Wann sind Taggelder steuerfrei?
Pauschale Taggelder spielen bei der Entgeltabrechnung der Arbeitnehmer eine wesentliche Rolle. Dabei sind neben arbeitsrechtlichen auch steuerrechtliche Bestimmungen zu beachten.

Ausgangspunkt für die arbeits- und steuerrechtliche Beurteilung eines Anspruchs auf ein Taggeld ist immer die Regelung im Kollektivvertrag. Taggelder sind – neben anderen Voraussetzungen – grundsätzlich nur dann steuerfrei, wenn ein Anspruch nach dem Kollektivvertrag besteht.
Taggeld bei auswärtiger Nächtigung
Sowohl der für Bauarbeiter geltende § 9 Abschn I Z 5 Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe als auch § 17 Kollektivvertrag für Angestellte der Baugewerbe und der Bauindustrie sehen derzeit bei einer auswärtigen Nächtigung einen Taggeldanspruch in Höhe von 33,60 € vor. Wenn der Arbeitgeber die auswärtige Nächtigung anordnet, ist er arbeitsrechtlich verpflichtet, das Taggeld in dieser Höhe zu leisten.
Im Hinblick auf das Steuerrecht sind dabei aber zwei Aspekte zu beachten. Erstens: Die Steuerfreiheit ist mit einem Betrag von 30 € pro Tag gedeckelt. Daher sind jedenfalls 3,60 € steuerpflichtig. Zweitens: Die auswärtige Nächtigung muss auch erforderlich sein; das ist der Fall, wenn dem Arbeitnehmer die tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort nicht zugemutet werden kann. Der für die Bauarbeiter geltende Kollektivvertrag gibt mit einer Wegstrecke von 100 km auch ungefähr die Leitlinie vor, in welchen Fällen die tägliche Rückkehr nicht mehr zumutbar ist. Wird diese stark unterschritten, müssen besondere Gründe vorliegen, die zur Unzumutbarkeit führen (etwa Witterung und schlechte Verkehrsverhältnisse). War die Rückkehr zumutbar und hat der Arbeitgeber dennoch ein Taggeld steuerfrei ausbezahlt, kann dies im Rahmen einer GPLB-Prüfung zu Problemen (uU zur nachträglichen Versteuerung) führen. Dabei ist zu beachten, dass die Lohnsteuerrichtlinien von einer Entfernung von 120 km als Grenze der Zumutbarkeit ausgehen (Rz 704 LStR), sodass dabei von den Prüfern in der Praxis ein strenger Maßstab angelegt wird.
Taggeld ohne auswärtige Nächtigung
Beide Kollektivverträge sehen Fälle vor, in denen ein Arbeitnehmer auch ohne auswärtige Nächtigung einen Taggeldanspruch haben kann. Die einzelnen Voraussetzungen sind in den beiden Kollektivverträgen allerdings unterschiedlich geregelt.
Bauarbeiter haben einen Taggeldanspruch, sofern sie mehr als drei Stunden außerhalb des ständig ortsfesten Betriebs arbeiten (zB auf einer Baustelle). Die Höhe des Taggeldes hängt hier von der Dauer der Arbeitszeit ab; vereinfacht beträgt es 12,60 € pro Tag, allerdings 20,30 € pro Tag, wenn die Arbeitszeit neun Stunden überschreitet (§ 9 Abschn I Z 4 Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe).
Bei den Bauangestellten ist – allerdings nur bei Dienstreisen in derselben Gemeinde – zwischen einer Dienstreise auf eine Baustelle und einer sonstigen Dienstreise zu unterscheiden (siehe Tabelle unten).
Hier ist zu beachten, dass das Taggeld nur für die Dauer der „Dienstreise im steuerrechtlichen Sinn“ (dh Wegzeiten, Arbeitszeit auf der Baustelle sowie Pausen) steuerfrei ist. Aufgrund der Zwölftel-Regelung (Rz 722 LStR) ergibt sich daher ein Steuerfreibetrag von 2,50 € pro angefangener Dienstreisestunde (das ist ein Zwölftel des gesamten Tagessatzes).
Beispiel 1:
Ein Bauarbeiter fährt in der Früh auf eine Baustelle; nach einer Stunde setzt Schlechtwetter (iSd BSchEG) ein, das auch nach drei Stunden andauert. Daher fährt er auf Anordnung des Arbeitgebers wieder nach Hause. In Summe war er etwa 4½ Stunden unterwegs. Er hat daher nach den Bestimmungen des Kollektivvertrags Anspruch auf ein Taggeld in Höhe von 12,60 €.
