Umfrage

Trübe Aussichten im Dachhandwerk?

Dachhandwerk
21.07.2023

Die Konjunkturdaten aus dem Gewerbe und Handwerk, speziell im Bau- und Baunebengewerbe, deuten auf eine deutliche Abschwächung der Bautätigkeit hin. Wir haben die Branchenvertreter in den Bundesländern gefragt, wie die Situation in der Praxis aussieht und was die Dachhandwerker*innen vom Rest des Jahres erwarten.
Aus Österreichs Gewerbe und Handwerk kommen alarmierende Signale: Die Auftragslage hat sich in den ersten Monaten des Jahres stark verschlechtert. Besonders stark betroffen ist das Bau- und Baunebengewerbe. Die Aussichten auf das dritte Quartal versprechen keine Besserung.
Aus Österreichs Gewerbe und Handwerk kommen alarmierende Signale: Die Auftragslage hat sich in den ersten Monaten des Jahres stark verschlechtert. Besonders stark betroffen ist das Bau- und Baunebengewerbe. Die Aussichten auf das dritte Quartal versprechen keine Besserung.

Als Anhaltspunkte der Umfrage in den Bundesländern haben wir folgende drei Fragen mit gestellt:

  • Wie hat sich die Geschäftslage im ersten Halbjahr 2023 im Gegensatz zum Vorjahr entwickelt?
  • Wenn es Rückgänge gab, in welchen Bereichen (Neubau, Sanierung, privat, gewerblich) sind diese vor allem zu bemerken und was sind die Gründe dafür?
  • Wie sieht die Prognose für das zweite Halbjahr 2023 aus?

Alexander Eppler, Bundesinnungsmeister-Stellvertreter, Wien:
Die Arbeitssituation ist unverändert gut. Die Auftragsbücher sind noch immer voll, lediglich die Kollegen im Projektgeschäft haben schon ein paar Sorgenfalten ob der fehlenden künftigen Projekte, Ausschreibungen etc. Noch gibt es keine Rückgänge. Bloß weniger werdende Anfragen lassen vermuten, dass sich die Situation bald ändern könnte. Warum? Weil zurückgestellte Projekte in der Baubranche schon angekommen sind und zeitverzögert wird diese Entwicklung auch bei uns eintreffen. Die Häuser, die im Rohbau fertiggestellt wurden, brauchen noch ein Dach. Wenn die Baufirmen aber keine neuen Projekte haben, brauchen diese auch Monate später kein Dach. Diese Situation ist bei allen Projekten gleich deutlich spürbar, egal ob klassisches Einfamilienhaus oder Großprojekt.
Da die Auftragsbücher jetzt voll sind, wird es im Herbst Arbeit geben. Unsere Branche profitiert freilich immer wieder von Extremwetterereignissen (Hagel, Sturm ...), wo auf Bestandsdächern immer Arbeit anfällt. Die fehlenden Großprojekte federt zudem der aktuelle Photovoltaik-Boom ab. Darin steckt viel Potenzial! Viele Kollegen sind noch nicht in dieses Geschäft eingestiegen, weil eben die Auftragslage derzeit gut ist. Da hat sich bislang keiner die Zeit nehmen wollen, ein neues Geschäftsfeld zu beackern.

Roman Moosbrugger, Bundesinnungsmeister-Stellvertreter, Vorarlberg:
Die Geschäftslage ist ungebrochen hoch, auch bereits in den Spätherbst bzw. ins das Frühjahr 2024 hinein ist die Auftragslage gut. Veränderung dürfet vielleicht der Sommer bzw. Herbst 2024 bringen. In der Neubaubrache gesamt sind schon Einbrüche spürbar, ob entgegen dessen dafür die Sanierung anzieht, bleibt abzuwarten. Aber ein dichtet Dach will jeder, und ich denke, dass die Menschen das Geld dann in diese Sicherheit investieren. Also befürchte ich keine großen Geschäftsrückgänge.

Helmut Schabauer, Landesinnungsmeister, Steiermark:
Die Geschäftslage im ersten Halbjahr 2023 ist relativ gleich geblieben zu 2022. Aber ich höre immer öfter, dass es im Herbst einen Tsunami bezüglich Auftragslage geben wird. Es liegt auf der Hand, dass durch die KIM, die Schaffung eines Eigenheims nahezu unmöglich wurde. Ich habe auch des öfteren gehört, dass Österreicher in Deutschland (unbürokratisch) Kredite aufnehmen können und das auch machen. Es ist also der Privathausbau eingebrochen sowie der Wohnbau, das ist der vorerwähnte Tsunami, der uns treffen wird.
Die Prognose für das zweite Halbjahr sieht ganz sicherlich düster aus, wenn nicht die Politik sofort reagiert und Gegenmaßnahmen trifft!

