Interview: Klare Worte

Die Durststrecke überwinden

Bauwirtschaft
16.02.2024

Christoph Weber, Bauexperte beim Unternehmensberater Horváth & Partners findet klare Worte im Gespräch mit der Bauzeitung. Seine Prognose: Viele Unternehmen in der Immobranche und der Bauwirtschaft werden das Jahr 2024 nicht überleben.
Christoph Weber

Christoph Weber zur aktuellen Lage bei den Immobilien-Entwicklern: Es schaut derzeit nicht gut aus. Die meisten Projekte, die 2023 noch nicht im Bau waren, stehen derzeit auf Hold. Zugleich laufen aber die Fixkosten, vor allem die Kosten für die Finanzierung. Das ist für viele tödlich. Eine ganze Reihe von Immo-Entwicklern wird es ähnlich gehen wie der Signa-Gruppe. Wir sehen erst den Anfang der Pleitewelle.

Was das für die Bauwirtschaft bedeutet: Die Krise der Immo-Entwickler trifft vor allem kleinere Bauunternehmen. Die Auftragsbücher für 2024 schauen nicht rosig aus. Der Markt ist umkämpft. Viele werden unter den Kosten anbieten, um eine Mindestauslastung zu erreichen. Das können sich aber nur jene leisten, die einen Reservepuffer haben. Jene, die hauptsächlich im Hochbau tätig sind, werden sich schwertun, heuer schwarze Zahlen zu schreiben. Wer das übersteht, wird einen bereinigten Markt vorfinden.

Wie das Baugewerbe mit der Krise im Wohnungsbau umgehen kann: Es geht darum, die aktuelle Durststrecke zu überstehen. Das geht durch Umschichtungen in Richtung Infrastruktur und Tiefbau, vermehrte Aufträge im Bereich von Sanierungen und durch Gesundschrumpfen. Die Kunst wird dann sein, genügend Kapazitäten zu haben, wenn der Wohnbau wieder anzieht.

Warum die großen Baukonzerne die Krise besser abfedern können: Die großen Bauunternehmen sind breiter aufgestellt. Sie können den Rückgang im Wohnungsbau durch Tiefbauprojekte und Aufträge der öffentlichen Hand im Infrastrukturbereich kompensieren. Das ist für das Baugewerbe schwieriger.

Wann es im Wohnungsbau wieder aufwärts geht: Hierfür ist es wichtig, dass die Zinsen wieder sinken. Die ersten Anzeichen dafür sind da. Mit einer Trendumkehr im Wohnungsbau rechne ich aber erst ab dem zweiten Halbjahr 2025. Und auch dann wird die Zahl der Baubewilligungen noch unter dem Höchststand von 2021 bleiben. Ich sehe die Gefahr, dass die Behörden in dieser Phase zum Flaschenhals werden und nicht schnell genug mit den Genehmigungsverfahren nachkommen. Das könnten den Aufschwung bremsen.

Nur ein neues Mascherl

Was er vom Konjunkturpaket der Regierung für den Bau hält: Das sind zum Großteil bestehende Maßnahmen zur CO2-Reduktion, denen man ein neues Mascherl gegeben hat. Aber aus meiner Sicht sind die Möglichkeiten der Regierung auch begrenzt. Was helfen würde: Eine Anpassung der sogenannten KIM-Verordnung. Ich verstehe die Kritik an der KIM-VO. Die Kreditvergabe durch die Banken sollten erleichtert werden.

Wie groß das Potential zur Steigerung der Produktivität am Bau ist: Hier sind 20 bis 30 Prozent ohne weiteres möglich. Um das zu realisieren, sind eine Reihe von Maßnahmen denkbar. Dazu zählt der verstärkte Einsatz von industrieller Vorfertigung und eine engere Zusammenarbeit der einzelnen Gewerke – Stichwort Lean Construction: Hier arbeiten die einzelnen Gewerke schon in der Planung eng zusammen. Dadurch steigt die Qualität und das Ausmaß der Mängel, die man im Nachhinein aufwendig nachbearbeiten muss, sinkt deutlich.

Welche Bedeutung der Einsatz von Digitalisierung und BIM-Modellen hierbei hat: Die Digitalisierung kann bei der Steigerung der Produktivität eine große Rolle spielen – BIM auch. Es ist auch ohne ein dreidimensionales Modell möglich, sauber zu planen. Aber mit einem BIM-Modell lassen sich die Fehler spürbar reduzieren.

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