Lohnsteuerliche Behandlung: Er ist in diesem Fall „angefangene fünf Stunden“ unterwegs. Daher sind vom Betrag von 12,60 € (5 x 2,50 =) 12,50 € steuerfrei, während 0,10 € lohnsteuerpflichtig sind.
Beispiel 2:
Das Schlechtwetter setzt nach zwei Stunden ein, womit er etwa 5½ Stunden unterwegs war.
Lohnsteuerliche Behandlung: Er ist in diesem Fall „angefangene sechs Stunden“ unterwegs. Nach der ZwölftelRegelung kann der Kollektivvertrag ein abgabenfreies Taggeld bis zu 6 x 2,50 = 15,00 € vorsehen. Daher ist in diesem Beispiel das Taggeld in Höhe von 12,60 € zur Gänze lohnsteuerfrei.
Aber Vorsicht: Voraussetzung für die Abgabenfreiheit ist weiterhin, dass der Kollektivvertrag einen entsprechenden arbeitsrechtlichen Anspruch vorsieht. Würde im oben stehenden Beispiel 2 der Arbeitgeber „freiwillig“ einen Betrag von 15,00 € auszahlen, wären dennoch bloß 12,60 € lohnsteuerfrei (Begrenzung durch den arbeitsrechtlichen Anspruch), während die restlichen 2,40 € pflichtig wären.
Mittagessen statt Taggeld
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, den Arbeitnehmern Mahlzeiten zur Verfügung zu stellen. Das gilt auch für Baustellen, die schwer erreichbar sind.
Ob der Arbeitgeber das Taggeld in arbeitsrechtlicher Hinsicht kürzen darf, wenn er eine Naturalverpflegung zur Verfügung stellt, hängt von der Regelung im Kollektivvertrag ab. Zum für die Bauarbeiter geltenden Kollektivvertrag hat der OGH entschieden, dass der Taggeldanspruch als Geldanspruch im Kollektivvertrag verankert ist und daher auch in Geld geleistet werden muss (OGH 21. 9. 2006, 8 ObA 75/06x). In diesem Fall ist der Geldbetrag jedenfalls auszuzahlen.
Anderes gilt für die Bauangestellten, zumal der Kollektivvertrag auch eine ausdrückliche Regelung dazu enthält; diese lautet: „Der Anspruch auf ein Taggeld entfällt, wenn der Arbeitgeber für diesen Tag zwei Mahlzeiten (Mittag- und Abendessen) finanziert. Finanziert er nur eine dieser Mahlzeiten, ist der Anspruch um den in Z 3 genannten Betrag zu kürzen.“ Unter Finanzierung ist nicht zwingend zu verstehen, dass der Arbeitgeber das Essen direkt bezahlt; darunter sind insbesondere auch Fälle zu verstehen, in denen der Arbeitgeber die Kosten indirekt trägt (zB Finanzierung eines Seminars, bei dem vom Seminarveranstalter eine oder mehrere Mahlzeiten im Zuge des Seminars zur Verfügung gestellt werden).
Beispiel 3:
Ein Angestellter nimmt an einem Seminar teil, wobei der Veranstalter im Rahmen der vom Arbeitgeber bezahlten Seminarpauschale ein kostenloses Mittagessen anbietet. Das Seminar dauert 7 Stunden, mit Reisezeiten ist der Angestellte 10 Stunden unterwegs.
Lohnsteuerliche Behandlung: Hier besteht im Ergebnis kein Anspruch auf ein Taggeld (der an sich bestehende Taggeldanspruch in Höhe von 18,15 € wird um den Satz gemäß § 17 Z 3 – das sind aktuell 18,15 € – gekürzt, womit der Taggeldanspruch null Euro beträgt).
Beispiel 4:
Ein Angestellter nimmt an einem Seminar teil, wobei der Veranstalter im Rahmen der vom Arbeitgeber bezahlten Seminarpauschale ein kostenloses Mittagessen anbietet. Das Seminar dauert 7 Stunden, mit Reisezeiten ist der Angestellte 11,5 Stunden unterwegs.
Lohnsteuerliche Behandlung: Hier besteht im Ergebnis ein Anspruch auf ein Taggeld in Höhe von 15,45 € (der Taggeldanspruch von 33,60 € wird um die bereits genannten 18,15 € gekürzt).
Beispiel 5:
Ein Angestellter nimmt an einem Seminar teil, wobei der Seminarveranstalter jeweils ein kostenloses Mittag- und ein Abendessen anbietet. Das Seminar dauert zwei Tage.
Lohnsteuerliche Behandlung: Hier besteht im Ergebnis kein Anspruch auf ein Taggeld.
