Interview

Umdenken gefragt

Holzhandel
03.03.2021

Von: Redaktion Tischler Journal
Der Geschäftsführer der Holzpartner-Gruppe Josef Simmer im Gespräch über die Lage des Holzhandels in Corona-Zeiten und die Hintergründe für lange Lieferzeiten und starke Preiserhöhungen.
Josef Simmer, Geschäftsführer der Holzpartner-Gruppe und des Trauner Holzhandelsunternehmen Keplinger

Weil viele Konsumenten derzeit statt in einen Urlaub in die Verschönerung des eigenen Zuhauses investieren, boomt die Nachfrage nach Möbeln, Böden, Türen und Terrassen. Davon profitieren zwar auch die heimischen Tischler, doch die Situation hat nicht nur positive Seiten – auch nicht für die Zulieferbetriebe. So hört man derzeit etwa im Holzhandelsbereich von langen Lieferzeiten und kräftigen Preiserhöhungen. Josef Simmer, Geschäftsführer der Holzpartner-Gruppe – einer Kooperation von neun heimischen Holz- und Holzwerkstoffhändlern, spricht im Interview mit dem Tischler Journal über die Hintergründe für die derzeitige Situation – und wie die Branche darauf reagieren könnte. 

Tischler Journal: Wie geht es dem Holzhandel bzw. den Holzpartnern in Corona-Zeiten?

Josef Simmer: Uns geht es – nachdem die meisten von uns im ersten Lockdown im März zumindest teilweise in Kurzarbeit waren – vergleichsweise gut. Im Vergleich zu besonders betroffenen Branchen wie etwa den Messen, der Hotellerie oder Eventveranstaltern sogar sehr gut. Wir dürfen dankbar und demütig sein.

Die heimischen Tischler kommen im Vergleich zu anderen Branchen verhältnismäßig gut durch die Krise, heißt es derzeit oft. Schlägt sich das auch bei Ihnen hinsichtlich der Nachfrage nieder?
Ja, wir waren – wohl genauso wie die Industrie – von der starken Nachfrage überrascht. Zugegebenermaßen ist das ein „Luxusproblem“.

Welche Produkte sind derzeit besonders gefragt, bei welchen spürt man die Krise?
Der private Konsum boomt, das heißt die Verschönerung des „eigenen Zuhauses“, steht mangels Alternativen wie Urlaub im Fokus. Damit reicht die Palette von Böden, Türen, Terrassen bis hin zu fast allen Holzwerkstoffen, die man für neue Arbeits-, Wohn-, Schlafzimmer etc. benötigt. Der Wellnessbereich – zum Beispiel der Saunabau – liegt ebenfalls stark im Trend. Der Messebau hingegen liegt am Boden, und in diesem Bereich ist in den nächsten Monaten auch mit keiner spürbaren Verbesserung zu rechnen. Gastronomie und Hotellerie werden aus meiner Sicht erst nach der nicht vorhandenen Wintersaison wirklich spürbar. 

Der private Konsum boomt – aber nicht nur die hohe Nachfrage führt derzeit zu Preissteigerungen und langen Lieferzeiten bei Holzwerkstoffen.

Man hört derzeit von enormen Preissteigerungen im Holzbereich. Welche Segmente sind davon besonders betroffen? Und welche Ursachen gibt es für die Preissteigerungen?
Es gibt derzeit kaum ein Segment, das nicht betroffen ist. Das reicht von der OSB- oder Spanplatte über Ein- und Mehrschichtplatten bis hin zu Mineralwerkstoffen. Die Ursachen dafür sind vielseitig. Zum einen die Kurzarbeit während des ersten Lockdowns, d. h. die Lager wurden geleert. Teilweise wurden Fabriken geschlossen. Und jetzt ist man, wie bereits erwähnt, von der hohen Nachfrage, auch international, überrascht. Dazu kommen Probleme in der internationalen Lieferkette, es genügt ja, wenn eine Komponente zur Fertigstellung eines Produktes fehlt. Außerdem verursacht der reduzierte Holzeinschlag eine kritische Rundholzversorgung und führt dadurch zu starken Einschränkungen der Produktionskapazitäten. Gleichzeitig gibt es hohe Schnittholzexporte. Ein weiteres Problem sind aktuell mangelnder Frachtraum und die massive Erhöhung der internationalen Frachtkosten. Im Übrigen gibt es derzeit auch im Stahlhandel Steigerungen von deutlich über 50 Prozent, was sich natürlich auch auf die Beschläge auswirken wird. 

Welche Folgen hat das für Ihre B2B-Kunden, also Tischler und Holzverarbeiter?
Wir sitzen im gleichen Boot und sind mit täglichen Preiserhöhungen konfrontiert, die wir an unsere jeweiligen Kunden weitergeben müssen. Das ist nicht immer einfach, aber alternativlos.

Zu den Preissteigerungen kommen derzeit auch lange Lieferzeiten. Was raten Sie hier Ihren Kunden – wie sollen Tischler damit umgehen bzw. wie könnte man reagieren?
Ich persönlich finde wirklich genau nichts Positives an Corona. Wenn es aber dazu führt, dass wir als Händler und auch unsere Tischler und Verarbeiter dem Thema Produktionsplanung und Verbesserung der eigenen Logistikprozesse wieder die Aufmerksamkeit schenken, die sie verdienen würden, könnte man das als kleinen Lichtblick sehen. Bestellungen für morgen, tägliche Anlieferung und so weiter – das gehörte bis dato zum Alltag. Das kann heuer schiefgehen. Dreischichtplatten, MDF und Spanplatten haben etwa im Moment eine Lieferzeit von circa drei Monaten. Im schlimmsten Fall – und der tritt bereits ein – können bestehende Aufträge mangels Ware nicht erfüllt werden. Hier fordere ich jeden Beteiligten in der Wertschöpfungskette zum Umdenken auf.

Wie fällt aus aktueller Sicht Ihre weitere Prognose für 2021 aus?
Für das erste Halbjahr sind wir sowohl im dekorativen (Tischler) wie auch im konstruktiven (Zimmerer, Holzbau) Bereich optimistisch. Die Auswirkungen der fehlenden Wintersaison und die – wiederum nur aus meiner Sicht – kommende Pleitewelle sind schwer abzuschätzen. Der private Konsum wird vermutlich auf hohem Niveau bleiben, im Objektgeschäft bin ich nicht so euphorisch. 

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