Sonnenstrom

Bei Photovoltaik sollte die Mehrwertsteuer fallen

Photovoltaik
09.02.2023

Dass der heimische Photovoltaik-Markt jene Rahmenbedingungen erhält, den diese Technologie im ­Energiemix zu Recht verdient, dafür sorgt seit rund 25 Jahren der Verband Photovoltaic Austria. Wir haben mit der Verbandschefin Vera Immitzer über allfällige Hürden gesprochen.
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Vera Immitzer

Vor 25 Jahren, an den Wurzeln Ihres Verbands, galt die Photovoltaik in Österreich als eher belächeltes Abenteuer einzelner Energiepioniere. Was waren seither die zentralen Milestones in der Verbandsgeschichte?

Meilensteine gab es viele, die auch in unserer jährlichen Bilanzbroschüre nachzulesen sind. Beispielsweise war das 2008 der Wegfall der Co-Finanzierung im ÖSG, das erste Gigawatt an installierter PV-Leistung in 2016 und vor allem unsere stetig wachsende Verbandsgröße – derzeit haben wir mehr als 360 Mitglieder.

Was sich jedoch seit damals nicht geändert hat, ist die Dotierung der Fördertöpfe. 2008 war die damals aufgestellte Förderung von acht Millionen Euro binnen Sekunden ausgeschöpft. Heute sind die Summen zwar deutlicher höher, aber die Zuteilung gleicht aufgrund des First-Come-First-Serve-Prinzips nach wie vor einer Lotterie. Was lässt sich Ihrer Meinung nach tun, um diese unbefriedigende Situation zu entschärfen?

Grundsätzlich gibt es laufende Novellierungen des Fördergesetzes, indem die Errichtung von PV-Anlagen unter anderem mit einer Einmal-Zuschuss-Förderung unterstützt wird. Damit soll der hohen Nachfrage vor allem im privaten Bereich Abhilfe geschaffen werden. Obwohl 2022 ein Rekordbudget von über 300 Millionen Euro zur Verfügung stand – und damit dreimal mehr als im Vorjahr –, können nur rund die Hälfte der Antragsteller gefördert werden. Damit gibt es leider eine große Unzufriedenheit, und die Regierung hat im Zuge der Klausur weitere Erleichterungen beschlossen. Darunter etwa auch die neue ­Förderschiene „Fast Track“ für schnell umsetzbare Projekte.

Was sehen Sie generell als Herausforderungen, die es für eine weitere PV-Offensive respektive die Energiewende noch zu lösen gilt?

Stichwort Bundesländer-Landesgesetze und Flächenausweisungen: Es gibt mittlerweile mehrere Studien, die belegen, dass der Ausbau der PV am Gebäude und versiegelter Infrastruktur nicht ausreichen wird und es Flächen abseits vom Gebäude braucht. Das Engagement der Bundesländer zur Ausweisung von Flächen ist dabei sehr unterschiedlich. Während das Burgenland bereits 2020 mit der Zonierung begonnen hat, gibt es etwa in Kärnten noch immer ein striktes Nein, wenn es um Freiflächen geht. Zudem wurde das Stromnetz in der Vergangenheit zu wenig vorausschauend gebaut, um den PV-Strom tragen zu können. Wir haben immer mehr auch kleine private Anlagen, die nicht einspeisen dürfen, weil das regionale Stromnetz zu wenig ausgebaut ist. Wenn es aber kaum Möglichkeiten gibt, den Strom einzuspeisen, wird keiner sein Dach vollständig belegen, sondern die Anlage nur auf Eigenverbrauch planen. Das ist eine paradoxe Situation, da der Netzausbau günstiger ist als der Nichtnetzausbau, weil dann Strom importiert werden muss. Dafür fallen wiederum Kosten für CO2-Zertifikate an, oder die Wirtschaft wandert ab. Es fehlt auch an Fachkräften. Wenn man jetzt anfragt, erhält man bei den meisten Unternehmen erst nächstes Jahr einen Montagetermin. Hier müssen wir gemeinsam eine Strategie entwickeln, wie branchen- und gewerkeübergreifend Anlagen montiert werden können – sprich Elektro- sowie Haustechniker und Dachdecker.

Herausforderungen

Wie sieht aktuell die Marktsituation aus? Wie viel Fläche wurde bisher installiert, beziehungsweise was kommt jährlich dazu?

2021 hatten wir einen Zubau von 740 Megawatt, für 2022 wird mit einem Zubau von 1.300 MW gerechnet. Damit ist dann gesamt eine PV-Leistung von 4.000 MW installiert, womit sechs Prozent des Stromverbrauchs in Österreich durch PV-Anlagen gedeckt werden können.

