Serielle Vorfertigung

Fertige Ziegel

08.07.2025

Wienerberger treibt die industrielle Vorfertigung von Ziegelwänden voran. Bis 2030 will das Unternehmen jeden vierten Ziegel in Form eines Fertigwandteils auf die Baustelle liefern. Der Nutzen für Bauunternehmen: kürzere Bauzeiten, weniger Abfall und geringerer Personalaufwand.

„Die Zeit ist reif – und der Druck groß.“ Mit diesem Satz spricht Michael Toth, Country Operations Director bei Wienerberger Österreich, eine Entwicklung an, die derzeit im Massivbau stark an Bedeutung gewinnt. Gemeint ist die industrielle Vorfertigung von Ziegelwänden – ein Thema, das technologisch seit Jahrzehnten existiert, aber nun durch Fachkräftemangel, Kostendruck und Digitalisierungsdruck neuen Auftrieb erhält. „Wir sehen jetzt die richtigen Rahmenbedingungen, um das Thema endlich großflächig voranzutreiben“, so Toth. Wienerberger hat dazu in den vergangenen Jahren ein eigenes Fertigteilgeschäft aufgebaut – ein „Startup innerhalb des Konzerns“, wie Toth es nennt.

Noch macht die Vorfertigung nur einen Bruchteil des Ziegelabsatzes aus: weniger als ein Prozent. 99 Prozent der Produkte werden nach wie vor als Palettenware ausgeliefert. Aber das kleine Segment wächst. Toth spricht von einer Verdopplung der Auftragszahlen im Vergleich zum Vorjahr – und das trotz eines insgesamt herausfordernden Marktumfelds. „Unser Ziel ist klar: Bis 2030 sollen 25 Prozent unseres Absatzes in Form vorgefertigter Wände erfolgen“, meint Johann Marchner, Country Managing Diretcor von Wienerberger Österreich.

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Für diesen Wandel spricht mehr als nur Technologiebegeisterung. Denn die Vorteile liegen auf der Hand, oder in diesem Fall besser auf der Kelle: kürzere Bauzeiten, effizientere Baustellen, planbare Abläufe – und nicht zuletzt ein Beitrag zur Lösung des anhaltenden Fachkräftemangels. Wienerberger Österreich-Chef Marchner formuliert es so: „Wir müssen unsere gesamte Baulogistik neu denken – und Vorfertigung ist ein zentraler Baustein dafür.“

Die mögliche Reduktion der Bauzeit im Rohbau beträgt laut Operations Director Toth bis zu 80 Prozent. Das bedeutet: Statt ein bis zwei Wochen Bauzeit steht das Geschoss eines Einfamilienhauses innerhalb eines Tages. Fertig geplant, präzise gefertigt, just-in-time geliefert und mit dem Kran versetzt. „Das verändert den ganzen Bauablauf“, sagt Toth. Die Vorteile für den Bauherren sind enorm. Sie reichen von niedrigeren Baustellengemeinkosten über weniger Mietkosten für Baucontainer bis hin zur schnelleren Verwertung des Projekts: Das Objekt kann schneller verkauft oder vermietet werden – ein spürbarer Liquiditätsvorteil für den Bauträger.

Wienerberger Österreich-Chef Marchner schätzt, dass man die Baukosten eines Projekts mit der Ziegelvorfertigung um bis zu 15 Prozent senken kann.  „Das klingt auf den ersten Blick nicht dramatisch“, sagt er, „aber in der Wertschöpfung ist das ein Quantensprung.“ Die Bauunternehmen profitieren ebenfalls mehrfach: Neben den direkten Kostenersparnissen reduziert sich der Baustellenabfall um rund 30 Prozent. Auch die Zahl möglicher Planungsfehler sinkt – dank vorgezogener Planungsabstimmung zwischen Bauherren, Planer und Fertigteilwerk. „Wir erkennen und korrigieren Fehler in der Planung, bevor sie teuer auf der Baustelle auftreten“, sagt Toth.

