Architektur Biennale 2025

Heiß, laut, unangenehm

22.07.2025

Mit einer Installation auf der Biennale 2025 in Venedig haben der Ingenieur Jochen Lam und die Architektin Bilge Kobas eine eindrucksvolle Erfahrung geschaffen, die Besucher*innen den Klimawandel körperlich näherbringt – und eine deutliche Warnung an die Gesellschaft ist.

Es ist heiß, es ist laut, es ist unangenehm – genau wie geplant. Die Installation „Terms & Conditions“ am Eingang des Arsenale in Venedig ist kein Ort zum Wohlfühlen. Doch sie bietet etwas Entscheidendes: ein intensives, persönliches Erlebnis dessen, was uns in Zukunft erwartet, wenn wir so weitermachen wie bisher. „Es ist eine bewusst schreckliche Erfahrung“, erklärt Jochen Lam, Ingenieur und Partner bei Transsolar im Podcast Gespräch mit Martin Prösler. „Wir wollten den Klimawandel nicht abstrakt zeigen, sondern fühlbar und erlebbar machen.“

Die Besucher betreten zunächst einen dunklen Raum, in dem Klimageräte von der Decke hängen. Je weiter sie vordringen, desto heißer und lauter wird es – eine symbolische Zeitreise vom heutigen Sommertag in Venedig bis ins Jahr 2100. Am Ende erwarten sie Temperaturen von bis zu 42 Grad Celsius. Die bedrückende Atmosphäre, so Lam, resultiere aus realen wissenschaftlichen Prognosen der ETH Zürich. „Wir zeigen hier keine dystopische Fantasie, sondern die wissenschaftlich basierte Realität, die uns bevorsteht.“

Technische Herausforderungen als konzeptuelle Chance

Das Ziel, eine horizontale Temperaturentwicklung zu schaffen – eine Herausforderung für Ingenieure –, gelang durch innovative technische Lösungen. Denn normalerweise steigt warme Luft nach oben. „Wir mussten etwas gegen die Physik arbeiten“, erläutert Lam. Dazu setzte das Team radiale Heiz- und Kühlelemente gezielt ein, um Temperaturunterschiede horizontal zu erzeugen. „Technisch anspruchsvoll, aber notwendig für die authentische Erfahrung der Besucher.“
Der zweite Raum bietet dann Erleichterung: Eine kühle, komfortable Umgebung, die den Kontrast zwischen dem heute als selbstverständlich empfundenen Komfort und den zukünftigen Bedingungen hervorhebt. Hier verbringen Besucher deutlich mehr Zeit. „Es ist ein Moment der Erkenntnis“, sagt Bilge Kobas, Architektin an der Technischen Universität München (TUM) im selben Podcast-Gespräch. „Wir wollen, dass Menschen hinterfragen, was Komfort wirklich kostet.“

Komfort mit Folgen

Der Titel „Terms & Conditions“ symbolisiert dabei die oft ungelesenen Bedingungen, die wir für unseren gewohnten Komfort akzeptieren – und deren Kosten wir ausblenden. „Wenn wir Hitze aus einem Raum entfernen, muss sie irgendwo anders hin“, betont Kobas. „Diesen Preis zahlt meistens die Umwelt.“
Die Installation macht dabei nicht nur deutlich, dass heutiger Komfort teuer erkauft ist, sondern regt zur Reflexion über grundlegende Entscheidungen im Design und in der Architektur an. Früher nutzte man intelligente bauliche Lösungen, um Energiebedarf zu senken, heute verlassen wir uns oft ausschließlich auf Technik – mit hohem Preis für Umwelt und Klima.
Die Besucher reagieren emotional. „Viele wollten den Raum schnell verlassen“, berichtet Lam. „Das zeigt, dass die Botschaft angekommen ist.“ Kobas ergänzt: „Wir hoffen, dass diese Erfahrungen die Menschen dazu bringen, auch im Alltag nachhaltigere Entscheidungen zu treffen.“

Zwei Installationen, eine gemeinsame Botschaft

Im gleichen Raum, jedoch unterhalb der Installation von Transsolar, ergänzt der Künstler Michelangelo Pistoletto das Konzept. Er platzierte Wasserbecken, die den erwarteten Anstieg des Meeresspiegels visualisieren. „Das Wasser reflektiert und verstärkt die bedrückende Atmosphäre unserer Installation“, erklärt Kobas. Die beiden Projekte, obwohl unterschiedlich in Ton und Ansatz, verbinden sich poetisch zu einer klaren Warnung – aber auch einer hoffnungsvollen Botschaft: „Wir haben noch eine Chance, etwas zu verändern.“
Die Initiatoren sehen großes Potenzial, dieses Konzept weltweit in großen Städten umzusetzen, um Bewusstsein und Veränderung im Denken und Handeln zu fördern.

Transsolar-Podcast

“Terms and Conditions” ist nicht nur der Titel der Intallation in Venedig, sondern auch einer neuen Podcast-Reihe von Transsolar. Die Installation dient der Gesprächsreihe dabei als Ausgangspunkt. Dabei geht es um die Rolle von Architekt*innen angesichts des Klimawandels. Den Transsolar-Podcast findet man überall, wo es Podcasts gibt.

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Mehr Informationen

 

 

Mehr über Transsolar…

…erfahren Sie auch in Folge 17 des Podcasts “Architektur & Bau FORUM” mit dem Titel “Ganzheitliches Planen im Klimawandel”. Transsolar Partner Daniel Kiehlmann spricht im Interview mit Susanne Karr über kluge Strategien für Gebäude, die auch in Zukunft funktionieren.