Photovoltaik

Auch in der Haustechnikbranche wächst das Interesse an PV-Installationen drastisch. Abzulesen ist dies etwa anhand von Zahlen eines SHK-Großhändlers, der mit entsprechenden Materialien und Systemen bereits Umsätze in Millionenhöhe macht. Wie groß ist der Photovoltaik-Markt in Österreich insgesamt?

Hier verfügen wir einstweilen nur über Zahlen von 2021, die uns eine Steigerung von 2020 von 117 Prozent ausweisen. Der Branchenumsatz lag in diesem Zeitraum bei 1.484,8 Millionen Euro bei einem Beschäftigtenstand von 4.529 Vollzeitäquivalenten.

PV Zubau

Kern und Mark eines jeden Interessenverbandes ist es natürlich, mit einer konzertierten Stimme zu sprechen und dieser dadurch mehr Schlagkraft zu verleihen. Was jedoch sind aus Ihrer Sicht die zentralen Vorteile für Mitglieder, sich dem Verband Photovoltaic Austria anzuschließen?

Unser zentraler Vorteil ist vor allem der Wissensvorsprung. Unsere Mitglieder bleiben durch anlassbezogene Info-Mails zu Neuigkeiten und Ereignissen in der PV-Politik, wichtigen Gesetzesänderungen und Entwicklungen zu Förderungen immer auf dem Laufenden. Durch unsere Funktion als gemeinsame Schnittstelle zu Behörden und Institutionen thematisieren wir Unklarheiten und Probleme unserer Mitglieder. Zudem bieten wir eine Listung als PV-Profi auf unserer Webseite. Und schließlich haben unsere Mitglieder Zugang zu exklusiven Veranstaltungen, Schulungen oder Weiterbildungsmöglichkeiten und Zugriff auf Informationsmaterial für interne und externe Zwecke.

Ihr Verband vertritt die Interessen der gesamten Photovoltaik-Wertschöpfungskette – von der Industrie über den Handel bis hin zu Einbau und Errichtung. Also adressieren Sie auch Gewerbe und Handwerk. Wie stark ist diese Gruppe in Ihrem Verband?

Die Hälfte unserer Mitglieder sind klassische Anlagenbauer, die die Planung und Montage der Anlage übernehmen. Die andere Hälfte setzt sich aus der produzierenden Industrie, Projektentwicklern, Energieversorgern und Banken zusammen.

Wenn ich mich als Gewerbebetrieb künftig auf die PV-Montage als zusätzliches Geschäftsfeld konzentrieren möchte, wie können Sie mich dabei unterstützen? Auf welche Herausforderungen gilt es dabei zu achten? Wie komme ich zu verlässlichen Informa­tionen, Geschäftspartnern, Lieferanten und Mitarbeitern?

Wir als Verband haben stets die aktuellsten Informationen über die heimische PV-Landschaft, also über rechtliche Bedingungen, die aktuelle Fördersituation, Genehmigungsvoraussetzungen, können aber auch entsprechende Kontakte herstellen. Wir bieten außerdem eine Online-Jobbörse für unsere Mitglieder sowie einen wöchentlichen PV-Newsletter. Mein Tipp in diesem Zusammenhang: Wichtig ist, sich vorab zu informieren, welches Gewerbe welche Arbeiten übernehmen darf – Stichwort Gewerbeberechtigung –, und gute Schulungen zu besuchen, um auf dem jeweiligen Stand der Technik zu bleiben.

Die Förderung ist für den großen Andrang nicht mehr passend und verursacht Unmut und vor allem Bürokratie – sowohl bei der Förderstelle als auch bei den Förderwerbern.

Vera Immitzer, Verband PV Austria

Letzte Frage: Sie haben einen Wunsch frei, den die Bundesregierung bedingungslos realisieren muss – wie würde dieser lauten?

Ich hoffe, es ist mehr als ein Wunsch an das Christkind und er ist schneller umsetzbar – das ist die Umstellung des Fördersystems auf eine ­Befreiung der Mehrwertsteuer für Privatpersonen. So wie es etwa Deutschland bereits umgesetzt hat. Die Förderung ist für den großen Andrang nicht mehr passend und verursacht Unmut und vor allem Bürokratie – sowohl bei der Förderstelle als auch bei den Unternehmen, die den ­Förderantrag für den Kunden meistens übernehmen. Der Verzicht der Mehrwertsteuer könnte entweder schon bei der Rechnung oder im Zuge des Lohnsteuerausgleichs als Freibetrag geltend gemacht werden. Das wäre eine äußerst einfache Abwicklung.