Gewerbe und Handwerk

Starker Konjunktureinbruch - alarmierende Signale!

Konjunktur
05.07.2023

Von: Redaktion Handwerk + Bau
Alarmierende Konjunktursignale kommen aus dem österreichischen Gewerbe und Handwerk: Alle Branchen verzeichneten zu Jahresbeginn ein reales (preisbereinigtes) Minus.
Baustelle im Gewitter
Baukran im Gewitter

„Die eher düsteren Prognosen für das erste Quartal haben sich leider bewahrheitet“, stellte Christina Enichlmair von der KMU Forschung Austria bei der Präsentation der vierteljährlichen Konjunkturbilanz am Mittwoch fest. Besonders kräftig fiel das Auftragsminus für die Tischler und das Holzgestaltende Gewerbe (-20,4 %), Metalltechnik (-20,2 %), Hafner, Platten-, Fliesenleger und Keramiker (-15,9 %) sowie das Baugewerbe (-13,1 %) aus. Ein minimales Plus gab es im zweiten Quartal bei den Elektrotechnikern (+0,6 %).

Die Erwartungen für das kommende dritte Quartal sind laut Umfrage zweigeteilt: In den konsumnahen Branchen überwiegen per Saldo erstmals seit Ende 2021 knapp die zuversichtlichen Unternehmen (+3 Prozentpunkte), die mit steigenden Umsätzen rechnen. Ganz anders sieht es in den investitionsgüternahen Branchen aus: Dort beträgt der Überhang der Unternehmen, die mit sinkenden Auftragseingängen rechnen, -15 Prozentpunkte. Besonders negative Erwartungen haben der Holzbau, die Kunststoffverarbeiter, die Dachdecker, Glaser und Spengler sowie das Bauhauptgewerbe.

Baukonjunktur bricht ein

„Vor allem der private Wohnungs- und Hausbau ist bereits stark eingebrochen“, so Robert Jägersberger, Bundesinnungsmeister Bau in der WKÖ. Als Gründe nennt er stark gestiegene Material- und Personalkosten, höhere Kreditzinsen, den erschwerten Zugang zu Wohnbaufinanzierungen und hohe Grundstückskosten. Wurden im Jahr 2019 noch knapp 70.000 Baubewilligungen für Ein- und Mehrfamilienhäuser erteilt, so sei diese Zahl im abgelaufenen Jahr 2022 bereits auf knapp 47.000 Einheiten gesunken. Für 2023 und 2024 werden sogar nur noch rund 41.000 Genehmigungen erwartet.

Und das dürfte noch zu hoch gegriffen sein, denn: „Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen ist damit zu rechnen, dass nicht einmal die Hälfte der genehmigten Objekte tatsächlich realisiert wird“, so Jägersberger. Bei den geförderten Genossenschaftswohnungen dürften heuer sogar bis zu 90 Prozent der geplanten Projekte auf Eis gelegt werden. Das wirke sich massiv auf nachgelagerte Branchen im Handwerk und Gewerbe, aber auch auf Zulieferer wie die Stein-, Keramik-, Ziegel- oder Betonindustrie aus. Bereits seit Jahresbeginn sei die Beschäftigung in den Baubranchen rückläufig. Jägersberger rechnet mit „mindestens zwei schwierigen Jahren“ und fordert daher rasche und wirksame Gegenmaßnahmen in drei Bereichen.

Aufwertung der Wohnbauförderung

Die Wohnbauförderung hat stark an Attraktivität verloren. Betrug das Förderungsvolumen 1990 noch 1,5 % der Wirtschaftsleistung, werden es 2022 nur noch 0,4 % sein. Die Wohnbauförderung sollte daher wieder zweckgebunden für die Schaffung bzw. Sanierung von Wohnraum eingesetzt und der Beitrag des Bundes erhöht werden. Die Baukostenobergrenzen müssen angesichts der stark gestiegenen Kosten dringend an die Inflation angepasst werden, damit die Förderung überhaupt in Anspruch genommen werden kann.

Förderung der Energiewende

Die Bauwirtschaft unterstützt das Ziel des Regierungsprogramms, die Sanierungsrate in Richtung 3 Prozent anzuheben. „Die Sanierung der Gebäudehülle ist der wichtigste Hebel für Energieeffizienz im Wohnbau“, so Jägersberger. Mit einem transparenten und einheitlichen Fördersystem könne die Energiewende volkswirtschaftlich sinnvoll vorangetrieben werden - so könnten etwa die Dekarbonisierungsinstrumente des Bundes und der EU in einer eigenen Förderschiene gebündelt und unbürokratischer gestaltet werden.

Finanzierung erleichtern

Die Bauwirtschaft sowie Gewerbe und Handwerk fordern die Abschaffung der sogenannten KIM-Verordnung, die den Banken restriktive Hürden bei der Kreditvergabe auferlegt und damit Baufinanzierungen verhindert. Dieses Instrument wurde von der Finanzmarktaufsicht (FMA) in Zeiten von Nullzinsen geschaffen, um eine befürchtete Überhitzung des Immobilienmarktes zu verhindern - davon kann heute keine Rede mehr sein. Um Wohnen wieder leistbar und finanzierbar zu machen, sollte die Grunderwerbssteuer gesenkt werden - auch eine Eigenheimzulage für die erstmalige Begründung eines Hauptwohnsitzes wäre denkbar.
„Der dramatische Auftragseinbruch macht uns große Sorgen: Die Bauwirtschaft macht rund 55 Prozent des heimischen Handwerks und Gewerbes aus und hat eine wichtige Funktion für viele nachgelagerte Branchen. Wenn diese Lokomotive ins Stocken gerät, steht vieles still“, warnt Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Die Bauwirtschaft brauche daher jetzt dringend „belebende Impulse“.

Das Wirtschaftsparlament der Wirtschaftskammer Österreich hat dazu vor einer Woche einen Antrag beschlossen, der der Regierung dringend eine Neuauflage des Handwerkerbonus empfiehlt. Dieser habe sich bereits von 2014 bis 2017 bewährt. Um die Klimaziele zu erreichen, wäre es sinnvoll, den Anwendungsbereich auf die Gebäudehülle und Außenanlagen auszuweiten.

Der Handwerkerbonus neu sollte 20 Prozent der Arbeitsleistungen und Fahrtkosten bis zu einer maximalen Förderhöhe von 5.000 Euro pro Wohneinheit und Jahr abdecken, mit 50 Millionen Euro pro Jahr dotiert und auf mindestens zwei Jahre angelegt sein, schlug die Spartenobfrau vor. (sb)