Energiepreise

Energiepaket: Erster Schritt, weitere Maßnahmen gefordert

Energie
22.03.2022

Die Regierung hat, noch vor der Gesprächsrunde mit den Sozialpartnern, gegen die hohen Energiepreise ein Zwei-Milliarden-Maßnahmenpaket geschnürt. Die WKÖ-Spitze sieht darin für die Wirtschaft bestenfalls einen ersten Schritt und fordert weitere Entlastungen.

Relativ kurzfristig haben Energieministerin Leonore Gewessler und Finanzminister Magnus Brunner am Sonntag, den 20. März 2022 ein rund zwei Milliarden Euro teures Maßnahmenpaket zur Energiepreis-Entlastungen präsentiert. Der Termin kam überraschend, weil erst für Mittwoch, den 23. März 2022 ein Treffen mit den Sozialpartnern angesetzt war. Überraschung geglückt, Sozialpartner verschnupft, könnte man als grobes Fazit ziehen. Gelockert hat sich die Stimmung erst wieder nach dem Mittwoch-Treffen mit Bundeskanzler Karl Nehammer. Konkrete Ergebnisse sind dabei jedoch nicht herausgekommen, die Forderungen der Sozialpartner bleiben wie gehabt aufrecht.

Das Energiepaket im Überblick

Das sogenannte Energiepaket besteht aus mehreren Teilen. Einige davon sind, wie die Erhöhung der Pendlerpauschale um 50 Prozent, die Vervierfachung des Pendlereuros (zusammen 400 Mio. Euro) sowie die Preissenkung und der Ausbau der Infrastruktur im öffentlichen Verkehr (150 Mio. Euro), im privaten Bereich verankert. Für Betriebe interessant ist die Entlastung für KMU mit einem hohen Treibstoffverbrauch (120 Mio. Euro), die Unterstützung für Betriebe beim Umstieg auf alternative Antriebsformen (120 Mio. Euro) sowie die Förderung des Ausbaus von Photovoltaik und Windkraft (250 Mio. Euro). Den größten Anteil hat aber die Senkung der Energieabgabe für Erdgas und Elektrizität um rund 90 Prozent bis 30. Juni 2023 (900 Mio. Euro). Etliche Forderungen, wie das Aussetzen der CO2-Abgabe, die Senkung der Mehrwertsteuer, die Reduzierung der Mineralölsteuer, die Strompreiskompensation oder die Deckelung des Sprits, wurden nicht aufgegriffen.

Wann die vorgestellten Maßnahmen zur Energiepreis-Entlastung tatsächlich umgesetzt und wirksam werden, ist momentan noch offen, das hängt, laut Brunner und Gewessler, vom parlamentarischen Prozess ab.

Tropfen auf dem heißen Stein

Für die WKÖ-Spitze sind diese Entlastungen bestenfalls ein erster Schritt. "Für unsere Betriebe und die Aufrechterhaltung der Produktion sind weitere Erleichterungen unabdingbar", betont WKÖ-Präsident Harald Mahrer. Auch für WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf gibt es noch Handlungsbedarf. Die berechtigten Ängste um den eigenen Betrieb, um Arbeitsplätze und die Versorgungssicherheit müssten unbedingt berücksichtigt werden. Weitere Schritte und weitere Entlastungen mahnt auch IV-Präsident Georg Knill ein, für den die präsentierten Maßnahmen an der tatsächlichen Realität der Unternehmen vorbeigehen und nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sind: "Die hohen Energiepreise bringen die energieintensive Industrie tagtäglich mehr und mehr in Bedrängnis, zusätzlich zu weiteren Herausforderungen, wie etwa Lieferkettenschwierigkeiten und Personalengpässe. Zahlreiche Unternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand."

Fehlende Einbindung der Sozialpartner

Die Senkung der Energieabgabe auf Gas und Strom stelle zwar, so Knill, kurzzeitig sicher, dass Betriebe in dieser schwierigen Zeit Liquidität im Unternehmen halten können, damit alleine sei es aber nicht getan. In einzelnen Fällen seien in der Industrie schon Produktionsdrosselungen und Abschaltungen notwendig geworden. Knill fordert daher von der Regierung mehr Gestaltungswillen sowie rasche Maßnahmen wie beispielsweise die Strompreiskompensation ein. Das ist eine Beihilfe für stromintensive Unternehmen zur Kompensation indirekter CO2-Kosten, die seitens der EU längst genehmigt ist, den Mitgliedsstaaten bereits seit vielen Jahren zur Verfügung steht und sich auch bereits bewährt hat. "Zahlreiche Staaten, darunter Deutschland und Italien, machen bereits Gebrauch davon, was die österreichischen Unternehmen sogar innerhalb der EU benachteiligt", bekrittelt Knill. Im Grunde bringt er damit zum Ausdruck, was Harald Mahrer direkt formulierte: "Die fehlende Einbindung der Sozialpartner hat leider zu einer nicht ausreichenden und nicht praxisnahen Ausgestaltung der Maßnahmen geführt. Es sind daher unbedingt weitere Maßnahmen unter Einbindung der Sozialpartner erforderlich."

