehmen können oder Großanlagen aus mehreren Rohren. Sie kommen vor allem bei der Wasserrückhaltung in Bereichen mit hoher Bodenversiegelung zum Einsatz. Starke Unwetter wie im August wirken durchaus stimulierend auf dieses Segment. Bauernfeind: „Die Nachfrage ist groß, und sie wird weiter groß sein.“ 

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