KSV1870

Insolvenz-Welle könnte ausbleiben

Insolvenzstatistik
15.06.2021

Die Bundesregierung verlängert die Corona-Hilfsmaßnahmen. Der KSV1870 sieht das sehr kritisch, rechnet aber trotzdem nicht mit einem plötzlichen, sondern mit einem langsamen Ansteigen der Insolvenzen ab Herbst 2021.
Zerschlagenes rosa Sparschwein, mit Münzen rundherum.
Der KSV1870 rechnet nicht mit einer Insolvenz-Welle, sondern ab Herbst 2021 mit einem leichten Ansteigen der Insolvenzen.

Es war geplant, dass mit Ende Juni ein Großteil der staatlichen Corona-Hilfsmaßnahmen auslaufen soll. Doch seit 15. Juni 2021 ist alles anders: Bei der Pressekonferenz gaben Vizekanzler Werner Kogler und Finanzminister Gernot Blümel bekannt, dass die millionenschweren Corona-Hilfen für die heimischen Unternehmen in die Verlängerung gehen. Neben der schon vorher fix geplanten Weiterführung der Kurzarbeit bis Ende des Jahres, kann nun bis inklusive September weiterhin der Ausfallsbonus beantragt werden, wird bis September der Härtefallfonds verlängert und den Verlustersatz gibt es ein halbes Jahr länger. Das Unterstützungspaket könnte laut FM Gernot Blümel bis zu 600 Mio. Euro ausmachen.

Beim Kreditschutzverband KSV1870 löst das wenig Begeisterung aus. "In einer gesunden Wirtschaft braucht es Reinigungseffekte. Diese gibt es derzeit nicht", gibt Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz, zu bedenken. Er sieht die Wirtschaft, durch die staatlichen Eingriffe "auf den Kopf gestellt".

Niedrigster Insolvenz-Wert

Laut Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG, sind Österreichs Unternehmen vor 15 Monaten mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 51,6 Prozent (Bestwert seit 2015), also mit einer kräftigen Kapitalstruktur, in die Krise gestartet. In Kombination mit den Staatshilfen verwundert es daher nicht, dass laut der aktuellen KSV1870-Hochrechnung die Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 48 Prozent gesunken sind. Die 1.000 Pleiten sind der niedrigste Wert an Firmenpleiten seit über 40 Jahren. Gegenüber 2019, dem bis dato letzten "Normaljahr", beträgt das Minus sogar 61 Prozent.

"Seit dem ersten Lockdown vor über 15 Monaten gibt es pro Woche rund um die Hälfte weniger Unternehmensinsolvenzen also vor der Krise – und das in Zeiten der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg", so Götze. Das gilt für ganz Österreich. Im Bundesländervergleich zeigt sich aber, dass der Insolvenz-Rückgang in Salzburg mit 64 Prozent am deutlichsten ist. Den niedrigsten Wert hat Wien mit 40 Prozent.

Gründungen weiter im Trend

Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass Gründungen weiterhin im Trend liegen.  So wurden 2020 mehr Unternehmen gegründet als in den Jahren zuvor, gegenüber 2019 gibt es beispielsweise ein Plus von 8 Prozent. Parallel dazu haben sich die freiwilligen Schließungen um 16 Prozent auf 30.900 Fälle reduziert. "Es ist ein gutes Zeichen für Österreichs Wirtschaft, dass der Mut zur Gründung nicht verloren gegangen ist. Viele haben sich der Situation gestellt und trotz aller Widrigkeiten ihren Traum der Selbstständigkeit verwirklicht", erklärt Vybiral. Im Vergleich zu 2019 gab es die meisten Neugründungen in den Bereichen Holz/Möbel, Pharmazie, Lebens- und Genussmittel sowie im Bereich Geld/Kreditwesen/unternehmensbezogene Dienstleistungen.

Trügerische Sicherheit

Verantwortlich für die ungewöhnlich niedrigen Insolvenzen sind aus Sicht des Kreditschutzverbandes die künstlichen Eingriffe der Bundesregierung. Durch diese würden sich zahlreiche Unternehmen in einer trügerischen Sicherheit wähnen. Vorrübergehend gehen die Zahlen der Insolvenzen zwar zurück, gleichzeitig steigen aber die Schuldenberge der Betriebe.

Trotzdem rechnet der KSV1870 nicht mit einer plötzlich eintretenden Insolvenz-Schockwelle, sondern ab Herbst 2021 mit einem langsamen Ansteigen der Firmenpleiten. Für das kommende Jahr 2022 wird ein  Insolvenzaufkommen ähnlich wie vor der Coronakrise erwartet. "In den kommenden Monaten werden erste Nachzieheffekte in überschaubarem Rahmen erkennbar sein, die sich definitiv ins Jahr 2022 und darüber hinaus ziehen werden", meint Götze, der abschließend appelliert: "Man muss davon wegkommen, dass eine Insolvenz etwas Schlechtes ist. Die Sanierungsverfahren in Österreich sind sehr gut, mit guten Reinigungseffekten für die Unternehmen".