17. Biennale Architetturo

Das Phänomen des Plattform-Urbanismus

Ausstellung
02.06.2021

Von: Redaktion Handwerk + Bau
Am 20. Mai 2021 wurde die 17. Biennale Architettura 2021 in Venedig eröffnet. Beim österreichischen Projekt "Platform Austria" von Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer stehen die Veränderungen im Zeitalter digitaler Plattformen im Mittelpunkt.
Installation im Österreich Pavillon auf der 17. Biennale Architetturo in Venedig
Ein der Installationen im Österreich Pavillon auf der 17. Biennale Architetturo in Venedig.

Aufgrund von Corona konnte im Vorjahr die Biennale Architettura 2020 nicht stattfinden. Dank strengem Sicherheitskonzept klappt es dieses Jahr. Am 20. Mai 2021 eröffnete die 17. Biennale Architettura 2021 in Venedig, die bis 21. November 2021 läuft. Österreich ist mit dem Projekt "We Like. Platform Austria" vertreten.  Die Kuratoren Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer thematisieren in ihrem Beitrag für den Österreich-Pavillon das neue Phänomen in der Architektur, den Plattform-Urbanismus.

Stadtraum mit inselartigen Zonen?

Die beiden Kuratoren Helge Mooshammer und Peter Mörtenböck vor einer Installation im Österreich Pavillon.

Bislang galt die gebaute Form von Städten als beste Organisationsstruktur zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Plattformen wie Facebook, Amazon und Co haben jedoch einen großen Einfluss auf unser Leben. Sie verändern unser Zusammenleben sowie viele andere gesellschaftliche Bereiche und brechen alte Ordnungen der Ökonomie, des Gesundheits- und Bildungswesen, im Bauwesen sowie in unserer Kultur auf. Und sie haben durch die Coronakrise eine noch größere Relevanz bekommen.

Mörtenböck und Mooshammer haben sich daher mit der Frage, welche Rolle digitale Plattformen in der Zukunft spielen werden, auseinandergesetzt. Werden sie den Städten ihren Rang ablaufen, und wie werden sich diese beiden Organisationsmodelle zueinander verhalten? Kommt ein „Plattform-Urbanismus“ auf uns zu, dem virtuelle Verbindungen wichtiger sind als unser Leben vor Ort? Löst sich der reale Stadtraum in inselartige Zonen auf, in denen nur noch Fragmente sozialen Austauschs übrigbleiben?

Komplett veränderte Interaktion

Gemäß dem aktuellen Generalmotto der Biennale Architettura "How will we live together?" öffnen Mörtenböck und Mooshammer im Rahmen von Platform Austria einen Konversationsraum über die Potenziale der Zukunft und der Architektur. Da dieses Projekt schon für die Architekturbiennale 2020 geplant war, haben sich beiden Kuratoren schon lange vor dem Ausbruch der Coronakrise mit dem Thema Plattform-Urbanismus auseinandergesetzt. Aufgrund der Verschiebungen und neuen Herausforderungen wurde der Beitrag jedoch mehrmals adaptiert und aktualisiert. "Im Laufe des vergangenen Jahres haben wir alle viel über digitale Plattformen gelernt. In der Folge haben wir gesehen, wie Plattformen unsere Interaktion komplett verändert haben – die Art, wie wir arbeiten, lernen, einkaufen, uns unterhalten und uns treffen. Wo auch immer wir in der Welt sind: Wie wir Plattformen benützen, hat nicht nur einen gewaltigen Einfluss auf uns Menschen, es verändert auch unsere Städte", erklären Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer.

Facetten des Zusammentreffens

Beim Projekt "Platform Austria" greifen die beiden Kuratoren zwei wesentliche Aspekte der neuen Plattformkultur auf und verwenden diese als konzeptuelle Leitfäden. Der eine Aspekt ist "Der Fokus auf Konversation", der zweite Aspekt "Das Versprechen von Zukunftspotenzial". In sieben Kapiteln skizzieren sie, gemeinsam mit eingeladenen ExpertInnen, die neue Welt des Plattform-Urbanismus. Zusammen mit Saskia Sassen etwa ergründen sie, wie Technologiekonzerne das Leben in globalen Städten drastisch verändern. Mit Edgar Pieterse, dem Leiter des African Centre for Cities, sind sie dem Vorstoß von digitalen Plattformen in afrikanischen Städten auf der Spur. Gemeinsam mit der Stadtforscherin Vyjayanthi Rao studieren sie selbstinitiierte öffentliche Plattformen, die das soziale Leben in den unterversorgten Gebieten Mumbais unterstützen. Und mit dem Architekturstudio Teddy Cruz und Fonna Forman erproben sie Bildungsplattformen im amerikanisch-mexikanischen Grenzgebiet.

Präsentation im MAK Forum

Die beiden Kuratoren haben parallel zur Präsentation in Venedig eine Ausstellung im MAK Forum organisiert, die mittels Videoinstallationen und einer interaktiven Online-Plattform einen Dialog mit dem österreichischen Pavillon in Venedig aufbaut und die Thematik von Plattform-Urbanismus für BesucherInnen in Wien, die nicht nach Venedig reisen können, zugänglich macht.

Die physische Ausstellung in Venedig wird auch von einer umfangreichen Präsenz im Internet begleitet: Neben der Website mit internationalen Beiträgen von BloggerInnen und den Social Media-Kanälen bietet die Image Bank „We Like“ die Möglichkeit, Bildvorschläge zur Architektur der Zukunft hochzuladen, gemäß dem Generalmotto der diesjährigen Biennale Architettura „How will we live together?“

Der österreichische Beitrag zur Architektur-Biennale wurde erstmals über einen vom Bundeskanzleramt ausgelobten mehrstufigen Wettbewerb von einer Jury, bestehend aus Matthias Boeckl, Ernst J. Fuchs, Verena Konrad und Andreas Ruby, ausgewählt. Aus den 39 eingereichten Projektideen wurde von der Jury zunächst eine Shortlist erstellt und schließlich der Beitrag "Platform Austria" von Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer als Siegerprojekt nominiert. (ar)

Weitere Informationen:

MAK-Museum: www.mak.at

Virtual Opening Platform Austria: https://vimeo.com/552955590

17. Biennale Architettura 2021: https://www.labiennale.org/en/architecture/2021

Die Kuratoren

Peter Mörtenböck

ist Professor für Visuelle Kultur an der TU Wien und Research Fellow am Goldsmiths College, University of London. In seiner aktuellen Arbeit widmet er sich den Problematiken von urbaner Spekulation, globalem Ressourcenverbrauch und neuen Datenöffentlichkeiten.

Helge Mooshammer

arbeitet als Stadt- und Kulturforscher an der TU Wien sowie als Research Fellow am Goldsmiths College, University of London. Er ist Initiator zahlreicher internationaler Forschungs- und Ausstellungsprojekte zu Fragen von (post-)kapitalistischer Stadtökonomie und urbaner Informalität.

Die beiden Kuratoren sind Gründungsdirektoren des Centre for Global Architecture, einer interdisziplinären Plattform zum Studium der planetaren Verändungen heutiger Architektur- und Stadtproduktion.

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