Lehmbauplatten

Lehm ist bequem

06.09.2025

Der deutsche Hersteller Naturbo hat ein neuartiges Lehmputz-Trockenbausystem entwickelt: Das Besondere: Es kombiniert industrielle Vorfertigung mit einer cleveren Konstruktion und den besonderen bauphysikalischen Eigenschaften von Lehm.

Lehm ist alt, aber nicht veraltet – das zeigt das süddeutsche Unternehmen Naturbo mit Sitz in Görisried im Allgäu. Die dort entwickelten und produzierten Lehmbauplatten sind mehr als ökologische Nischenprodukte: Sie sind Teil eines innovativen, industriell gefertigten Lehmputz-Trockenbausystems, das zum Heizen, Kühlen und Dämmen eingesetzt werden kann. Das Produkt ist laut Naturbo-Geschäftsführer Michael Weihele „bislang einzigartig am Markt“. Was es von anderen Wandsystemen zur Kühlung und Heizung unterscheidet: die Kombination von hoher industrieller Vorfertigung, der Vielseitigkeit von Lehmputz und dem besonderen Aufbau der Platte.

Relikte aus der DDR

In der AHF Grund- und Oberschule im sächsischen Markkleeberg werden derzeit zwei architektonisch sehr unterschiedliche Gebäude saniert, die in der Zeit der DDR entstanden sind – ein denkmalgeschützter Putzbau aus den 1950er-Jahren und ein Stahlhochbau des Metallleichtbaukombinats Leipzig aus den Siebzigerjahren. Beide Gebäude werden nach ökologischen Kriterien modernisiert. Mehr als 2.300 Quadratmeter Wand- und Deckenfläche werden dabei mit dem Lehmputztrockenbausystem von Naturbo ausgestattet.

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„Unser Energieberater hat uns auf Naturbo aufmerksam gemacht“, sagt Daniela Schörner, Vorständin der Bildungs-Bau Genossenschaft, die für das Projekt verantwortlich ist. „Nachdem wir dann den Geschäftsführer Michael Weihele persönlich auf der Baustelle getroffen haben und er mit großer Begeisterung das Produktportfolio vorgestellt hat, war uns schnell klar: Das passt zu unserem Konzept.“

„Uns begeistern diese Produkte immer wieder von Neuem: eine Dämmplatte, plus Heizung, plus Kühlung und schalt-schützendem, klimatisch einwandfreiem Lehmfinish – alles in einem“, so Schörner weiter. Das Konzept der Schule für die Sanierung beruht auf drei Prinzipien: Bestand erhalten, Technik reduzieren und Naturmaterialien verwenden. Schörner: „Wir bauen so wenig Technik wie möglich ein, weshalb wir auch auf eine Lüftungsanlage verzichten. Naturbo eröffnet uns die Chance, die Räume ohne Klimaanlage mit dem Wandheizungssystem zu kühlen, wodurch wir im Sommer eine gute Kühlung erzielen.“

Möglich wird das durch die spezifischen Eigenschaften von Lehm – und durch den besonderen Aufbau der Naturbo-Platten. Geschäftsführer Michael Weihele: „Bei traditioneller Nass-Verarbeitung hat Lehm das Problem langer Trocknungszeiten und hoher Rissanfälligkeit. Wir haben das in unserer Produktion gelöst. Unsere Platten werden industriell vorgefertigt. Das Rohr ist bereits integriert, der Lehm getrocknet. Auf der Baustelle müssen die Paneele nur noch verbunden werden – fertig.“ So kann eine Wand- oder Deckenheizung mit Lehm in kurzer Zeit montiert und genutzt werden.

Lehm bringt bauphysikalisch echte Vorteile mit sich. „Lehm leitet Wärme und Kälte sehr gut und kann Feuchtigkeit puffern“, sagt Weihele. Gerade beim Kühlen ist das Feuchtemanagement wichtig: Wenn die Oberflächentemperatur einer Wand unter den sogenannten Taupunkt fällt, das ist in der Regel bei etwa 17 Grad, entsteht Kondenswasser. Normale Systeme schalten sich dann ab, um Schäden zu vermeiden, oder der Einsatz einer Lüftungsanlage ist notwendig. Lehm hingegen kann diese Feuchtigkeit aufnehmen. „So können wir problemlos mehrere Tage unter dem Taupunkt kühlen“, meint Weihele.

Ein weiterer Vorteil: Durch die Pufferung der Luftfeuchtigkeit stabilisiert Lehm das Raumklima nicht nur in Bezug auf die Temperatur, sondern auch auf die Luftqualität. „Wir wissen, dass gerade in Schulen ein stabiles Raumklima mit mittlerer Luftfeuchtigkeit die Konzentration und das Wohlbefinden der Schüler verbessert. Lehm trägt genau dazu bei – und das ganz ohne Technik“, betont Weihele.