Ein weiterer Vorteil: der reduzierte Personaleinsatz. Beim Rohbau lassen sich rund 50 Prozent der Arbeitsstunden einsparen. Das hat nicht nur wirtschaftliche Auswirkungen, sondern auch soziale: „Unsere Poliere und Facharbeiter müssen im Sommer bei 35 Grad keine schweren Ziegel mehr schleppen. Die körperliche Belastung sinkt massiv“, so Marchner. Gleichzeitig könnten Baufirmen mit bestehendem Personalstand zusätzliche Projekte parallel abwickeln – ein entscheidender Vorteil in Zeiten chronischen Fachkräftemangels.

Gefertigt werden die Ziegelwände von Wienerberger im Werk in Kirchberg am Wagram, westlich von Wien. Das Werk wurde 2017 errichtet und 2022 von Wienerberger übernommen. Das Unternehmen profitiert davon, dass es auch die Ziegel für die Fertigwand liefert. „Wir können gezielt an der Weiterentwicklung unserer Formate arbeiten und so die Verarbeitung weiter optimieren“, erklärt Marchner.

Eine entscheidende Rolle kommt bei der Vorfertigung der präzisen Planung zu. Die Bauteile werden digital modelliert, geplant und abgestimmt – und genau diese Vorarbeit reduziert Fehler, spart Zeit und erleichtert die Koordination weiterer Gewerke. Toth: „Jeder Tag, der durch Planung eingespart wird, ist ein Tag weniger auf der Baustelle – und damit bares Geld.“

Die industrielle Vorfertigung kann einen wesentlichen Beitrag zur Effizienzsteigerung am Bau leisten. Davon ist man bei Wienerberger überzeugt. Um das Potenzial voll auszuschöpfen, sind aus ihrer Sicht aber Fortschritte bei zwei Themen notwendig: Standardisierung und Baulogistik. „In der Produktion spielt die Standardisierung für uns keine Rolle“, erklärt Wienerberger Österreich-Geschäftsführer. „Unsere Fertigung arbeitet voll automatisiert und flexibel. Aber die Planung würde deutlich vereinfacht, wenn man Formate wie Raumhöhen und Wandlängen standardisiert.“ Auf der Baustelle wiederum könnte man Zeit einsparen, wenn man mit großen Einzelteilen arbeitet. „Ein Kranhub dauert zehn Minuten. Je weniger Teile ein Element hat, desto weniger Hübe benötige ich, desto schneller geht die Montage“, erklärt Marchner.

Und die Vorfertigung kann nur dann ihre ganze Wirkung entfalten, wenn die anderen Gewerke mitziehen – Stichwort Baulogistik. „Wenn wir die Wand in einem Tag stellen, aber der Elektriker erst in zwei Wochen kommt, verlieren wir den Zeitvorteil“, meint Marchner. Die gesamte Branche müsse umdenken – hin zu durchgetakteten Prozessen, intelligenten Schnittstellen und enger Zusammenarbeit. Erste Fortschritte sind sichtbar: Vorinstallierte Sanitärwände oder modulare Haustechnik-Elemente ergänzen zunehmend das Angebot.

Die Wienerberger-Manager sind davon überzeugt, dass die Vorfertigung rasch an Bedeutung gewinnen wird. Es wird noch einige Jahre dauern – aber mehr nicht. Dazu Operations Director Toth: „Die Baustelle der Zukunft wird nicht mehr Stein für Stein gebaut, sondern Schritt für Schritt montiert.“

Fakten zur Ziegel-Vorfertigung:

  • Bis zu 80 Prozent kürzere Rohbauzeit
  • 30 Prozent weniger Baustellenabfall
  • Bis zu 15 Prozent Gesamtkosteneinsparung
  • Bis zu 50 Prozent weniger Personaleinsatz
  • Planung: bis zu 60 Prozent weniger Folgefehler