Zum Begriff der Mahlzeit ist festzuhalten, dass der Text des Kollektivvertrags nicht ausdrücklich von einer warmen Mahlzeit spricht, sodass auch kalte Speisen eine Mahlzeit darstellen können. Im Hinblick auf den Umfang der Mahlzeit spricht der Kollektivvertrag (ebenso wie Lohnsteuerrichtlinien) vom Mittag- und vom Abendessen. Kleine Bewirtungen außerhalb von Mahlzeiten (zB Kaffee und Plundergebäck bei einer Sitzung) führen daher zu keiner Kürzung des Taggeldanspruchs.
Sind Taggelder neben einer Mahlzeit steuerpflichtig?
Zunächst ist festzuhalten, dass eine tatsächliche Verköstigung der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber nicht als Vorteil aus dem Dienstverhältnis zu bewerten ist und daher für die Verabreichung einer Mahlzeit auch kein Sachbezug anzusetzen ist (§ 3 Abs 1 Z 17 lit a EStG). Allerdings soll der Arbeitnehmer steuerlich nicht doppelt begünstigt werden, sodass ein in diesem Fall bezahltes Taggeld teilweise oder gänzlich steuerpflichtig zu behandeln ist. Sowohl die Verabreichung eines Mittag- als auch eines Abendessens führen dazu, dass der steuerfreie Betrag um 15 Euro zu kürzen ist (Rz 724 LStR).
Diese Kürzung spielt aber nur dann eine Rolle, wenn der Arbeitgeber tatsächlich das Taggeld ausbezahlt. Das bedeutet für die genannten Beispiele:
Lohnsteuerliche Behandlung von Beispiel 3 und 5:
Hier besteht jeweils arbeitsrechtlich kein Taggeldanspruch, daher wäre ein ausbezahltes Taggeld zur Gänze lohnsteuerpflichtig.
Lohnsteuerliche Behandlung von Beispiel 4:
Vom arbeitsrechtlichen Anspruch auf ein Taggeld in Höhe von 15,45 € sind 15 € lohnsteuerfrei und 0,45 € lohnsteuerpflichtig.
Essensgutscheine
Zu Essensgutscheinen enthalten die Kollektivverträge keine Regelung. Eine solche wäre auch kontraproduktiv, weil solche Gutscheine nur dann steuerbegünstigt sind, wenn sie vom Arbeitgeber freiwillig geleistet werden (Rz 93 LStR). Sie müssen daher jedenfalls zusätzlich zum Lohn bzw Gehalt geleistet werden und sie sind darauf nicht anrechenbar.
Für derartige Gutscheine bestehen folgende betragliche Grenzen:
- Gutscheine, die nur am Arbeitsplatz (zB Kantine) oder in Gaststätten konsumiert werden können, sind bis zu 8 € pro Arbeitstag lohnsteuerfrei;
- Gutscheine, die zur Bezahlung von Lebensmitteln verwendet werden können, sind bis zu 2 € pro Arbeitstag lohnsteuerfrei (§ 3 Abs 1 Z 7 lit b EStG).
Beide Arten von Gutscheinen sind aber in Kombination mit einem Taggeldanspruch steuerlich nicht begünstigt. Auch hier ist die schon dargestellte Bestimmung zur Kürzung des Steuerfreibetrags bei Zur-Verfügung-Stellung einer Mahlzeit vorzunehmen (Rz 724 LStR).
Essensgutscheine sind daher nur dann ein für beide Seiten kostenmäßig interessanter Vergütungsbestandteil, wenn nicht parallel dazu für diesen Tag ein steuerbegünstigtes Taggeld ausbezahlt wird.
SV-Beiträge und andere lohnabhängige Abgaben
Hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge und der anderen lohnabhängigen Abgaben – namentlich die Kommunalsteuer, der Dienstgeberbeitrag (nach dem FLAG) und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag – verweisen die jeweiligen Rechtsquellen im Hinblick auf pauschale Taggelder und Essensgutscheine auf die lohnsteuerrechtlichen Bestimmungen, sodass die entsprechenden steuerrechtlichen Begünstigungen auch hier gelten.
Außerdem ist zu beachten, dass nach § 13 Abs 1 UStG aus pauschal bezahlten Taggeldern die Vorsteuer – sofern der Arbeitgeber zum Vorsteuerabzug berechtigt ist – in jenem Ausmaß geltend gemacht werden kann, in dem das Taggeld lohnsteuerfrei ist. Der Umsatzsteuersatz beträgt 10 % und ist im Bruttobetrag bereits enthalten. Das bedeutet für das Taggeld von 33,60 €, dass aus den 30 € der Vorsteuersatz herausgerechnet werden kann (30 / 110 x 10 = 2,73 €).