Der Plattenaufbau dazu ist clever. Die Basis bildet eine Holzweichfaserplatte, die als Dämmung fungiert. In diese wird im Werk ein Mehrschicht-Aluverbundrohr eingelegt, das anschließend mit einer zehn Millimeter dicken Lehmputzschicht überzogen wird. Die Holzweichfaser wirkt dabei als thermische Trennung zur Rohbauwand, der Lehm als Wärmeleiter nach innen. „Wärme sucht sich den leichtesten Weg – in unserem Fall direkt in den Raum“, erklärt Weihele. „So vermeiden wir Wärmeverluste nach hinten. Das ist eines unserer wichtigsten Alleinstellungsmerkmale.“

Die Wärmeabgabe erfolgt über Infrarot-Wärmestrahlung, die als besonders angenehm empfunden wird. „Sie ist behaglich und wohlig wie bei einem Kachelofen oder der Sonne. Man spürt die Wärme innerhalb von zehn bis fünfzehn Minuten“, erläutert Weihele. Und: Durch den hohen Strahlungsanteil wird die Raumtemperatur um bis zu drei Grad wärmer empfunden, als die Lufttemperatur tatsächlich ist. Das spart Energie – laut Herstellerangaben bis zu 18 Prozent.

Für die Schule in Markkleeberg bedeutet das nicht nur ein ökologischeres Raumklima, sondern auch deutlich geringere Betriebskosten. Die Kombination aus Naturbo Heiz-Kühlplatten, einer Luft-/Wasser-Wärmepumpe und einer PV-Anlage auf dem Dach bildet ein stimmiges Gesamtsystem. Zusätzlich ermöglichen motorisierte Fenster und mechanisch gesteuerte Türen eine effektive Querlüftung in der Nacht.

Mit Blick auf den Einsatz am Bau betont Weihele den Praxisnutzen der Lösung: „Die Montage ist schnell, sauber und einfach. Das macht unsere Systeme gerade für Sanierungen attraktiv – ob im Altbau, Denkmal oder Neubau.“ Dabei spiele auch die Lieferkette eine Rolle. „Wir fertigen alles bei uns im Allgäu. Die Qualitätssicherung ist hoch, die Transportwege bleiben kurz. Und wir sind nah an unseren Kund*innen.“

Trotz der aktuell schwierigen Lage in der Baubranche wächst Naturbo laut eigenen Angaben kräftig. „Wir legen jedes Jahr etwa vierzig Prozent zu“, sagt Weihele. „Und das, obwohl der Markt insgesamt zurückgegangen ist.“ Das Wachstum sei auch notwendig, denn das Unternehmen habe in Automatisierung investiert und wolle die Produkte bezahlbar halten. „Wir haben die Preise in den letzten Monaten sogar dreimal gesenkt – nicht, weil wir schlecht verkaufen, sondern weil wir überzeugt sind, dass ökologische Baustoffe günstig sein müssen, wenn sie eine breite Akzeptanz finden wollen. Gesundes Wohnen soll sich jeder Bauherr leisten können.“

Mit rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund vier Millionen Euro produziert Naturbo derzeit ausschließlich in Görisried. Der Vertrieb erfolgt direkt – sowohl an Handwerksbetriebe als auch an private Bauleute. „Unsere Produkte sind erklärungsbedürftig. Persönliche Beratung ist entscheidend – und das kann der klassische Handel kaum leisten.“

Österreich ist für Naturbo ein vielversprechender Markt. „Luftlinie sind es von uns ja nur 10 km bis ins Tirol”, meint Weihele. „In Österreich sehen wir sehr viel Potenzial, gerade will unser System auch hervorragend mit dem Holzbau kombiniert werden kann. Wir arbeiten schon mit einigen Handwerksbetrieben zusammen, aber es könnten ruhig mehr werden.“

Auch langfristig setzt Naturbo auf Weiterentwicklung. „Wir wollen die industrielle Produktion weiter ausbauen, dabei aber immer unserem Anspruch treu bleiben: technisch durchdachte, gesunde Baustoffe für die Praxis bereitzustellen“, sagt Weihele. Forschung und Entwicklung finden dabei direkt im Unternehmen statt. Es gehe nicht um Tempo, sondern um Qualität – und darum, Menschen von nachhaltigem Bauen zu überzeugen. Oder wie Weihele meint: „Am Ende geht’s doch darum, mit weniger Energie mehr Behaglichkeit zu schaffen – und das können wir mit Lehm richtig gut.“