Gottfried Gautsch, Landesinnungsmeister, Kärnten:
Bei uns in Kärnten hat sich die Geschäftslage im ersten Halbjahr 2023 nochmals positiv gesteigert. Der Bereich Neubau geht allerdings etwas zurück, da die Banken den Häuslbauern nicht mehr so leicht Geld geben. Die Industrie hat mit den Preisen gepokert, nun sind die Lager voll und die überhöhten Materialpreise sind im Fallen. Durch die fehlenden Fachkräfte werden auch die Betriebe etwas kleiner.
Die meisten Betriebe in Kärnten sind auch für das zweite Halbjahr 2023 ausgelastet, sodass keine Arbeiten mehr übernommen werden können. Der Einbruch für die gesamte Bauwirtschaft kommt meiner Meinung nach erst im zweiten Halbjahr 2024 – sofern Politik, Banken und Industrie nicht dagegen steuern.

Ernst Zimmermann, Experte in der Bundesinnung, Burgenland:
Unsere Gewerke, Spenglerei und Dachdeckerei, sind zeitversetzt zu betrachten, der Überhang von 2022 war noch sehr groß, daher kann man die Geschäftslage als sehr gut bezeichnen. Rückgänge hört man von den Bauunternehmen, sie sind auch sichtbar, wenn man diesbezüglich genau in der Gegend schaut. Die Rückgänge sind vor allem im Neubau, im gewerblichen Bereich, und ganz stark im privaten Bereich zu bemerken. Sanierungen werden wirklich nur dann in Auftrag gegeben, wenn bereits akuter Handlungsbedarf besteht.
Dies dürfte vor allem mit der Teuerungswelle und nicht zu vergessen mit den immensen Schwierigkeiten bei der Finanzierung zusammenhängen. Und genau da sollte jetzt die Politik reagieren! Die Argumente, man hat weit erhöhte Produktionskosten auf Grund der Energiekosten, stimmen nicht mehr, die Energiekosten sinken. Es ist schon richtig, einige Produkte sind bereits billiger geworden, aber immer noch schwer weiterzuverkaufen. Aber bezüglich Finanzierung muss was geschehen, und das sehr rasch. Kredite zur Wohnraumbeschaffung müssen von der allgemeinen Kreditwirtschaft ausgegliedert werden, der Zugang muss erleichtert werden. Auch bei den Zinsen, die für Rücklagen bezahlt werden, muss eingewirkt werden. Bauträger und Verwaltung halten die Rücklagen zurück, da sie mit der Verzinsung mehr lukrieren als mit der Tätigkeit zur Sanierung. Das gilt auch für den frei finanzierten Wohnbau, die momentane Verzinsung bringt mehr.
Es gibt zwar schon einige Versuche seitens der Wirtschaftskammer, die Bauwirtschaft anzukurbeln, mehr als das sogenannte Gießkannenprinzip ist es aber nicht. Oder glauben die Herrschaften, dass wegen eines Handwerkerbonus und eines einmaligen Zuschusses in vierstelliger Eurohöhe, Investitionen von mehreren hunderttausend Euro im privaten Bereich getätigt werden?

Wilhelm Strasser, Landesinnungsmeister-Stellvertreter, Oberösterreich:
Unsere Firma ist derzeit noch voll beschäftigt und in Verbindung mit Unwetterschäden haben wir noch Vollauslastung bis Jahresanfang 2024. Jedoch merken wir, dass der Neubau und der Gewerbebau stark nachlassen und wir weniger Angebote schreiben. Die Nachfrage bei der Sanierung ist noch auf hohem Niveau. Vielleicht auch deshalb, weil wir Komplettanbieter sind und "alles aus einer Hand" mit Zimmerei, Spenglerei und Dachdeckerei ausführen.
Bisher haben wir auch die PV-Montagen vernachlässigt, jedoch ist nun auch dieser Markt zu bearbeiten, denn diese sogenannten PV-Monteure haben in ihrer Unwissenheit viel Schaden angerichtet. Die Montage der PV-Anlange ist Sache des Dachdeckers und Spenglers und nicht von ungelernten, unausgebildeten Glücksrittern. Jetzt ist meiner Meinung nach die beste Zeit, darauf hinzuweisen und als Fachbetrieb auf unseren Dächern auch die PV-Anlagen zu montieren.
Ich blicke zuversichtlich in die Zukunft. Denn viele Betriebe haben die letzten Jahre etliche, „schwache“ Mitarbeiter oder Leasingpersonal mitgeschleppt, die gegebenenfalls abgebaut werden können. Der erste Schock ist meiner Meinung vorbei, zaghaft steigt die Angebotsnachfrage und PV-Montagen sind ein großer Zukunftsmarkt, viele Dächer gehören im Zuge der PV-Anlagen auch erneuert. Die Kreditvergaben werden auch wieder gelockert, etliche Materialien werden wieder etwas günstiger.

Thomas Senn, Landesinnungsmeister, Tirol:
Im ersten Halbjahr 2023 konnten wir bis auf das schlechte Wetter im April und Mai keine wesentlichen Unterschiede gegenüber 2022 feststellen. Was schon merkbar ist, der Neubau ist fast verschwunden. Es gibt derzeit keine zwei Großbaustellen in der Landeshauptstadt Innsbruck. Die Privaten lassen viel anbieten, aber warten ab – außer bei Photovoltaik –, weil die Preissituation nach wie vor sehr hoch ist.
Die Kollegen reagieren alle noch positiv. Es ist aber natürlich unsere Hauptsaison. In meinem Betrieb spüren wir schon, dass weniger Anfragen kommen.

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