Gewerbe und Handwerk

11 Milliarden Euro Einbußen

Gewerbe und Handwerk
13.01.2021

Die KMU Forschung Austria rechnet für 2020 mit einem Minus von 10,5 Prozent.
Bauarbeiter hält seinen gelben Helm
Das Gewerbe und Handwerk wird 2020 voraussichtlich mit einem Umsatzminus von 10,5 Prozent abschließen.

Die Coronakrise hat überall Spuren hinterlassen. Besonders stark getroffen hat es auch das Gewerbe und Handwerk. Aller Voraussicht nach wird das Jahr 2020 mit einem Umsatzminus von 10,5 Prozent abgeschlossen werden, was gegenüber dem Vorjahr 2019 de facto einer Einbuße von rund 11 Milliarden Euro entspricht.

Das Gewerbe und Handwerk ist somit von der Coronakrise deutlich stärker betroffen, als die österreichische Wirtschaft insgesamt, die laut den WIFO-Prognosen von Dezember 2020 ein nominelles BIP-Minus von 6,1 Prozent ausweisen wird.

Gewerbe und Handwerk besonders betroffen

„Mit den Impfstarts sind wir hoffnungsvoll ins Jahr 2021 gestartet. Wir wissen aber, dass wir noch etliche Zeit mit Schwierigkeiten rechnen müssen. Der Weg zur wirtschaftlichen Gesundung ist daher sehr lange und steinig“, erklärt Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) beim Jahres-Pressegespräch.

Die aktuellen Ergebnisse der vierteljährlichen Konjunkturumfrage belegen die große Betroffenheit der Unternehmen im Bereich Gewerbe und Handwerk: Für die ersten drei Quartale 2020 hat rund die Hälfte der Betriebe (49%) Umsatzrückgänge gemeldet, die sich im Durchschnitt auf mehr als 27 Prozent beliefen. Besonders stark hat sich der erste Lockdown zu Buche geschlagen. Die durchschnittlichen Rückgänge lagen im März 2020 bei 19,8 Prozent, im April bei 31,2 Prozent und im Mai bei 15,5 Prozent.

Große Dellen in den Auftragsbüchern

Körpernahe Dienstleister (wie Friseure, Kosmetiker und Masseure) hat es aufgrund der Geschäftssperren besonders hart getroffen, wobei konsumnahe Bereiche (wie Textilreiniger, Kleidermacher und Tontechniker) aufgrund der Schließung ihrer Auftraggeber aus Hotellerie, Gastronomie und der Veranstaltungsbranche mitleiden.

Natürlich schlagen sich die Corona-Maßnahmen auch in den Auftragsbüchern der investitionsgüternahen Betrieben (wie Bau- und Baunebengewerbe, Dachdecker, Spengler, Fliesenleger, Maler, Tischler, Installateure, Metalltechniker) nieder. Ausnahmen, sprich Steigerungen beim Auftragsbestand, gibt es nur im Holzbau, bei den Tischlern und dem Holzgestalteten Gewerbe sowie im Bereich Hafner, Platten- und Fliesenleger. „Insgesamt hat sich der Auftragsbestand aber im Durchschnitt um 8,4 Prozent reduziert“, berichtet Christina Enichlmair von KMU Forschung Austria. 43 Prozent der Betriebe gaben an, dass sie derzeit zusätzliche Aufträge sogar unverzüglich ausführen könnten. „Jetzt zeigt sich die Auftragsdelle, vor der wir schon lange warnen“, bekräftigt Scheichelbauer-Schuster, die gleichzeitig davor warnt, dass sich die Lage noch verschlechtern könnte, wenn Investitionsvorhaben im Tourismus oder der Kommunen ausbleiben.

Trotzdem planen nur 15 Prozent der heimischen Gewerbe- und Handwerksbetriebe im ersten Quartal 2021 ihren Personalstand zu  verringern. 74 Prozent wollen ihren Personalstand konstant halten und 11 Prozent haben sogar vor diesen zu erhöhen.

Konjunkturimpuls durch Handwerkerbonus Neu

Eines ist jedoch allen klar: Die Rückkehr auf den Wachstumspfad ist kein Selbstläufer. „Hier braucht es Impulse“, betont Sparten-Geschäftsführer Reinhard Kainz und verweist auf den Handwerkerbonus, der sich zwischen 2014 und 2017 bewährt hat. „Dieses Instrument sollte als Handwerkerbonus Neu aufgelegt werden und privat beauftragte Arbeitsleistungen bis zu 20.000 Euro pro Haushalt und Jahr zu 25 Prozent fördern.“ Der neue Handwerkerbonus soll aber nicht nur bei der Renovierung und Modernisierung des Wohnraums möglich sein, sondern soll auch für Außenanlagen wie Garten, Garagen und Zäune gelten. „Ein Konjunkturimpuls braucht immer einen starken Hebel“, so Kainz. Die Erfahrungen zeigen, dass sich der Handwerkerbonus durch höhere Steuerleistungen eigentlich selbst finanziert.  „Der Einsatz von 100 Millionen Euro über zwei Jahre würde eine Wertschöpfung von 310 Mio. Euro und 5200 Arbeitsplätze schaffen“,  bekräftigt Christina Enichlmair.    

Es ist daher wenig verwunderlich, dass laut einer Umfrage der KMU Forschung Austria 72 Prozent der befragten Unternehmen den Handwerkerbonus Neu für „sehr geeignet“ bzw. „geeignet“ halten, um die Nachfrage anzukurbeln. Dabei geht es nicht nur um die bessere Absatzmöglichkeit der Produkte, sondern auch um den Erhalt oder Ausbau der Arbeitsplätze im Betrieb und eine Reduktion von Schwarzarbeit bzw. Pfusch. Für Spartenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster ist es daher ganz klar, dass die Unternehmen den Handwerkerbonus Neu angesichts der schwächelnden Auftragslage dringend brauchen. Bezüglich eines Starts im März 2021 sieht sich das WKÖ-Team aufgrund der Erfahrungen mit dem ersten Handwerkerbonus gut aufgestellt. Die Präsentation des Handwerkerbonus Neu war sozusagen der Startschuss, definitive Gespräche mit den zuständigen Stellen soll es demnächst geben.