Glasbranche

Trübe Aussichten?

Konjunktur
25.08.2023

Die jüngsten Konjunkturdaten aus dem Gewerbe und Handwerk deuten speziell im Bau- und Baunebengewerbe auf eine deutliche Abschwächung der Bautätigkeit hin. Wir haben die Branchenvertreter in den Bundesländern gefragt, wie die Situation in der Praxis aussieht und was die Glasbranche vom Rest des Jahres erwartet.
Aus Österreichs Gewerbe und Handwerk kommen alarmierende Signale. Die Auftragslage hat sich in den ersten Monaten des Jahres stark verschlechtert. Wie geht es der Glasbranche?
Aus Österreichs Gewerbe und Handwerk kommen alarmierende Signale. Die Auftragslage hat sich in den ersten Monaten des Jahres stark verschlechtert. Wie geht es der Glasbranche?

Als Anhaltspunkte der Umfrage in den Bundesländern haben wir folgende drei Fragen gestellt:

  • Wie hat sich die Geschäftslage im ersten Halbjahr 2023 im Gegensatz zum Vorjahr entwickelt?
  • Wenn es Rückgänge gab, in welchen Bereichen (Neubau, Sanierung, privat, gewerblich) sind diese vor allem zu bemerken und was sind die Gründe dafür?
  • Wie sieht die Prognose für das zweite Halbjahr 2023 aus?

Walter Stackler, Bundesinnungsmeister der Dachdecker, Glaser und Spengler:
Nach Rückfrage bei meinen Innungsmeisterkollegen war das erste Halbjahr überraschend gut. Auffallend in allen Bundesländern ist, dass trotz höheren Lohn- und Materialkosten vielfach Dumpingpreise angeboten werden, die natürlich allen Betrieben schaden. 
Natürlich ist uns bewusst, dass die Bauwirtschaft gerade keine positive Entwicklung nimmt. Dort lassen hohe Preissteigerungen und das schwierige Finanzierungsumfeld die Nachfrage stark schrumpfen, insbesondere im Wohnbau. Die Verschärfung der Kreditvergaben stellt dafür eine wesentliche Ursache dar. Hier muss eine Entschärfung bei den Kreditregeln kommen, um speziell der jüngeren Generation Perspektiven für den Erwerb von Eigentum zu ermöglichen. Auch wäre die Politik gefordert, mit unbürokratischen Förderungen zur Sanierung von Gebäuden die Wirtschaft anzukurbeln. Es gibt kaum einen einfacheren Hebel, um die Wirtschaft mit regionaler Wertschöpfung anzukurbeln.
Für das zweite Halbjahr 2023 bin ich vorsichtig optimistisch. Die Herausforderungen sind nach wie vor groß, weswegen wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen dürfen, vielseitig aufgestellt zu sein, um unsere Betriebe erfolgreich in die Zukunft zu führen. Jetzt kommt es darauf an, die aktuellen Herausforderungen entschlossen und ehrgeizig anzugehen. Immerhin sind wir schon besser ins Jahr 2023 gestartet als erwartet.

Bernhard Feigl, Landesinnungsmeister-Stellvertreter Vorarlberg:
Der Rückgang der Bautätigkeit im Wohnbau, insbesondere im privaten Wohnbau, hat natürlich auch Auswirkungen auf die gesamte Glasbranche. Insgesamt glaube ich aber, dass nach wie vor im Sanierungsbereich viel zu tun ist, denn alle Themen rund um Klimaschutz, CO2, Energiepreise etc. können durch thermische Sanierungen, auch bei Überhitzung durch Verwendung von Sonnenschutzglas, ganz wesentlich und auch nachhaltig verbessert werden. Leider ist das Sanierungspotenzial derzeit zu wenig im Fokus der Immobilienbesitzer. Durch Anreize könnte auch die thermische Sanierung stärker belebt werden.
Erstaunlicherweise ist auch im Glasgeländerbereich mittlerweile ein großer Sanierungsbedarf zu erkennen, da insbesondere im Außenbereich oft U-Profile die erforderlichen Lösungen für die Dachabdichtung nicht bieten können.
Aus Sicht unseres Unternehmens Glas Marte bemerken bei Standardprodukten einen Rückgang von bis zu ca. 20 %, den wir jedoch durch unsere Produktvielfalt und unsere Systemvorteile ausgleichen können.
Umso ärgerlicher ist es, wenn trotz deutlich höherer Lohn- und Produktionskosten am Markt versucht wird, um jeden Preis Produktionskapazitäten zu füllen.
Leider ist die Zukunft sehr ungewiss und daher ist keine Prognose möglich.