Beobachtung der Preisentwicklung

Die Regierung wolle mit den Sozialpartner im Gespräch bleiben, wie Finanzminister Brunner bei der Präsentation betonte, mit dem Zusatz "um die langfristige Preisentwicklung zu beobachten". Sowohl Brunner als auch Gewessler stellten klar, dass an dem aktuellen Paket nicht mehr gerüttelt werde. Es seien viele Vorstellungen der Sozialpartner in die Maßnahmen eingeflossen.  Es sei jetzt "um Geschwindigkeit gegangen" und man hoffe, dass sich die Kritik "am Prozedere und nicht am Inhalt" entzünde. Die Bewertung seitens der Sozialpartner kam stehenden Fußes. ÖGB-Chef Wolfgang Katzian fühlte sich von der Verkündung eines Maßnahmenpakets wenige Tage vor der Gesprächsrund "verarscht", wie er per Twitter mitteilte und forderte in weitere Verhandlungen mit eingebunden zu sein, denn "die Einlastungen reichen einfach nicht aus". Und die Arbeiterkammer stellte klar, dass beim Treffen am Mittwoch, wo unter anderem ÖGB, Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung mit am Tisch sitzen, sicher nicht nur über Preisbeobachtungen, sondern weiter über die soziale Abfederung der Teuerungswelle geredet werde.

Gesagt, getan: Die Sozialpartner haben beim Mittwoch-Gespräch mit Kanzler Karl Nehammer mit ihrer Unzufriedenheit nicht hinter dem Berg gehalten und noch einmal mit Nachdruck weitere Entlastungen gefordert.  "Die Regierung hat es nicht gern gehört, aber wir haben trotzdem noch einmal gemeinschaftlich eine MÖSt-Senkung vorgeschlagen", so WKÖ-Präsident Harald Mahrer im Kurzinterview mit dem ORF nach dem Treffen. Gefordert wurden außerdem Maßnahmen zur Sicherung der Produktion in der Landwirtschaft und in der Industrie. An der "Pendler*innen-Pauschale drangeblieben" ist AK-Chefin Renate Anderl: "Es gibt aber noch einige andere Punkte. Wir warten jetzt, was die Regierung damit errechnet." Fixiert wurde hingegen eine Kommission, die die Preissteigerungen überprüfen wird.

Vernünftiger Kompromiss

"In Summe ein vernünftiger Kompromiss" ist das Energiepaket hingegen jetzt schon für Wifo-Chef Gabriel Felbermayer. Positiv sieht er den Verzicht auf eine Mehrwertsteuersenkung und auf behördliche Preisfestsetzungen, sowie auch die Senkung der Strom- und Gasabgaben und die Förderungen für den öffentlichen Verkehr und erneuerbare Energieträger. Felbermayer lobt auch die zeitliche Begrenzung der Maßnahmen. Er geht davon aus, wie er in seinem Twitter-Beitrag schreibt, dass es wahrscheinlich nicht das letzte Paket sei. Energieministerin Gewessler hat schon vorige Woche durchblicken lassen, dass es zwei Maßnahmenpakete geben werde, ein kurzfristiges Paket bis Weihnachten und ein langfristiges Paket. Da etliche Maßnahmen des aktuellen Energiepakets bis Ende Juni 2023 gelten, ist momentan aber schwer einzuordnen, ob die angesprochenen zwei Maßnahmenpakete nun als Gesamtpaket vorliegen oder es noch ein zusätzliches Paket geben könnte.

Was hilft den KMU?

Neben der Energieabgaben-Senkung für Erdgas und Elektrizität finden sich im Energiepaket einige Punkte, die den heimischen Klein- und Mittelbetriebenhelfen könnten. So wird es für KMU mit hohem Treibstoffverbrauch, vor allem im Bereich Handwerk sowie für Einzelpersonenunternehmen (EPU), eine Treibstoffrückvergütung geben. Zudem kommt für Unternehmen eine Liquiditätshilfe, in Form einer Herabsetzung der Vorauszahlungen der Einkommen- bzw. Körperschaftssteuer bis 30. Juni 2023. Unterstützt wird auch der Umstieg auf alternative Antriebsformen in den Betrieben. Die jeweiligen Details fehlen, wie erwähnt, bis dato aber noch.

Unabhängig davon gab es schon vor dem Energiepaket einige Förderungen, die für die Wirtschaft interessant sind. Zum Beispiel die Förderaktion "Raus aus Öl und Gas", die nicht nur Privatpersonen, sondern auch Betrieben den Umstieg von einer fossilen Raumheizung auf ein nachhaltiges Heizungssystem erleichtern soll. Und Anfang März 2022 wurde die Erhöhung der Vorausvergütung von Energieabgaben für die Jahre 2022 und 2023 von fünf Prozent auf 25 Prozent im Finanzausschuss abgesegnet. Die Antragstellung auf die Vorausvergütung soll bereits gemeinsam mit dem Antrag auf Energieabgabenvergütung für das Vorjahr zulässig sein.