Insolvenzstatistik 2021

Firmenpleiten steigen wieder an

Insolvenz
28.01.2022

Trotz einer annähernd identen Zahl an Firmenpleiten wie im Vorjahr, sind die Passiva um rund die Hälfte gesunken. Doch: Im vierten Quartal 2021 gab es eine signifikante Steigerung von Firmeninsolvenzen. Mit ein Grund sind die Rückzahlungen der gestundeten Abgaben und Steuern.

Die aktuelle Insolvenzrechnung des KSV1870 zeigt, dass sich die Zahl der Firmenpleiten in Österreich mit 3.048 Fällen auf Vorjahresniveau befindet. Ähnlich sind die Zahlen des Gläubigerschutzverbandes Creditreform, der für 2021 3.076 Unternehmensinsolvenzen angibt. Gleichzeitig sind laut KSV1870 die geschätzten Passiva um 42,4 Prozent auf 1.761 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Im vergangenen Jahr haben die Passiva noch 3.000 Mio. Euro ausgemacht, heuer lagen sie bei 1.761 Mio. Euro. Auch die Zahlen der betroffenen Dienstnehmer*innen (-39,3%) und Gläubiger*innen (-29,4%) sind rückläufig.

Signifikante Trendumkehr

Doch auch wenn der Rückgang gegenüber dem Jahr 2019 mit 39 Prozent (KSV1870) bzw. 30 Prozent (Creditreform) weniger Insolvenzen massiv ausfällt, gibt es eine signifikante Veränderung. Das 4. Quartal 2021 steht für eine Trendumkehr: Nicht weniger als 40 Prozent aller diesjährigen Firmenpleiten erfolgten in diesem Zeitraum. Das sind ähnlich viele wie im vierten Quartal 2019. Damit bewegt sich erstmals seit Ausbruch der Corona-Krise ein Quartalsergebnis auf "Vor-Krisen-Niveau". Als Grund für die "Normalisierung" sieht Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Österreichischer Verband Creditreform, das Auslaufen der Stundungen durch die Gebietskrankenkassa und die Finanzämter. Dadurch komme es zu einer vermehrten Antragsstellung auf Insolvenzeröffnung durch diese beiden Institutionen. Das bestätigt auch der KSV1870: " Wenn man von einer Trendumkehr sprechen möchte, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür. Dass die Zahl der Firmenpleiten in Richtung Jahresende steigt, ist aufgrund der auslaufenden Staatshilfen wenig überraschend" so Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1970 Insolvenz.

Massive Unterschiede

Dem gegenüber stehen Betriebe, die ihre Geschäftslage wesentlich optimistischer einschätzen. Demnach bewerten 65 Prozent der befragten Betriebe ihre eigene Geschäftslage insbesondere im zweiten Halbjahr 2021 zunehmend positiv. "Im Vergleich zum Frühjahr schätzt ein Fünftel der Unternehmen die eigene Geschäftssituation mit sehr gut oder gut ein. Ein Wert, der zuletzt im März 2020 noch vor der Pandemie erreicht wurde", so Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG, über die Ergebnisse des jüngsten Austrian Business Check des KSV1870.

Doch schon während der Corona-Pandemie hat der KSV1870 darauf aufmerksam gemacht, dass Branchen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung differenziert bewertet werden müssen – selbst innerhalb einer Branche kann es zu deutlichen Unterschieden kommen. Mit Fokus auf das 4. Quartal 2021 bestätigt sich dieses Bild auch bei den Insolvenzen. Ein massives Plus von 75 Prozent verzeichnet die Bauwirtschaft, im Vergleich mit dem vierten Quartal 2019 sind es um 9% mehr. Deutlich weniger Pleiten gab es hingegen in der holzverarbeitenden Industrie, wo der Anteil gegenüber 2019 um 44% zurückgegangen ist.

Auch im Bundeländervergleich verhält sich die Insolvenzentwicklung sehr unterschiedlich. Von einem massiven Minus bis zu einem deutlichen Plus ist alles dabei. Während in Vorarlberg, Kärnten, Salzburg, Oberösterreich und dem Burgenland weniger Unternehmen in die Insolvenz schlitterten, nahmen die Firmeninsolvenzen in Wien und Niederösterreich zu. Für Tirol gibt es unterschiedliche Ergebnisse: Laut den Auswertungen des KSV1870 zeigt sich bei den Firmenpleiten ein Rückgang, der Gläubigerschutzverband Creditreform kommt jedoch auf ein leichtes Plus.

Richtungsweisende Entwicklung

Unabhängig von kleinen Unterschieden ist jedoch seit einigen Wochen ein deutlicher Anstieg in Richtung „Vor-Krisen-Niveau“ erkennbar. Die vom KSV1870 zuletzt prognostizierten Nachholeffekte bei den Unternehmensinsolvenzen sind somit wie erwartet eingetreten. Nichtsdestotrotz erwartet der KSV1870 auch im kommenden Jahr keinen plötzlich eintretenden Insolvenzausbruch, sondern eine sukzessive Fortsetzung der jüngsten Entwicklung. „Die im vierten Quartal eingesetzte Trendumkehr wird für die Zahl der Firmenpleiten im Jahr 2022 richtungsweisend sein. Es ist davon auszugehen, dass sich das aktuelle Niveau fortsetzen wird“, erklärt Götze. Für das kommende Jahr ist damit ein Ergebnis rund um die 5.000-Fälle-Marke durchaus realistisch – damit würde man sich auf „Vor-Krisen-Niveau“ befinden. Dazu kommt laut Creditreform, dass die Insolvenzgefährdung durch derzeit nicht einschätzbare Entwicklungen in der Pandemiebekämpfung sowie durch weitere wirtschaftliche Unsicherheiten wie Inflation/Preisdruck, Fachkräftemangel und Mehrkosten durch die Klimapolitik verstärkt wird. "Das werden zuerst die Kleinst- und Kleinunternehmen zu spüren bekommen", meint Weinhofer. Das neue Jahr 2022 wird somit auf jeden Fall ein Mehr an Firmeninsolvenzen bringen. (ar)