Gerald Wiesbauer-Pfleger, Landesinnungsmeister-Stv. Oberösterreich:
Im Vergleich zum Vorjahr konnten wir die Umsätze bisher auf gleichem Niveau halten, jedoch war dies mit größerem Aufwand verbunden. Speziell die Privatkunden sind verständlicherweise sehr verhalten und holen sich auch für Kleinaufträge mehrere Angebote ein, was wiederum unsere Kapazitäten in der Angebotslegung stark auslastet. Der Neubau im Privatsektor ist stark rückläufig, meine Einschätzung rund minus 75 %. Aufträge werden noch abgearbeitet, doch für nächstes Jahr schaut es derzeit noch sehr schlecht aus.
Die Kreditvergabe mit den hohen Zinsen und das hohe Preisniveau (Einfamilienhaus rund 800.000 Euro), machen es schier unmöglich, als Jungfamilie einen Neubau zu schaffen. Bei rund 400.000 Euro Fremdfinanzierung hat man derzeit eine Tilgung von Rund 2.000 Euro monatlich. Und um 400.000 Euro ein Grundstück und ein Haus zu realisieren, ist derzeit unrealistisch.
Im Objektbau ein Angebot zu legen, wo die Umsetzung erst in ein bis zwei Jahren stattfindet, muss schon sehr genau kalkuliert sein und ist mit großem Risiko Unternehmer verbunden. Im Wohnungssektor wird sehr minimalistisch gebaut. Das Beispiel Bad zeigt uns aber, dass maßgefertigte Duschlösungen auf engstem Raum am besten vom Glaser-Meisterbetrieb gelöst werden – da können wir punkten.
Zusammengefasst hat die Glasbranche bei den Kolleginnen und Kollegen aus Oberösterreich derzeit noch genug Aufträge abzuarbeiten, aber der Blick in die Zukunft ist getrübt.
Bezogen auf unser Unternehmen Glas Wiesbauer bemerken wir in der Möbelindustrie, unseren wichtigen Kunden, große Einbußen aus der DACH-Region, was sich bei uns jetzt im dritten Quartal bereits abzeichnet. Gottseidank sind wir sehr breit aufgestellt, aber wir blicken mit Ehrfurcht in die Zukunft.

Gerald Mutzl, Landesinnungsmeister-Stv. Wien:
In meinem Betrieb hat sich der Gewinn zum Vorjahr leicht, um ca. 5 %, erhöht. Allgemein hört man in der Branche aber eher eine leicht negative Tendenz im Vergleich zum Vorjahresumsatz. Der Neubau, vor allem Großbaustellen ab ca. 300.000 Euro Umsatz, hat sehr stark nachgelassen. Diese sind aber sowieso nicht sehr gewinnintensiv. Sanierung und Reparatur für gewerbliche Großkunden sind immer noch ein gutes Geschäft, da ist jedoch die Abwicklung der Arbeit für kleinere Betriebe eher schwierig bis gar nicht umsetzbar. Der private Sektor ist momentan noch stabil. Haushalte, die Geld haben – und davon gibt es noch genug –, geben es immer noch zur Verbesserung ihrer Wohnqualität aus.  
Ich persönlich sehe bis Jahresende keine Verschlechterung gegenüber 2022. Bei Firmen, die jetzt schon zu kämpfen haben, wird sich die Situation aber wohl nicht verbessern. Ich glaube aber, dass das Jahr 2024 schwieriger sein wird als 2023.  

Dieter Sajko, Landesinnungsmeister-Stv. Steiermark:
Meine persönliche Erfahrung deckt sich relativ mit den Gesprächen, die ich in den letzten Monaten mit Kollegen hatte: Allgemein gibt es genug Arbeit, eher zu wenig Mitarbeiter, um alles anzunehmen, was kommen würde. Arbeit, die von der Immobilienseite kommt, geht allerdings zurück. Reparaturen und Private würde ich als konstant einschätzen.
Der Bau ist aktuell auch konstant, hier wird jedoch kommuniziert, dass die kommende Zeit in Bezug auf die Auftragslage eher unklar ist.

Christian Starzacher, Landesinnungsmeister-Stv. Kärnten:
Aus Kärnten lässt sich für das heurige Jahr durchwegs Positives berichten. Die Auftragsbücher sind für die nächsten Monate noch gut gefüllt, das hießt, das dritte und vierte Quartal sollte in etwa gleich wie im Vorjahr verlaufen.
Die Prognosen für nächstes Jahr sind jedoch negativ. Dies zeichnet sich durch einen Einbruch bei den Nachfragen im Privatbereich ab, aber auch die öffentliche Hand nimmt zur Zeit im Wohnbau relativ wenig Geld in die Hand. Die finanziellen Gründe dafür sind, denke ich, hinlänglich bekannt. Die Bereiche Sanierung und Reparatur werden davon aber, glaube ich, nicht betroffen sein. Dieses Klientel hat noch einen finanziellen Spielraum.

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